Protagonisten vor Gericht Auf diese Menschen kommt es 2022 im Wirecard-Skandal an

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Kronzeuge Bellenhaus ist Markus Brauns größtes Problem


Oliver Bellenhaus

Er ist der Kronzeuge der Staatsanwaltschaft München und eine zentrale Figur im Wirecard-Skandal. Oliver Bellenhaus war Dubai-Statthalter von Wirecard – und zuständig für das Geschäft mit Partnern wie Al Alam. Im Juli 2020 reiste er nach München, stellte sich den Ermittlern – und packte aus: Er habe demnach mit Braun, Ex-Vorstand Jan Marsalek, Ex-Finanzvorstand Burkhard Ley und dem ehemaligen Chefbuchhalter Stephan E. im Jahr 2015 beschlossen, die Bilanzsumme von Wirecard aufzublähen, indem sie Einnahmen erfinden. Auf Bellenhaus‘ Aussagen hin kam Markus Braun in U-Haft.  

Er ist für die Münchner Staatsanwälte im Ermittlungsverfahren gegen Markus Braun enorm wichtig. Sachbeweise, etwa Mails mit eindeutigen Anweisungen, die den Ex-Chef als Mittäter überführen würden, dürfte es kaum geben. Der einzige, der neben Bellenhaus über Brauns Rolle Auskunft geben könnte, ist Ex-Vorstand Jan Marsalek. Aber der ist seit besagtem Sommer auf der Flucht.

Bellenhaus ist Brauns größtes Problem, aber auch so etwas wie sein Joker. Kann sich die Staatsanwaltschaft auf diesen Mann verlassen? Je mehr es auf ein Gerichtsverfahren hinausläuft, desto mehr wird sich Brauns Verteidigung auf Bellenhaus und dessen Glaubwürdigkeit einschießen.

Experte für Insolvenzen: Michael Jaffé. Quelle: imago images

Michael Jaffé

Fast 16 Milliarden Euro Schadenersatz fordern Gläubiger von Wirecard. Michael Jaffé ist als Insolvenzverwalter der Mann, in den Geschädigte große Hoffnung setzen. Gespannt wartet er auf die Anklage der Staatsanwaltschaft gegen Braun. Doch er ist auch selbst vor Gericht aktiv: Vor dem Landgericht München I will er erstreiten, dass Wirecards Jahresabschlüsse von 2017 und 2018 für nichtig erklärt werden – wegen der nicht existenten Erlöse mit Drittpartnern. So will Jaffé zu viel bezahlte Steuern und Dividenden-Ausschüttungen zurückfordern. Braun war lange Zeit mit sieben Prozent der Aktien der größte Einzelaktionär von Wirecard.

Bei der Aufklärung der dubiosen Drittpartner-Geschäfte ist Jaffé nach eigenen Angaben entscheidend vorangekommen: Für den Wirecard-Insolvenzverwalter steht „endgültig fest, was sich bereits vorher aus zahlreichen Indizien ergab: Das behauptete und bilanzierte Geschäft mit Drittpartnern hat es bei Wirecard nie gegeben. Die Treuhandkonten, die Wirecard angeblich auf den Philippinen hatte, waren leer gewesen.

Nach monatelangem Hin und Her hat Jaffé auch noch Kontoauszüge zu Treuhandkonten erhalten, die Wirecard bis Ende 2019 bei der OCBC Bank in Singapur hatte. Doch auch hier fand er kein Bargeld in Milliardenhöhe, wie in Wirecards Bilanzen einst behauptet. 

Immerhin: Jaffé konnte bereits mehr als 700 Millionen Euro eintreiben, indem er etwa Wirecard-Töchter verkaufte. Sicherlich wird er auch versuchen, Geld bei Wirecards Ex-Vorständen und dem Wirtschaftsprüfer EY einzutreiben.

Interpol sucht nach ihm: Jan Marsalek, Ex-Wirecard-Vorstand, Schlüsselfigur in dem Milliarden-Skandal. Quelle: imago images

Jan Marsalek

Und dann ist da noch die schillerndste Figur in der gesamten Wirecard-Story: Jan Marsalek, der ehemalige Vorstand fürs operative Geschäft. Den Aufstieg von Wirecard vom Start-up zum Dax-Konzern hat er an der Seite seines Vertrauten Markus Braun mitgestaltet. Marsalek war für das Drittpartnergeschäft zuständig. Als Wirecard kollabierte, setzte er sich ab. Seitdem ist er verschwunden, wurden immer mehr Details über sein Eigenleben innerhalb und außerhalb der Firma öffentlich. Seine Vita fasziniert, weil er ein Faible für Geheimdienste hat. Es gibt nicht wenige, die im Wirecard-Skandal einen ganz großen Agenten-Thriller sehen – auch wenn dafür bislang die entscheidenden Belege fehlen.

Dennoch ist Marsalek die Schlüsselfigur in diesem Fall. Gelingt es den Ermittlern, ihn zu fassen, so dürften die Verteidiger von Braun und weiteren ehemaligen Wirecard-Managern vor großen Herausforderungen stehen. Es ist kein Wunder, dass es einige Protagonisten im Fall Wirecard gibt, die ein und dieselbe Hoffnung haben: dass Jan Marsalek für immer verschwunden bleibt.

Mehr zum Thema: Das Buch „Die Wirecard-Story. Die Geschichte einer Milliarden-Lüge“ der WiWo-Reporter Melanie Bergermann und Volker ter Haseborg beschreibt den Aufstieg und Fall von Wirecard. Hier lesen Sie Auszüge aus dem Buch. 

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