




An gleich drei Stellen beschäftigt sich das Handelsblatt in seiner Montags-Ausgabe mit der zur amerikanischen Carnival-Gruppe gehörenden Kreuzfahrtreederei Aida. Die ist nicht nur deutscher Marktführer in dem seit Jahren wachsenden Touristiksegment, sie war bis vor wenigen Jahren auch Großkunde bei der Meyer Werft im niedersächsischen Papenburg. Die wiederum ist trotz ihrer ungünstigen Lage mehr als 30 Kilometer von der Nordsee entfernt Weltmarktführer beim Bau von Musikdampfern.
Meyer, Mitsubishi und der Kampf um Aida
Was bisher geschah: Sieben Schiffe hat Aida aus Rostock bei Meyer bauen lassen. Das bis dahin einmalige an diesen weitgehend identischen Neubauten ist das über mehrere Decks verlaufende offene sogenannte Theatrium. Von außen erkennbar ist die gemeinsam von Aida und Meyer entwickelte Showbühne an der trichterförmigen, voll verglasten Einbuchtung in der Mitte des Schiffsrumpfs.
Was für die Reederei den Vorteil hat, dass die Showbesucher ohne jemanden zu stören, an die verschiedenen um das Theater gruppierten Bars oder Shops wechseln (und dort Geld ausgeben) können, war für die Bauwerft eine technische Herausforderung: aus statischen Gründen, weil der Schiffskörper an der Stelle quasi eingekerbt ist und aus Gründen des Brandschutzes, weil die über mehrere Decks verlaufende Öffnung durch den Rumpf bei einem Feuer wie ein Kamin wirken kann.
Diese Kreuzfahrtschiffe werden 2014 ausgeliefert
Reederei: Norwegian CL
Werft: Meyer Werft
Kosten in Mio. €: 612,8
Reederei: Princess Cruises
Werft: Fincantieri
Kosten in Mio. €: 554
Reederei: Tui Cruises
Werft: STX Finland
Kosten in Mio. €: 392,4
Reederei: Costa
Werft: Fincantieri
Kosten in Mio. €: 582,2
Reederei: Royal Caribbean
Werft: Meyer Werft
Kosten in Mio. €: 690,7
Reederei: MSC
Werft: Fincantieri
Kosten in Mio. €: 200
Die beiden Partner konnten diese Herausforderungen lösen, alle Schiffe wurden pünktlich abgeliefert, von der Reederei wie von der Werft war nur Positives über die beiderseitige Zusammenarbeit zu hören. Dennoch entschied sich Aida, die beiden Prototypen für die neue, größere Schiffsgeneration nicht mehr in Papenburg sondern bei Mitsubishi in Japan bauen zu lassen.
Der Grund war ebenso simpel wie einleuchtend: Das Angebot der Japaner lag weit unter dem aus Papenburg. Für Aida ein Schnäppchen, für Meyer schade aber aufgrund anderer Aufträge letztlich nicht weiter schlimm. Böse waren sich die beiden darum nicht, für Aida wie für Meyer war immer klar, dass die alte Geschäftsbeziehung in Zukunft durchaus wieder aufleben könnte.





Dann passierte, was Branchenexperten fast erwartet hatten: Mitsubishi hatte die Komplexität des Auftrages offenbar völlig unterschätzt und konnte den vereinbarten Ablieferungstermin für den ersten Neubau AidaPrima nicht einhalten. Das Schiff wird erst ein halbes Jahr später, im Oktober kommenden Jahres übergeben. Was für die Japaner zum betriebswirtschaftlichen Desaster und Imageschaden erster Ordnung geriet, ist für Aida allenfalls marketing-mäßig ärgerlich – wirtschaftlich erleiden die Rostocker keinen Schaden: Die Bauwerft musste wegen der Verzögerung 425 Millionen Euro Verlust verbuchen, die Reederei kassierte die vorher als Konventionalstrafe vereinbarte Ausgleichszahlung in ähnlicher Höhe und bekam damit eines der beiden Schiffe faktisch zum Nulltarif.