Wo Reisende besser nicht einsteigen Die Horrorstrecken der Deutschen Bahn

Auf manchen Strecken der Deutschen Bahn läuft es besser, als auf anderen Quelle: imago images

Der Fernverkehr der Deutschen Bahn hat ein gravierendes Pünktlichkeitsproblem. Auf einzelnen Strecken ist fast jeder Zug verspätet. Wo es gut läuft und wo nicht.

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Bahngeschichten kann jeder erzählen. Aber kennen Sie diese? 

Der ICE 645 von Düsseldorf nach Berlin war verspätet. „+10“, zeigte der DB Navigator an einem Montagabend im November an. Auch die Anzeige in der Düsseldorfer Haupthalle meldete eine Verspätung von „circa 10 Minuten“. Kein Grund zur Eile also. Doch als die Reisenden, die sich Zeit ließen, auf dem Bahnsteig eintrudelten, war der Fernverkehrszug plötzlich weg. Pünktlich auf die Minute, wie es der ausgedruckte gelb-schwarze Fahrplan am Bahnsteig versprach. So, wie es ja sein soll. Doch leider nicht so, wie in der App und am Bahnhof angezeigt.  

Selbst wenn der Betrieb rund läuft, findet die Deutsche Bahn mitunter einen Weg, Fahrgäste zu verärgern. Das Twitter-Team wusste eine Erklärung: Verspätungsangaben seien „nur Prognosen“, die sich „auch wieder ändern können“. Ein Zug könne die Verspätung wieder aufholen oder vergrößern. Im obigen Fall hätte der Zug allerdings schallfliegen müssen. Die zehnminütige Verspätung verkündete das System zehn Minuten vor Abfahrt. 

Doch eigentlich ist ICE 645 nur ein Luxusproblem in einer Reihe von Ausreißern im Jahr 2018. Selbst wenn die Anzeige gestimmt hätte: Zehn Minuten Verspätung wäre fast schon in Ordnung. 

Es gibt Strecken in Deutschland, die sind chronisch verspätet. Eine Analyse des Informationsportals Zugfinder.de gibt einen Eindruck, wo es sich kaum lohnt, in einen Fernverkehrszug der Deutschen Bahn einzusteigen - oder zumindest nur mit einer gehörigen Portion Geduld und ganz viel Proviant.  

So war in diesem Jahr kein Zug häufiger verspätet als der ICE 979 von Hamburg nach Stuttgart, der den Norden kurz nach 13 Uhr verlässt und die Schwabenmetropole am Abend um Punkt 18:35 Uhr erreicht. Eigentlich zumindest. Denn nicht einmal jeder vierte ICE kam pünktlich an. Im Klartext: Drei von vier Fernzügen des ICE 979 waren deutlich zu spät. Im Durchschnitt lag die Verspätung bei knapp 26 Minuten. 

Zu den Horror-Strecken des Jahres zählen sonst vor allem Verbindungen mit Intercity-Zügen. Dem ICE von Hamburg nach Stuttgart folgen vier IC- oder EC-Züge auf den Plätzen 2 bis 5. Fast immer sind die Städte Hamburg und Stuttgart als Start- oder Endziel involviert. Dort platzt die Kapazität offenbar aus allen Nähten. Sehr unzuverlässig war etwa der IC 1995 von Berlin nach Stuttgart (nur 25 Prozent der Züge waren pünktlich), EC 230 von Kopenhagen nach Hamburg (25,9 Prozent), IC 2314 von Köln nach Sylt (28,3 Prozent) und der IC 2024 von Passau nach Hamburg (29,4 Prozent). 

Dass es auch anders geht, zeigt die Deutsche Bahn übrigens auch. Vor allem im Osten der Republik. Dort gibt es jüngere Gleise und weniger Verkehr. Die Leistung lässt sich sehen. Der ICE 1553 von Leipzig nach Dresden fährt zu 98,2 Prozent nach Fahrplan. Im Schnitt ist der Zug weniger als eine Minute zu spät, also quasi immer pünktlich. Es folgen der Intercity IC 2076 von Dresden nach Berlin (98,1 Prozent) und der IC 2189 von Rostock nach Hamburg (98 Prozent). Fast genauso pünktlich sind der ICE 1618 von Leipzig nach Berlin und der ICE von Frankfurt nach Brüssel.  

Das „Handelsblatt“ hat sich jüngst die Strecke Hamburg-Münster-Köln-Mainz genauer angeschaut. Die Lehren für die Fahrgäste:

Meide den Nachmittag: Verspätungen häufen sich vor allem am Nachmittag. Auf der rund vierstündigen Fahrt von Köln nach Hamburg hatte jeder Zug, der nach elf Uhr in Hamburg auf die Strecke ging, im Schnitt bis Köln eine Verspätung von mehr als 20 Minuten angesammelt. Erst nach 18 Uhr entspannte sich die Lage.   

Verspätung ist die Regel: Wenn Züge pünktlich sind, dann ist das nur die halbe Wahrheit. Auf die Minute pünktlich sind nämlich nur 31 Prozent der Züge - zumindest von Hamburg auf dem Weg nach Mainz. Weitere 43 Prozent gelten zwar auch als pünktlich, haben aber im Schnitt dennoch bis zu 5:59 Minuten Verspätung angesammelt. Der Rest kommt noch später an und gilt dann auch offiziell als verspätet. 

Der Flieger ist auch nicht besser: Wer glaubt, die Lufthansa und Eurowings wären eine Alternative, der muss enttäuscht feststellen, dass die Pünktlichkeit der Airlines keinen Deut besser ist. So kamen über einen langen Zeitraum im Jahr 2018 nur 71 Prozent der Flieger an den größten Flughäfen in Deutschland pünktlich an. Der Rest war mindestens 15 Minuten zu spät. Komfortabler ist ein Flug für viele ohnehin nicht.

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