E.On-Abspaltung Weshalb der Start für Uniper schwer wird

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Sieben Milliarden Euro Verlust verbuchte E.On in 2015

Ausländische Beteiligungen

Auch die Hoffnung, im Ausland zu punkten, dürfte Investoren nur begrenzt vom Hocker reißen.

Sicher, längst noch nicht überall auf der Welt sind Wind- und Sonnenstrom auf dem Vormarsch. In der Türkei etwa kommen 28 Prozent des Stroms aus Kohle, die türkische Regierung plant laut einer Studie des Istanbul Policy Centers sogar den Neubau von Kohlemeilern. Doch die bisherigen Erfahrungen relativieren die Aussichten. Mit ausländischen Beteiligungen, etwa in der Türkei oder in Brasilien, hat sich der Uniper-Mutterkonzern E.On vor allem Verluste eingehandelt.

Seit 2010 musste E.On außerplanmäßig elf Milliarden Euro auf ihre Auslandsinvestitionen abschreiben. Wegen zu hoher Finanzierungs- und Strombeschaffungskosten will sich E.On wieder von Teilen des Türkeigeschäfts verabschieden. Für die türkische Energietochter Enerjisa ist ein Börsengang im Gespräch.


Rosig ist auch die Lage in Russland nicht. Sechs fossile Kraftwerke betreibt E.On dort, die nun Uniper zugeschlagen werden. Die westlichen Sanktionen belasten die russische Wirtschaft und den Rubel. Wegen der Rubel-Schwäche fiel das Ergebnis von E.On in Russland 2015 um ein Drittel auf 361 Millionen Euro.

Wasserkraft

Nicht einmal das Geschäft mit Wasserkraft, das künftig zu Uniper gehört, läuft gut. Die Wasserkraftwerke in Spanien und Italien hat E.On-Chef Teyssen noch schnell vor der Abspaltung in 2015 verkauft. Wegen sinkender Großhandelspreise ist das Geschäft mit Wasserkraft in Schweden ebenfalls unter Druck.

Bleibt eine vage Hoffnung auf die Zeit ab 2022. Bis dahin werden in Deutschland die letzten acht Atommeiler abgeschaltet. Sollte Strom danach häufiger knapp werden – etwa weil der Wind nicht genügend weht oder die Sonne zu wenig scheint –, könnten die Gaskraftwerke von Uniper wieder gebraucht werden. Das funktioniert aber nur, wenn sich die politischen Rahmenbedingungen ändern und der Staat nicht Reserven subventioniert, um die Stromversorgung zu sichern. Subventionen gibt es etwa für Braunkohlekraftwerke. Dafür, dass Betreiber wie RWE eine bestimmte Anzahl von Kraftwerken als Reserve bereithalten, bekommen sie Millionenprämien vom Staat.

Wer übernimmt die Zukunft, wer den Ballast?
Eon übernimmt 33 Millionen Kunden – in Deutschland, Großbritannien, Skandinavien, Osteuropa oder der Türkei. Das Geschäft ist solide, die Margen sind aber dünn. Neue Produkte und Dienstleistungen müssen her. Das Problem: Eon wird sich mit neuen, schlagkräftigen Konkurrenten messen. Die heißen, Google, Apple oder Samsung. Fazit: Hoffnungswert. Quelle: AP
Jahrzehntelang produzierten Kohle- und Gaskraftwerke nicht nur Strom, sondern auch Unmengen an Geld. Strom wurde eben in großen, zentralen Anlagen produziert. Jetzt hat per Gesetz grüner Strom Vorrang im Netz und drängt die großen Kraftwerke aus dem Markt. Allein in den ersten neun Monaten brach das Ebitda der Sparte um 32 Prozent ein. Uniper muss retten was noch zu retten ist. Fazit: Sanierungsfall. Quelle: dpa
Eon stieg spät in das Geschäft mit erneuerbaren Energien ein. Inzwischen hat das Unternehmen aber schon Windanlagen mit mehr als vier Gigawatt Leistung installiert – das entspricht rund vier Kernkraftwerken. Bei Offshore-Wind sieht sich Eon weltweit an Nummer zwei, bei Onshore auf Position zwölf. Bald schon wird beim Ebitda die Milliardenmarke geknackt – kein Wunder das Eon die Sparte behält. Fazit: Zukunftsgeschäft. Quelle: obs
Eons Stromleitungen reichen theoretisch 25 Mal um die Erde. Eine Million Kilometer hat der Konzern verlegt. Das Netz will Eon auch behalten und hat gute Gründe: Die Renditen werden zwar von Regulierungsbehörden gedeckelt, aber lieber kleine Renditen als gar keine Renditen wie bald in der Stromproduktion. Fazit: Solides Geschäft. Quelle: dpa
Den Großhandel gibt Eon ab, damit Uniper den Strom aus den Kraftwerken wenigstens selbst vermarkten kann. Die Tochter bewegt Milliarden, kauft Kohle zum Verfeuern ein und bringt russisches Gas in Europa unter. Das war früher einmal ein einträgliches Geschäft, aber auch die Zeiten sind längst vorbei. Fazit: Spekulationsobjekt. Quelle: AP
Jahrelang hat Eon gekämpft, um einen eigenen Zugang zu den russischen Gasfeldern zu bekommen, jetzt übernimmt Uniper das Geschäft. Die neue Gesellschaft ist an einem lukrativen Feld in Westsibirien beteiligt, Juschno Russkoje, fördert dort pro Jahr knapp sechs Milliarden Kubikmeter Gas und fährt solide Gewinne ein. Dumm nur, dass neben dem Strompreis auch der Ölpreis im Keller ist, aber das muss ja nicht so bleiben. Fazit: Dauerbrenner. Quelle: obs
Jahrzehntelang haben die Atomkonzerne mit ihren Reaktoren unverschämt viel Geld verdient, jetzt sind die Anlagen nur noch eine einzige Last. Die Reaktoren müssen teuer abgebaut und die Brennelemente noch teurer entsorgt werden. Kein Wunder, dass Eon die Aufgabe gerne Uniper überlassen hätte. Daraus wird aber nichts: Mit einem neuen Gesetz schob die Bundesregierung dem einen Riegel vor, Eon muss sich um die drei noch aktiven und fünf bereits im Rückbau befindlichen Reaktoren kümmern. Fazit: Ballast. Quelle: dpa

Die Nachfrage nach Strom aus Gaskraftwerken könnte auch zulegen, wenn der Preis für CO2-Zertifikate stiege. Diese Emissionsrechte muss kaufen, wer eine bestimmte Menge CO2 in die Luft blasen will. Mit steigenden Preisen würde die Verfeuerung von Braunkohle teurer und das sauberere Gas lukrativ. „Braunkohle profitiert von den niedrigen Preisen für CO2-Zertifikate“, sagt Schäfer.

Unterstützung bekommt er vom grün angehauchten Berliner Thinktank Agora Energiewende: „Läge der Preis für CO2-Verschmutzungsrechte bei 30 Euro pro Tonne statt bei aktuell fünf Euro, kämen die klimafreundlicheren Gaskraftwerke in Europa wieder zum Zuge“, sagt Agora-Chef Patrick Graichen. Eine Reform des EU-Emissionshandels ist geplant, aber nicht umgesetzt. Investoren, die glauben, dass Uniper tatsächlich einmal davon profitieren könnte, verlangt Schäfer eine Menge Optimismus ab.

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