Navigation Handgemalte Bergpanoramen weisen Skifahrern den Weg

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Karten für 2000 bis 25.000 Euro

Heinz Vielkind aber lebt schon seit Jahren von seiner Kunst. Auch er versetzt notfalls Berge, um sie von ihrer schönsten Seite zu zeigen. In seinem Atelier im Zentrum der Tiroler Hauptstadt Innsbruck malt der heute knapp Achtzigjährige noch drei bis fünf Panoramen im Jahr. Zwischen 2000 und 6000 Euro kosten seine Bilder im Normalfall. Bei besonders großen und aufwändigen Panoramen sind es aber auch mal 25.000 Euro.

Vorwiegend malt er Skigebiete aus dem Alpenraum, aber nicht nur. Den japanischen Kamikochi-Naturpark etwa bannte er auf ein 5,6-Meter-Panorama, das vor Ort gar auf rund 20 Meter vergrößert wurde. Und für die New Yorker Columbia University entstand eine Übersichtskarte des Meeresbodens.

„Es gibt keinen Kontinent, von dem ich noch nichts gezeichnet habe“, erzählte Vielkind einmal. Hunderte Landschaftsbilder hat er bis heute gemalt, in den mehr als 60 Jahren seit er Mitte der Fünfzigerjahre bei Heinrich Berann in die Lehre ging. „Ich war schlecht in der Schule, nur im Zeichnen hatte ich gute Noten.“

Bis heute verbringt er Monate damit, die Landschaften mit größter Akribie zu Papier zu bringen. Ob die Pisten am Arlberg oder am Kitzsteinhorn in Österreich, die Sauerländer Hänge rund um Winterberg oder die Abfahrten auf der deutschen Seite der Zugspitze – der Ablauf ist immer der gleiche: Wann immer möglich überfliegt der Maler die Region zuerst mit dem Flugzeug, bringt hunderte von Luftbildern aus verschiedenen Perspektiven und Flughöhen mit und prägt sich die Charakteristika der Landschaften ein.

Zurück im Atelier skizziert er die Szenerie, passt die Perspektiven an und rückt die Berge zurecht, sodass das Bild die Charakteristik der Landschaft zeigt, und es dem Betrachter erlaubt, sich an jeder Stelle zu orientieren. Dann beginnt die Feinarbeit. Stunden um Stunden schattiert er Berghänge und Schneewächten, malt Tausende von Bäumen, Hunderte von Häusern und Hütten und unzählige Felsen mit Temperafarben aufs Papier.

Bilder ohne Lifte und Pisten

Nur den Verlauf der Pisten und die Seilbahnen und Lifte, die malt er nicht. Wenn Vielkind seine Bilder bei den Auftraggebern abliefert, dann sind Hänge und Abfahrten so weiß wie die Berge unter einer dicken Schicht Pulverschnee.

Die Infrastruktur einzuzeichnen, das überlassen die Panoramamaler in der Regel den Tourismusverantwortlichen, die – statt des Originalgemäldes – heute meist hochauflösend gescannte Bilddateien erhalten, die sie digital weiterverarbeiten können. Mal für den Druck von faltbaren Pistenplänen, mal als Grundlage für die mehrere Quadratmeter großen Orientierungstafeln an den Bergstationen und auf den Pisten. Wird mal eine Piste verlegt, bekommen die Abfahrten neue Nummern, ersetzt ein Sessellift den alten Schlepper, dann ändern das die Grafiker der Tourismusverantwortlichen direkt in der Datei.

Doch bis dahin ist es – mitunter – ein langer Weg. Denn auch wenn sich die Pistenmaler darauf spezialisiert haben, die Welt so lange zurechtzurücken, bis Berge und Hänge und Dörfer im besten Licht dastehen: Nicht immer sind sich die Auftraggeber einig, wie dieses Optimum eigentlich aussieht. Immer wieder stimmen sich Königs, Niehues, die Novats oder Vielkind daher beim Malen mit ihren Auftraggebern ab, ob das Werk den Vorstellungen der Tourismusverantwortlichen entspricht.

Manchmal zählen Zentimeter

Besonders schwer sei das bei einem Panorama der Skiregion am Arlberg auf der Grenze zwischen Vorarlberg und Tirol gewesen, erzählt der Österreicher Vielkind gerne. Bei der mit Blickrichtung von Süden gemalten Karte befand das nördlich gelegene Lech zwar näher am Himmel, aber eben auch weiter hinten. Sehr zum Verdruss der Lecher erschienen ihre Berge und Abfahrten damit auch kleiner als die Pisten im südöstlicher gelegenen St. Anton.

Insgesamt fünf Mal musste Vielkind daraufhin nacharbeiten, bis das Ergebnis schließlich den Segen aller Beteiligten bekam. „Am Ende habe ich mit dem Zentimetermaß gearbeitet, damit keiner mehr Raum bekam als der andere.“ Immerhin, auf den derart zurechtgebogenen mehr als 300 Pistenkilometern rund um Valluga, Tritt- und Rüfikopf finden – Vielkind sei Dank – heute Tag für Tag zigtausende Wintersportler zuverlässig ihre Abfahrten von den Bergstationen ins Tal.

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