Streik bei Ryanair in Deutschland „Notfalls muss es hier weitere Streiks geben“

Wegen des Streiks in Deutschland hat Ryanair nach der Ankündigung 150 von 400 geplanten Flügen von und nach Deutschland gestrichen und nach eigenen Angaben alle betroffenen Passagiere informiert. Quelle: dpa

Die Piloten und Flugbegleiter bei Ryanair in Deutschland messen ihre Kräfte im Tarifstreit mit der irischen Billig-Airline. Wegen des Streiks wurden 150 Flüge gestrichen. Und weitere Ausstände konnten folgen.

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Der erste gemeinsame Streik von Piloten und Flugbegleitern in Deutschland setzt den Billigflieger Ryanair unter Druck. Der 24-Stunden-Ausstand begann am frühen Mittwochmorgen und sorgte für zahlreiche Flugstreichungen. Das irische Unternehmen hat bereits angekündigt, dass rund 150 von 400 Verbindungen von und nach Deutschland ausfallen müssten. Ryanair teilte per Twitter mit, dass die verbliebenen 30 Morgenflüge aus Deutschland planmäßig gestartet seien.

Nach Planung der Pilotengewerkschaft VC sollten vor allem die großen Standorte der irischen Billig-Airline in Deutschland lahmlegen. „Der Streik läuft. Es sind alle zwölf deutschen Basen betroffen, besonders die großen in Frankfurt/Rhein-Main, Hahn und an den Berliner Flughäfen Tegel und Schönefeld“, sagte der Vizechef der Vereinigung Cockpit (VC), Markus Wahl. „Da kommt es heute verstärkt zu Ausfällen.“

Die Pilotengewerkschaft hält zudem weitere Arbeitsniederlegungen für möglich. VC-Tarifexperte Ingolf Schumacher sagte am Frankfurter Flughafen, er könne einen längeren Konflikt nicht ausschließen. „So lange Ryanair keine verbesserten Angebote macht, muss es notfalls hier auch weitere Streiks geben.“ Ähnlich äußerte sich verdi-Vorstandsmitglied Christine Behle: „Das ist ein erster Warnstreik. Wie es weitergeht, hängt vom Verhandlungsverlauf ab.“

Die Airline braucht nach eigenen Angaben allerdings noch Zeit bis zum Abschluss von Vereinbarungen mit Gewerkschaften. Dies werde noch eine Weile dauern, sagte Konzernchef Michael O'Leary am Mittwoch in London. Man wolle zwar keine Streiks, werde diese aber hinnehmen, um das Geschäftsmodell als Billigflieger zu bewahren, sagte der Manager auch mit Blick auf die aktuellen Arbeitsniederlegungen in Deutschland. Die Streiks hätten nur einen winzigen Effekt auf den gesamten Betrieb.

Verdi-Vertreterin Katharina Wesenick sprach von „mittelalterlichen Arbeitsbedingungen“ bei Ryanair und sagte mit Blick auf die Auseinandersetzung: „Wir sind weit davon entfernt, uns zu einigen.“ Ryanair hatte die Aktion am Dienstag als ungerechtfertigt und unverantwortlich kritisiert. und den gemeinsamen Crew-Streiks mit Drohungen gekontert: Sollten die Streiks andauern, müssten alle Standorte in Deutschland überprüft und womöglich Personal abgebaut werden. VC-Experte Schumacher sagte dazu: „Ryanair bedroht und setzt mit Jobverlust Arbeitnehmer Existenzängsten aus.“ Das irische Unternehmen nutze „seine Machtstellung brutal aus“. Aber man stehe mit dem Kabinenpersonal eng beieinander und spüre große Unterstützung aus Bevölkerung und Politik.

Nun müsse man abwarten, ob sich das Unternehmen für ein verbessertes Angebot entscheide oder ob der Einstieg in eine Schlichtung gelinge, sagte Schumacher. Die Piloten forderten etwa höhere Grundgehälter mit weniger variablen Anteilen und bessere Arbeitsbedingungen. Verdi-Vertreterin Wesenick sagte, man versuche derzeit, einen neuen Verhandlungstermin zu finden. Es gehe darum, möglichst schnell eine „Win-Win-Lösung“ herbeizuführen. Die Gewerkschaft fordert ein spürbar höheres Entgelt sowie die Einführung eines Basisgehaltes für alle Flugbegleiter und eine Kompensation bei Verspätungen. „Es geht nicht um einen ganz normalen Arbeitskampf", sagte Wesenick. „Es gibt bei Ryanair eine despotische Willkürherrschaft.“ Denn es mangele beispielsweise an verlässlichen Arbeitsbeziehungen.

Passagiere können kostenlos umbuchen
Die betroffenen Passagiere können kostenfrei umbuchen oder den Ticketpreis zurückerhalten, wie Ryanair mitteilte. Darüber hinausgehenden Schadenersatz lehnt die Gesellschaft unter Hinweis auf EU-Recht ab und lässt es in dieser Frage auf einen Prozess mit dem Flugrechteportal AirHelp ankommen.

Bei einem ersten Streik der Piloten am 10. August hatte Ryanair von sich aus 250 deutsche Flüge abgesagt und die Kampfbereitschaft der VC-Crews nicht final getestet. Für Verdi ist es der erste Streik bei Ryanair. Mit der Vereinigung Cockpit sei man zwar nicht immer einer Meinung, versuche sich aber abzustimmen. Gemeinsam wollten die Gewerkschaften zeigen, dass sich beide Berufsgruppen nicht auseinanderdividieren lassen. Die gemeinsame Koordination der Aktion zwischen Piloten und den Kollegen des Kabinenpersonals sei etwas Besonderes, meinte VC-Vizechef Wahl. „Man sieht dadurch, wie prekär die Situation bei Ryanair offensichtlich ist“, so der Gewerkschafter. „Wir glauben, dass wir erfolgreich sein können und dass Ryanair an den Verhandlungstisch zurückkehrt.“

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