Kevin Kelly gilt als Sonnyboy, brillanter Redner, guter Familienvater: einer, mit dem man einen netten Abend an der Bar verbringen kann. Doch bei Geld und Machtanspruch ist beim Weltchef von Heidrick & Struggles, der viertgrößten Personalberatung der Welt, Schluss mit lustig. Um die sieben Millionen Dollar strich der 46-jährige Amerikaner 2009 bis 2011 insgesamt an Vergütung ein. Das Salär würde ihm niemand neiden, hätten seine Aktionäre im selben Zeitraum nicht einen Verlust von insgesamt 48 Millionen Dollar hinnehmen müssen.
Bei Heidrick & Struggles hängt der Haussegen schief, nicht nur bei den Aktionären. Allein von Frühjahr 2011 bis Frühjahr 2012 reichten mindestens 50 der weltweit 386 Berater ihre Kündigung ein. „Wenn Chairman Richard Beattie nicht bald die Reißleine zieht, kann es für Heidrick eng werden“, warnt ein Insider.
Kellys Sparpolitik stößt auf Unmut
Dass die Stimmung so schlecht ist, liegt an Kellys rigidem Regime. Alle Ausgaben über 50 Euro müssen von der Zentrale in Chicago genehmigt werden. Selbst Partner – die bei Heidrick zwar so heißen, im Gegensatz zu anderen Beratungen aber nicht an der Firma beteiligt sind – werden an der kurzen Leine gehalten. Obwohl sie Millionen an Honoraren einfahren, müssen sie etwa ihre Dienstreiseanträge von den zuständen Praxisgruppenleitern abzeichnen lassen, klagen ehemalige Mitarbeiter, selbst wenn die ihren Dienstsitz auf einem anderen Erdteil haben.
Aber Kelly ist nicht nur wegen seiner rigiden Sparpolitik gefürchtet. Er soll durch ständige Interventionen auch den Entscheidungsspielraum der Landesgeschäftsführer, unter ihnen Deutschland-Chefin Christine Stimpel, auf ein Minimum begrenzt haben. Vollends vergrätzte er viele seiner Leute, indem er die globale Organisation mehrfach ummodelte.
Die Zentrale in den USA mag sich dazu nicht äußern. Eine von der WirtschaftsWoche erbetene Stellungnahme zu den Vorwürfen, wurde mit Verweis auf wettbewerbliche Gründe abgelehnt. „Unsere Firma ist seit vielen Jahren in Deutschland mit einer starken Präsenz vertreten“, heißt es lediglich. „Wir haben vor Ort ein anerkanntes Beraterteam mit starken Klientenbeziehungen, und wir werden diese Präsenz weiterhin ausbauen.“
Geschäfte nur mit Global Playern
Sechs Jahre ist es her, seit Kelly von seinem Vorgänger Tom Frier als Chef installiert wurde. Auch heutige Kritiker räumen ein, dass der ebenso alerte wie ehrgeizige Berater sich Verdienste um die Firma erworben hat. Kelly ist seit 1997 im Haus, zwischen 2001 und 2004 schob er erfolgreich das Geschäft im asiatischen und pazifischen Raum an. Als Chef des Tokioter Büros etwa soll er Margen von 35 Prozent eingefahren haben.
Als Kelly 2004 Europa-Chef wurde, stürzte er sich sofort auf die vergleichsweise hohen Kosten. Die entstehen zum Beispiel, weil die Headhunter bei einem neuen mittelständischen Kunden auf der Schwäbischen Alb häufiger persönlich vorsprechen müssen, um ein Vertrauensverhältnis aufzubauen. „Im Search-Business zählen vor allem persönliche Kontakte eines Beraters“, sagt ein Branchenkenner. Doch die dezentrale Struktur der deutschen Wirtschaft, die viele Dienstreisen erfordert, war für Kelly und die Zentrale in Chicago schwer nachvollziehbar. „Alles musste in das Schema aus den USA passen“, klagt ein Ex-Berater. „Wenn ein Neukunde kein Global Player war, konnte man das Geschäft vergessen.“