Wind- und Solarparks Staatskonzern vs. Ausbauziele: Wie die Bahn die Energiewende verlangsamt

Von Windparks aus zum Netzeinspeisepunkt müssen Kabel verlegt werden - oft auch unter Bahntrassen hindurch. Quelle: imago images

Wenn Wind- oder Solarparks angeschlossen werden, müssen die Kabel oft unter Bahntrassen verlegt werden. Die Bahn wittert offenbar ein Geschäft und will sich am Umsatz beteiligen. Die Parkbetreiber kostet das Hunderttausende Euro.

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Die Deutsche Bahn verteuert offenbar den Ausbau von Erneuerbaren Energien. Das werfen betroffene Unternehmen und die Windenergie-Lobby dem Staatskonzern vor. Mirko Moser-Abt, Leiter Politik beim Bundesverband Windenergie, spricht in diesem Zusammenhang von „moderner Wegelagerei“.

Konkret geht es darum, dass Betreiber von Wind- und Solaranlagen die Anlagen an bestimmten Netzeinspeisepunkten anschließen müssen, die ihnen von den Netzbetreibern zugewiesen werden. Häufig müssen die Stromkabel dafür eine Bahntrasse queren. Für die Erlaubnis, die Kabel unter einer Trasse verlegen zu dürfen, bittet die Bahn verstärkt zur Kasse.

In der Vergangenheit, so berichtet es die Wittgensteingruppe der WirtschaftsWoche, habe die Bahn bei vergleichbaren Projekten Preise um die 4000 Euro abgerufen. Nun verlange die Bahn von dem Unternehmen für den Netzanschluss über 100.000 Euro.

Und das ist kein Einzelfall: Für die Kabelverlegung zum Anschluss eines 8,5-Megawatt-Solarparks in Rheinland-Pfalz von Juwi ans Netz habe die DB zuletzt 90.000 Euro verlangt. Damit koste der Anschluss verglichen mit einem Projekt im Vorjahr zehnmal so viel, berichtet das Unternehmen.

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Auch beim geplanten Repowering eines größeren Windparks in Sachsen-Anhalt, bei dem es um den Anschluss einer 6-Megawatt-Anlage an den Park geht, soll Juwi der Bahn 90.000 Euro zahlen. Übliche Kabelentgelte bei kommunalen und privaten Grundstückseigentümern lägen bei einer Einmalzahlung derweil etwa um den Faktor 1000 niedriger.

„Das Projekt ist jetzt auf der Kippe“

Auch Emökoe Kovac kennt das Problem. Ihre Genossenschaft Boben Op möchte das bestehende Wärmenetz erweitern, dafür muss die Leitung unter einer Bahntrasse vorbei. Der Standardvertrag der Bahn sei okay, die Gebühr für die Verlegung liege im vierstelligen Bereich – allerdings mit einer möglichen beiderseitigen Kündigungsfrist von sechs Monaten. „Da gibt es keine Planungssicherheit. Das können wir nicht abschließen, das wäre nicht tragbar“, sagt Kovac. Denn um solche Projekte finanziert zu bekommen, braucht es Rechtssicherheit für mindestens 25 Jahre – sonst finanzieren Banken nicht.

Die Laufzeit könnte auch verlängert werden, ohne Kündigungsfrist, hörte sie von der Bahn. Doch das würde dann Minimum 80.000 Euro kosten. „Das Projekt ist jetzt auf der Kippe“, sagt Kovac, der Preis nicht finanzierbar. „Die Konsequenz für uns wäre, das Netz kleiner zu machen und einen Teil der Bevölkerung nicht anzuschließen, aber das ist nicht das, was wir wollen.“



Bei Juwi heißt es dazu, „die Vereinbarung einer festen Vertragslaufzeit wurde von der Bahn in der Vergangenheit auch akzeptiert, durchaus auch mit Preissteigerungen, aber nie in den aktuellen Dimensionen“. In vielen Fällen führe bei der Realisierung von Erneuerbare-Energien-Projekten kein Weg an Bahn-Grundstücken vorbei – will ein privater Grundstückseigentümer etwa nicht, dass die Kabel unter seinem Grundstück verlaufen, können Projektentwickler einen Umweg gehen. Bei den Bahntrassen geht das nicht. Die Bahn sei somit in einer günstigen Ausgangsposition und nutze diese „offensichtlich sehr zu ihrem Vorteil aus“, heißt es von Juwi.

Die betroffenen Unternehmen unken, dass die Bahn sich mit den Entgelten an den erwarteten Umsätzen prozentual beteiligen will. In den Vertragsangeboten spreche die DB von „Umsatzmiete“. Juwi verweist darauf, dass die Bahn im Rahmen der Vertragsverhandlungen nach Anlagengröße, jährlicher Stromerzeugung und Betriebszeit frage. „Da diese Angaben für die Verlegung eines Kabels keine Relevanz haben sollten, vermuten wird, dass die Höhe der Pacht auf Basis dieser Informationen berechnet wird.“

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Will die Bahn als Staatskonzern also am Ausbau der Erneuerbaren verdienen? Die Bahn beantwortet einzelne Fragen der WirtschaftsWoche nicht, schickt aber ein Statement. Darin verweist sie darauf, dass die Richtlinie für die Gestattung zum Verlegen solcher Leitungen und damit auch die Berechnungsgrundlage für die Entgelte in ihrer aktuellen Form seit 2012 bestehe. Derzeit prüfe die Bahn aber rechtliche Möglichkeiten, „um mit den Netzbetreibern zu einer gemeinsamen Lösung zu kommen.“

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