Familienunternehmen Das Beste aus zwei Welten

Oft wird darüber wie bei einer Glaubensfrage diskutiert: Entwickeln sich börsennotierte oder familiengeführte Unternehmen besser? Eine aktuelle Studie zeigt: Die Lösung ist der Kompromiss aus beiden.

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Der Autobauer ist familiengeführt und gleichzeitig im Dax notiert. Quelle: dpa

Frankfurt Die genaue Zuordnung fällt nicht immer leicht, gerade bei Volkswagen. Ein Familienunternehmen ist Europas größter Autobauer, weil die Familien Porsche und Piëch mehr als die Hälfte der Anteile besitzen. Ein Staatsunternehmen ist der Konzern aber auch, weil das Land Niedersachsen 20 Prozent hält. Zudem ist man börsennotiert und hat mit dem Emirat Katar einen sehr aktiven Großinvestor an Bord.

Das Institut für Familienunternehmen (IFF) in Stuttgart stuft Volkswagen trotzdem als Familienunternehmen ein. Dafür genügt nach den Kriterien des 2011 gegründeten Vereins ein Anteil von mindestens 25 Prozent im Besitz der Gründerfamilien oder mindestens fünf Prozent der Stimmrechte. Zudem muss die Familie einen Sitz im Vorstand oder Aufsichtsrat haben. Mit dieser Begründung rechnet das IFF auch neun weitere Dax-Unternehmen den Familienunternehmen zu, darunter BMW, Continental, Merck, Fresenius, Henkel oder Beiersdorf.

Sie haben ganz wesentlich dazu beigetragen, dass 2015 der Umsatz der 50 größten deutschen Familienunternehmen im vergangenen Jahr erstmal auf mehr als eine Billion Euro gestiegen ist. Genau gesagt waren es 1,022 Billionen, nach 956 Milliarden im Jahr 2014. Ein Plus also von 6,9 Prozent.

Zum Vergleich: Exakt sieben Prozent waren es bei den 30 größten deutschen börsengelisteten Konzernen, die im Dax vertreten sind. Die in Wirtschaftskreisen oft diskutierte Glaubensfrage, ob ein familiengeführtes oder börsengelistetes Unternehmen die bessere Entwicklung zeigt, ist somit nicht eindeutig zu beantworten.

Dafür aber zeichnet sich der Mix aus beidem als die beste Lösung ab. Die elf börsennotierten Familienunternehmen schafften im vergangenen Jahr ein Plus von 7,9 Prozent und wuchsen damit signifikant schneller als die 39 nicht börsennotierten Familienunternehmen. „Ich halte das Modell, dass ein Familienunternehmen einerseits an der Börse gelistet ist und sich damit professionellen Standards unterwerfen muss, andererseits aber von einer Unternehmerfamilie kontrolliert wird, für eine geniale Symbiose“, wertet Mark Binz, Vorstand beim IFF, das Ergebnis.

Auf den Top-Positionen bei den Familienunternehmen finden demnach mit Volkswagen und BMW zwei Konzerne, die auch im Dax eine bedeutende Rolle spielen. Erst danach folgen die Schwarz-Gruppe (Lidl) und Bosch. Zu den großen Verlierern zählt unter anderem die Heraeus Holding, die fünf Plätze auf Rang 17 verlor, zu den großen Gewinnern der Autozulieferer Brose, der um fünf Plätze auf Rang 40 zulegen konnte.


Familienunternehmen gedeihen wie lange nicht mehr

Doch egal, ob Familienunternehmen gleichzeitig börsennotiert sind oder nicht, entscheidend ist, dass sie sich generell fortentwickeln. Das ist 2015 bei den 50 Größten im Land nach zwei Jahren mit eher überschaubarem Wachstum wieder geschehen. Wobei bei der Einzelbetrachtung die größten Zuwächse gerade dort festzustellen waren, wo auch kräftig zugekauft wurde.

Bosch beispielsweise, die Nummer vier unter den deutschen Familienunternehmen, brachte es im vergangenen Jahr auf ein Umsatzplus von 44 Prozent. Das lag vor allem an der vollständigen Übernahme der Hausgerätefirma BSH sowie am Kauf vom ZF Lenksysteme. Ohne die beiden hätte das Plus lediglich zehn Prozent betragen. Ebenfalls kräftig zugekauft hat der Darmstädter Pharmakonzern Merck mit dem Laborausrüster Sigma-Aldrich und Theo Müller (Müller Milch) mit Dairy Crest aus Großbritannien.

Generell geht es den großen deutschen Familienunternehmen im Moment so gut wie lange nicht mehr. 16 der 50 untersuchten Gesellschaften schafften ein Wachstumsplus von mindestens zehn Prozent, nur drei von ihnen machten weniger Umsatz als 2014, nämlich die Heraeus Holding (-17 Prozent), der Chemiehändler Helm (-13 Prozent) und Metro (-1 Prozent).

Spürbar gestiegen ist bei den deutschen Familienunternehmen auch die Zahl der Mitarbeiter, nämlich um 103.000 Stellen auf insgesamt 3,883 Millionen. Herausragend dabei waren der Fleischkonzern Tönnies (+56 Prozent), Theo Müller (+35 Prozent), Bosch (+29 Prozent) und Merck (+25 Prozent).

Der Erfolg der Familienunternehmen macht seit langem schon auch Anleger hellhörig. Börsennotierte Familienunternehmen erzielen langfristig oftmals die bessere Aktienperformance und agieren auch profitabler, haben die Analysten von UBS errechnet. Wesentliche Gründe sind ihrer Ansicht nach die effizientere Unternehmensführung und ein diszipliniertes Kostenmanagement. Hinzu kommt der Langfristansatz, bei dem Quartalszahlen nur eine untergeordnete Rolle spielen. Ist dann noch für eine stringente Nachfolgeregelung gesorgt, ist in vielen Fällen die langfristig nötige Stabilität gegeben.

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