Der Tag danach begann mit Rabatten: Die Warenhauskette Kaufhof lockte am Donnerstag nach dem WM-Aus der deutschen Mannschaft mit einem „Trostrabatt“ von 40 Prozent auf die Trikots. Auch bei vielen anderen Händlern werden die Trikots seither verramscht.
Wird die Fußball-WM also nicht nur für Fans der deutschen Mannschaft zum Debakel, sondern auch für Lebensmittelhändler und Gastronomen, die auf zusätzliches Geschäft gehofft hatten?
Nicht unbedingt, zeigt eine Analyse des Marktforschungsunternehmens Nielsen, die der WirtschaftsWoche vorliegt. Die Nielsen-Experten haben dafür untersucht, wie sich das Einkaufverhalten in den Wochen vor und nach Welt- beziehungsweise Europameisterschaften entwickelt. Das Ergebnis ist zunächst nicht allzu überraschend: „Im Schnitt schauen rund 40 Prozent der deutschen Fußball-Fans die Spiele in großer Runde. Und dafür wird oft extra eingekauft“, sagt Michael Griess, Lebensmittel-Experte und Commercial Director von Nielsen. Vor allem das Fußball-Dreigestirn Bratwurst, Bier und Chips stünde bei Ballevents regelmäßig hoch im Kurs. So stiegen die Bratwurstumsätze zur WM in Südafrika 2010 laut den Nielsen Daten um fast 50 Prozent, der Bier-Absatz kletterte um 15 Prozent. Und zur EM 2016 kauften die Deutschen 13 Prozent mehr Snacks wie Chips und Salzstangen.





Auch für die Weltmeisterschaft rechnen die Nielsen-Experten mit Umsatzzuwächsen. „Das frühe WM-Aus der deutschen Mannschaft ist sicherlich ein Dämpfer“, sagt Experte Griess. „Man darf die Auswirkungen aber nicht überbewerten.“ Einen Teil ihrer WM-Umsätze hätten Händler und Gastronomen schließlich bereits vor dem ersten Anpfiff und in der Vorrundenzeit eingespielt.
„Darüber hinaus läuft die Vermarktungsmaschinerie weiter. Viele WM-Angebote und Preisaktionen sind im Handel bereits fest eingeplant“, sagt Griess. „Sie werden also in jedem Fall stattfinden und dürften auch Auswirkungen auf den Absatz der Produkte haben.“ Und natürlich würden sich viele Fußball-Fans auch die Spiele anderer Mannschaften ansehen – „weiterhin gern verbunden mit Grillabenden in großer Runde.“
Ähnlich argumentiert der Kölner Supermarktkonzern Rewe. Rewe-Chef Lionel Souque hatte vor Beginn der Fußball-WM erklärt, er rechne bei einem guten Abschneiden der deutschen Mannschaft bei der Weltmeisterschaft mit einem zusätzlichen Umsatzschub von „mindestens zwei Prozent“ - nicht zuletzt durch größere Umsätze mit Snacks, Getränken und Grillfleisch. Ein Unternehmenssprecher relativierte mit Blick auf das gute Wetter aber die möglichen Effekte des frühen Ausscheidens. „Wir gehen davon aus, dass sich aufgrund der anhaltenden sommerlichen Temperaturen gerade Artikel wie Grillgut, Getränke und Snacks weiterhin positiv entwickeln werden.“
Für die Nielsen-Experten stellt sich ohnehin eher die Frage, wie es nach dem Ende der WM weitergeht. „Wir gehen davon aus, dass viele Verbraucher die WM-Angebote nutzen, um sich zum Beispiel mit Knabberzeug zu bevorraten und die Reserven dann über die Sommermonate hinweg aufzubrauchen“, sagt Griess. „Hierdurch sind Effekte auf die Umsatzentwicklung im August zu erwarten.“
Auch in der Gastronomie dürfte das frühe WM-Aus nicht nur für Frust sorgen. Zwar haben viele Gastwirte eigens Kellner angeheuert, Leinwände und Fernseher gekauft und Bier gehortet, um sich auf den erwarteten Public-Viewing-Ansturm bei Spielen der deutschen Elf vorzubereiten. Der fällt nun aus. Doch spannende Spiele dürften die Menschen auch weiterhin in die Strandbars, Biergärten, Kneipen und Cafés in Deutschland locken. Zudem könnte es zu einer teilweisen Umverteilung der Umsätze kommen. Klassische Restaurants blieben in WM-Zeiten bislang oft gähnend leer. Ihre Betreiber können sich nun wohl trotz WM wieder über mehr Gäste freuen.