
Gesundheitsschädliche Chemikalien in T-Shirts großer Modeketten. Fabriken in Dritte-Welt-Ländern, die Luft und Wasser verschmutzen und in denen unterbezahlte Arbeitskräfte unter katastrophalen Sicherheitsbedingungen Billigprodukte herstellen. Waschmaschinen und Kühlschränke, die viel mehr Energie verbrauchen als nach dem Stand der Technik notwendig wäre. PS-protzende automobile Dickschiffe, die bei Herstellung und im täglichen Betrieb die Atmosphäre mit Unmengen von CO2 und Feinstaub belasten.
Umweltschädliches Verhalten als Unternehmer, Manager oder Verbraucher hat ganz unterschiedliche Ausprägungen und lange hat kaum jemand über die langfristigen Folgen nachgedacht. Doch das ändert sich: Seitdem Energie teuer geworden ist und die Folgeschäden nicht-nachhaltigen Wirtschaftens in der Natur und bei Menschen und Tieren sichtbar geworden sind, gelten Umweltsünden nicht länger als Kavaliersdelikt. Schärfere gesetzliche Vorschriften, höhere gesellschaftlicher Druck und ein verändertes Konsumverhalten führen dazu, dass auch die Prioritäten für unternehmerisches Handeln neu formuliert werden.
„Nachhaltiges und ökologisch verantwortliches Handeln ist für Unternehmen und Management eine strategische Fragestellung, bei der es um die Absicherung der Zukunft und die Positionierung im Markt und in der Gesellschaft geht“, sagt Andreas Schläpfer, Assoziierter Partner des Züricher Beratungsunternehmens Brugger und Partner, das auf Nachhaltigkeitsberatung spezialisiert ist.
„Unser Wirtschaftssystem funktioniert nur, wenn Energie und Rohstoffe in ausreichender Menge und der notwendigen Qualität verfügbar sind“, erläutert der Berater. „Da beide limitiert sind und die Preise dafür steigen, erklärt sich die Notwendigkeit für einen sparsamen Umgang mit den natürlichen Ressourcen von selbst.“ Für Schläpfer ist Nachhaltigkeit Teil der Corporate Social Responsibility, also der gesellschaftlichen Verantwortung eines Unternehmens: „Sozial, gesellschaftlich und ökonomisch zu handeln, sind für mich kein Widerspruch sondern ein Dreiklang.“
Der funktioniert allerdings nur, wenn alle Ebenen und alle Bereiche eines Unternehmens sich dazu verpflichtet fühlen, „darum muss die Geschäftsführung nachhaltiges Handeln zu einem Unternehmensziel erklären“, fordert Schläpfer. Und der Bewusstseinswandel braucht Zeit: Bevor sich die Strategie tatsächlich im gesamten Unternehmen durchgesetzt hat, können zwei bis drei Jahre vergehen. „Die Neuorientierung muss in den Köpfen anfangen, das Dollar-Zeichen im Auge und die Konkurrenz im Nacken allein reichen nicht aus.“
Welche Rolle(n) Berater heute spielen
In vielen Unternehmen ist das Branchen-Know-how und Erfahrungswissen vorhanden, um neue Lösungen zu finden. Es muss nur aus den Mitarbeitern herausgekitzelt werden. Als Moderator bereitet der Berater die wesentlichen Arbeitsschritte und Methoden hierfür vor, sorgt für eine strukturierte Diskussion, fördert neue Ansichten, gibt kollektivem Denken eine Struktur und entwickelt gemeinsam mit Management und Mitarbeitern neue Strategien, Organisationsmodelle und Prozesse. Ein guter Moderator ist Organisator, Didaktiker, Trainer, Coach und Sparringspartner des Topmanagements zugleich.
Bei der klassischen Form der Beratung kaufen Unternehmen Fach- und Erfahrungswissen ein, das im Unternehmen selbst nicht vorhanden ist. Seit den Anfängen der Strategieberatung á la McKinsey prägt die Expertenrolle das öffentliche Bild der Beraterbranche. Und so bieten noch heute praktisch alle Beratungsunternehmen diese Rolle an, sehr ausgeprägt auch bei Spezialistenboutiquen zu finden, die sich auf ein Fachgebiet (z.B. Einkauf oder Controlling) oder eine Branche (z.B. Finanzdienstleistung) fokussiert haben. Die Beratungsprojekte, in denen Experten gefragt sind, zeichnen sich durch längere Analyse- und Konzeptionsphasen aus. Denn hier kann der Experte mit seinem Fachwissen am meisten bewirken.
Bei besonders kniffligen und komplexen Fragestellungen erwarten die Kunden von Beratern wahre Starqualitäten. Der Vordenker muss entweder überragende intellektuelle Fähigkeiten mitbringen oder über langjährige Industrieerfahrung verfügen. In der Praxis wird zwischen so genannten Brain- und Grey-Hair-Projekten unterschieden. Bei Brain-Projekten ist die zu lösende Aufgabe neu und von großer Komplexität. Der Berater muss vor allem mit Kreativität, Innovation und Pionierleistungen bei neuen Ansätzen, Konzepten und Techniken aufwarten können. Bei Grey-Hair-Projekten sind dagegen kundenindividuelle Lösungen gefragt, die Aufgabenstellung ist jedoch meist im Grundsatz bekannt und Lösungsansätze können durchaus aus anderen Projekten übertragen werden. Die Kunden erwarten von Grey-Hair-Vordenkern nutzbare Erfahrungen und Vorwissen aus früheren Projekten sowie Urteilsvermögen. Bei Brain- wie bei Grey-Hair-Projekten sind Standardlösungen unakzeptabel. Hier zählt vor allem Seniorität und Spezialwissen.
Bei umfangreicheren Beratungsprojekten, die zum Beispiel in mehreren Ländern gleichzeitig stattfinden, übertragen Unternehmen die Projektkoordination und -steuerung gerne Beratungsdienstleistern. Der Projektmanager stellt sicher, dass die einzelnen Maßnahmen und Projektschritte termingerecht umgesetzt werden. Diese Rolle erfordert Organisationstalent und Methoden-Know-how.
"Umbauarbeiten" gehören heute in Unternehmen zum Tagesgeschäft. Beim Gros der Beratungsprojekte handelt es sich um sogenannte "Procedure-Projekte" – das heißt, dem Unternehmen ist das zu bearbeitende Problem gut bekannt, es hat aber selbst nicht genug Leute und häufig auch nicht das Know-how, um diese Umbauarbeiten aus eigener Kraft heraus zu stemmen. Bei IT- oder Transformationsprojekten liefern Berater wie z.B. Accenture, Capgemini, IBM oder BearingPoint Lösungen, die sie anschließend gemeinsam mit dem Kunden auch umsetzen.
Nach dem Hilfe-zur-Selbsthilfe-Prinzip schulen praxiserfahrene Spezialisten die Mitarbeiter des Kunden in Methoden- oder Fachtrainings, damit diese Aufgabenstellungen selber lösen und umsetzen können. Die Idee: Wenn die eigenen Mitarbeiter befähigt werden, Projekte umzusetzen, muss das Unternehmen künftig nicht mehr so viel Geld für Beratung ausgeben. Um anderen etwas beizubringen, braucht es Fachwissen, Empathie und didaktisches Geschick.
Der Berater stellt dem Unternehmen bereits entwickelte und in der Praxis getestete Methoden und Prozesslösungen – wie zum Beispiel Lean Management oder Six Sigma - zur Verfügung.
Diese Rolle beinhaltet hauptsächlich das Design und die Steuerung von Transformations- und Veränderungsprojekten. Der Berater bietet (verhältnismäßig) kleinen fachlich-inhaltlichen Input, er ist mehr Begleiter, Treiber, Controller, Anreger und Coach. Deshalb haben darauf spezialisierte Berater häufig auch keine explizite Branchen- oder fachliche Spezialisierung.
Der Berater verabschiedet sich von seiner Rolle als Berater und übernimmt als Senior Projektmanager selbst weitgehend die Führungs- und Umsetzungsfunktion. Interims-Manager sind bei der Überbrückung von Engpässen oder Umbruchsituationen gefragt. Diese Rolle übernehmen meist nur Berater, die vorher eigene Linienverantwortung in der Industrie gesammelt haben oder Ex-Linienmanager ohne explizite Beratungserfahrung.
Beim Management von Unternehmen werden datenanalytische Fähigkeiten immer wichtiger. Einige Beratungsunternehmen haben dazu eigene Teams im Angebot, die nur darauf spezialisiert sind, Daten zu erheben, zu analysieren und zu interpretieren, etwa um den Vertrieb zu verbessern und Kunden besser kennen lernen zu können.
Kunden fragen auch Beratung nach, um Entscheidungen oder Vorhaben zu legitimieren. Die Bestätigung der eigenen Meinung mittels einer neutralen Sichtweise kann der (fachlichen) Absicherung, der Entscheidungssicherheit, aber auch der Kommunikation dienen. Für die Legitimationsfunktion werden häufig die bekannten Brands herangezogen, aber auch externe Gutachter mit Spezialwissen können diese Rolle übernehmen.
Doch auch wenn der gute Wille vorhanden ist, kann der Wandlungsprozess schwierig sein: Der Schwachpunkt ist häufig der Einkauf, in vielen Branchen sind die Lieferketten globalisiert und damit schwer kontrollierbar. Wohin das führen kann, lässt sich anhand der Skandale bei Textilhandelsketten wie Kik oder H&M erkennen: Deren Lieferanten in Bangladesch oder Pakistan verstoßen immer wieder gegen die von den Ketten gesetzten Standards. Gehen die Bilder solcher Katastrophen weltweit über die TV-Bildschirme, müssen die Unternehmen mit Protestwellen und schlimmstenfalls einem zumindest zeitweisen Boykott durch die Verbraucher rechnen.