Deutsche Discounter in Großbritannien „Es wird schwer, den Aufstieg von Aldi und Lidl zu bremsen“

Aldi und Lidl werden in Großbritannien auch in den kommenden Jahren kräftig wachsen. Quelle: dpa

Aldi und Lidl werden in Großbritannien auch in den kommenden Jahren kräftig wachsen, zeigt eine Prognose des Marktforschers Planet Retail. Woran das liegt, erklärt Discountexperte Boris Planer.

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Herr Planer, die deutschen Discounter sind in England seit Jahren auf Erfolgskurs. Wird sich die Entwicklung fortsetzen?
Großbritannien ist für Aldi und Lidl einer der wichtigsten Wachstumsmärkte in Europa. Nach unseren Prognosen wird sich daran so schnell auch nichts ändern. Wir gehen davon aus, dass Aldi die Filialzahl auf der Insel in den kommenden fünf Jahren auf rund 1050 steigern wird. Lidl dürfte dann knapp über 1000 Märkte betreiben. Die Bruttoumsätze von Lidl sehen wir 2023 bei 10,4 Milliarden Pfund, die von Aldi sogar bei 15,7 Milliarden Pfund.

Zur Person

Wird der Brexit das Geschäft belasten?
Die deutschen Discounter sind gut gerüstet für den Brexit. Sie beziehen inzwischen viele Waren von britischen Herstellern, was Kursverluste des britischen Pfunds abfedert. Aldi und Lidl werden sogar profitieren, wenn in Großbritannien künftig mehr Verbraucher beim Einkauf auf den Preis achten müssen. Das zeigte schon die letzte Krise im Land im 2008/09.

Inwiefern?
Die Discounter hatten lange Zeit Probleme, auf der Insel Fuß zu fassen. Die Einkaufstüte war eine Art Statussymbol für die britische Mittelschicht. In dem traditionell klassenbewussten Land wollte niemand aus der Mittelschicht von Nachbarn oder Freunden in einem Billigladen gesehen werden. Erst in der Wirtschaftskrise 2008 änderte sich das. Um zu sparen, betraten viele Briten erstmals eine Filiale von Aldi oder Lidl. Das Stigma, das den Discountern anhaftete, löste sich binnen zwei Jahren weitgehend auf. Das war der Durchbruch.

Hat nur die wirtschaftliche Not die Kunden überzeugt?
Die Krise war als Initialzündung wichtig. Genauso wichtig war allerdings, dass Aldi und Lidl ihre operativen Schwachstellen angepackt haben. Das Sortiment wurde stärker auf den britischen Geschmack zugeschnitten, die Werbung zielte nicht mehr nur auf den Preis, sondern auch auf die Qualität der Produkte. Das alles hat dazu geführt, dass die Kunden den Discountern treu blieben, als es wirtschaftlich wieder aufwärts ging.

Was tut die britische Konkurrenz gegen die "deutsche Gefahr"?
Lange Zeit wurden Aldi und Lidl unterschätzt, bis in den vergangenen Jahren ein Umdenken stattgefunden hat. Die führenden einheimischen Händler haben massiv in Eigenmarkensortimente und ihre Preiswahrnehmung investiert, ohne dabei das Einkaufserlebnis und die digitale Transformation zu vernachlässigen. Der Marktführer Tesco plant nach Medienberichten jetzt sogar Einführung eines eigenen Discountformats. Ein solcher Schritt, wenn er denn tatsächlich umgesetzt wird, ist allerdings nicht ohne Risiken, dürfte hohe Investitionen erfordern und über Jahre Kräfte binden. Aldi und Lidl haben ihre Hausaufgaben gemacht. Für die britischen Wettbewerber wird es schwer werden, ihren Aufstieg zu bremsen.

Die Expansion von Aldi und Lidl nach Großbritannien galt als Reinfall – heute treiben sie die Konkurrenz vor sich her. Die Hintergründe lesen Sie im großen Bericht der WirtschaftsWoche.

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