Aldi, dm, Media Markt, Tengelmann Testosteronkriege der Handelshäuptlinge

Der Erbstreit bei Aldi Nord geht in die nächste Runde. Doch nicht nur in der milliardenschweren Discounterdynastie fliegen die Fetzen. Eine Übersicht über den Frontverlauf im deutschen Einzelhandel.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Streit unter den Erben von Aldi-Nord-Gründer Theo Albrecht Quelle: Getty Images

Die Fronten sind verhärtet, das Misstrauen sitzt tief zwischen den Familienstämmen bei Aldi Nord. Auf der einen Seite Gründersohn Theo junior, auf der anderen die Erben von Theo juniors Bruder Berthold, der im November 2012 nach schwerer Krankheit starb. Seither liefern sich die Parteien einen bühnenreifen Kampf um die Macht, gespickt mit gegenseitigen Vorwürfen. So wirft Theo Albrecht junior der Ehefrau seines 2012 gestorbenen Bruders Berthold vor, den Ruf seines Bruders „in unerträglicher Art und Weise“ zu beschmutzen. Das sagte der Unternehmer jüngst der Deutschen Presse-Agentur.

Auslöser war ein Bericht der „Bild am Sonntag“, wonach Bertholds Ehefrau Babette Albrecht eine Erklärung für das Oberverwaltungsgericht Schleswig abgab. Ihr Mann sei aufgrund einer Erkrankung nicht geschäftsfähig gewesen, als er der Teilentmachtung seiner Familie in der Jakobus-Stiftung zugestimmt habe. Diese Stiftung hält große Anteile an Aldi Nord. Umstritten ist vor allem die Zusammensetzung des Vorstandes der Stiftung. Denn durch eine Satzungsänderung kurz vor dem Tod Berthold Albrechts war die Macht der Familie in diesem Gremium spürbar eingeschränkt worden.

Krämer gegen Krämer

Theo Albrecht junior weist die Behauptung einer Geschäftsunfähigkeit seines Bruders entschieden zurück: „Es gab niemals Zweifel an der Geschäftsfähigkeit von Berthold Albrecht. Eine solche Behauptung entbehrt jeder Grundlage (...).“

Die größten Lebensmittelhändler Deutschlands

In erster Instanz hatten Babette Albrecht und ihre Kinder mit einer Klage gegen die Satzungsänderung vor dem Verwaltungsgericht Schleswig aus formalen Gründen Recht bekommen. Gegen diese Entscheidung begehrt Bertholds Bruder Theo Albrecht auf. Er warnte in einem Aufsehen erregenden Interview im „Handelsblatt“ im Sommer: „Wenn die alte Satzung wirklich wieder gelten würde, könnten die Kinder von Berthold zusammen mit ihrem Anwalt das Unternehmen am Nasenring durch die Manege führen.“

Götz gegen Götz

Der Erbstreit bei Aldi Nord ist indes nicht der einzige Disput, der derzeit im deutschen Einzelhandel tobt. Auch zwischen dm-Gründer Götz Werner und Alnatura-Chef Götz Rehn steht es nicht zum Besten. Die langjährige Partnerschaft zwischen ihren Unternehmen war vor geraumer Zeit zerbrochen. Woran sich der Streit entzündet hat, ist zwischen den Parteien umstritten.

Nettoumsatz von Alnatura

Dm habe einseitig Alnatura-Produkte aus den Regalen verbannt zugunsten von Eigenmarken, behauptet Rehn. Das Drogerie-Unternehmen wiederum ist der Auffassung, dass zunächst Alnatura die exklusive Belieferung unrechtmäßig gekündigt habe.

Klar ist, dass inzwischen ein Großteil der Alnatura-Produkte aus den dm-Regalen verschwunden ist und zwei Gerichtsprozesse laufen. In den Verfahren geht es zum einen um die Rechte an der Marke Alnatura, zum anderen um den Einfluss von dm bei der Auswahl neuer Vertriebspartner von Alnatura. Der Streit sorgte für Schlagzeilen, da Rehn und Werner nicht nur auf wirtschaftlicher Ebene eng verbunden sind. Die beiden Unternehmer sind verschwägert und orientieren sich bei der Unternehmensführung an anthroposophischen Ansätzen.

Der Handelskrieg um MediaSaturn

Seit mehr als fünf Jahren liefern sich auch der Milliardär Erich Kellerhals und der Düsseldorfer Handelskonzern Metro einen erbitterten Stellungskrieg, um die Auslegung schwammiger Passagen in Unternehmensverträgen und die Rechte der Gesellschafter bei MediaSaturn. Denn MediaMarkt-Mitgründer Kellerhals hatte vor Jahrzehnten die Mehrheit seines Unternehmens verkauft, sich dabei aber Vetorechte ausbedungen.

Über eine Beiratskonstruktion hebelte die Metroführung diese Konstruktion 2011 aus. Seither beharken sich die Parteien vor Gericht. Zuletzt wurde in mehreren Urteilen zwar die Position von Metro gestärkt. Doch das hat kaum dazu beigetragen, den Konflikt zu befrieden. Im Gegenteil: Kellerhals teilt über seine private Homepage weiter aus und verhindert die Vertragsverlängerung von Managern der Elektronikkette. Inzwischen hat er den Investor Clemens Vedder als Vermittler eingesetzt. Vedder versuche, eine Grundlage für Gespräche zu sondieren, heißt es offiziell.

Dass Vedder durchaus Erfahrung hat mit robusteren Friedensmissionen, belegt ein weiterer Konflikt im Handel. 2011 war Vedder vom Investoren-Ehepaar Hans-Joachim und Gisa Sander eingeschaltet worden, um Bewegung in den Streit mit dem Designer Wolfgang Joop zu bringen. Familie Sander, Kunstsammler, Unternehmer und Miterben des Wella-Imperiums, hatte sich an Joops Modelabel Wunderkind beteiligt, fühlten sich aber getäuscht und wollten ihre Anteile wieder loswerden.

Das Metro-Geschäftsjahr 2014/2015

Per Brief teilte Vedder Joop mit: „Der Laden Wunderkind wurde mit Vollgas gegen die Wand gefahren.“ Millionenbeträge seien „verbraten“ worden und die Zukunftsaussichten seien „mehr als vernichtend“. Um den Druck zu erhöhen, drohten die Sanders auch damit, ihre Anteile an Wunderkind an Vedder abzutreten. Der Finanzinvestor als möglicher Miteigesellschafter dürfte bei dem Designer ähnliche Begeisterung entfacht haben wie ein Einkaufsgutschein für den Textildiscounter Kik. Joop und die Sanders einigten sich schließlich.

„Testosteronkrieg der Häuptlinge“

Auch Rewe-Chef Alain Caparros und Tengelmann-Eigentümer Karl-Erivan Haub kabbeln sich seit zwei Jahren nach Kräften. Als „Testosteronkrieg der Häuptlinge“ hatte der Rewe-Chef die Auseinandersetzungen um die Übernahme der Supermarktkette Kaiser’s Tengelmann mehrfach öffentlich bezeichnet. Eine „Farce" seien die Gespräche gewesen, im Grunde sei Haub nicht ehrlich gewesen. Haub wiederum schimpfte über die „Zerstörungswut der Gegner“ - und meinte damit natürlich Caparros.

Das ist Kaiser's Tengelmann

Knackpunkt war die Frage, ob Rewes Wettbewerber Edeka sämtliche Supermärkte von Kaiser‘s Tengelmann übernehmen darf. Caparros wehrte sich von Anfang an dagegen und ging juristisch gegen die Pläne vor. „Die Handelsbranche ist kein Ponyhof“, sagte er der WirtschaftsWoche. „Herr Haub und ich werden sicherlich keine Freunde mehr. Aber das Ziel kann es auch nicht sein, dass wir nächstes Jahr gemeinsam in den Urlaub fahren. Wir müssen für die Märkte und die Mitarbeiter eine Lösung finden - darum geht es.“

Letzteres scheint trotz aller Animositäten zu gelingen. Rewe soll einen Teil der Kaiser’s Tengelmann-Filialen in Berlin erhalten. Die Verträge zur Übernahme und Aufteilung von Kaiser's Tengelmann sollen bis zum 2. Dezember unterschriftsreif sein.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%