Im Kampf gegen irreführende Vermarktung von Lebensmitteln hat die Verbraucherschutzorganisation Foodwatch ein Hackfleisch-Produkt der „netto“-Lebensmittelmärkte aufs Korn genommen. Für gestrecktes Hackfleisch werde 30 Prozent mehr Geld verlangt, dabei enthalte das Produkt 30 Prozent weniger Fleisch, kritisierte die Organisation und rief zu Beschwerden auf. Der Marken-Discounter strecke fettreiches Hackfleisch mit „einer Pampe aus Wasser, Weizeneiweiß und Mehl“ und biete das Produkt als Hackfleisch mit 30 Prozent weniger Fett an, teilte Foodwatch am Donnerstag in Berlin mit. Netto erklärte, es handele sich wie deklariert um eine
„Zubereitung aus Hackfleisch“ und nicht um reines Hackfleisch. Das Produkt sei für Kunden, „die sich bewusster und ausgewogener ernähren wollen“.
Rote-Beete-Saft, Mehl und Wasser
Dabei enthält Nettos Hackfleisch light sogar mehr Fett als das meiste frisch durch den Fleischwolf gedrehte Hackfleisch von der Bedien-Theke - denn dafür wird in der Regel höherwertiges, mageres Fleisch verwendet. Der Werbehinweis auf „30 Prozent weniger Fett“ stimmt nur im Vergleich mit anderem verpackten Hackfleisch aus dem Selbstbedien-Regal, für das meist billigeres, fettreiches Fleisch verwendet wird. Ein solches Produkt bietet der Discounter ebenfalls an - es kostet jedoch weitaus weniger als das gestreckte Hack-Produkt. So kostet ein Kilogramm Hackfleisch circa vier Euro, Fleisch mit Wasser und Mehl vermischt dagegen rund 5,50 Euro. „Hier geht es ganz offensichtlich nicht um ein schlankes, gesünderes Produkt, sondern ganz allein um mehr Brutto für Netto“, kritisiert Oliver Huizinga von foodwatch. Die 30 Prozent Fleisch ersetzt der niederländische Fleischkonzern Vion, der für die Netto-Eigenmarke „Viva Vital“ produziert, durch Wasser und „texturiertes Weizenprotein“ für die „fleischähnliche“ Konsistenz und Rote-Beete-Saft sowie Paprikaextrakt für die „fleischähnliche Farbe“. Huizinga fasst zusammen: „Nie war so wenig Fleisch im Hack, nie war schnittfestes Wasser so teuer.“
Rechtlich einwandfreier Schwindel
Netto Marken-Discount wies die Vorwürfe zurück. Bei dem Artikel „Viva Vital Zubereitung aus Hackfleisch gemischt mit pflanzlichem Eiweiß“ handele es sich um eine Fleischzubereitung und kein reines Hackfleisch, erläuterte das Unternehmen. Das sei auch so deklariert. „Dafür wurde herkömmliches Hackfleisch mit wertvollem pflanzlichem Eiweiß in Form von Weizenprotein kombiniert“, heißt es in einer Mitteilung des Unternehmens aus der Edeka-Gruppe. Im Unterschied zu normalem Hackfleisch sei es „eine Alternative mit pflanzlichem Eiweiß“. Die Auszeichnung „30 Prozent weniger Fett“ beziehe sich auf den Vergleich mit verpacktem, im Selbstbedienungsfach angebotenem Hackfleisch. Rechtlich ist diese Etikettierung zulässig.
Auch andere als fettreduziert beworbene Produkte entpuppen sich als gestreckte Varianten des Originals - und damit als teurer Etikettenschwindel: Die „Thomy légère leichter als Mayonnaise“ von Nestlé besteht nicht wie echte Mayonnaise hauptsächlich aus Öl und Eigelb, sondern zum Großteil aus Wasser - das könnten Verbraucher aber auch selbst in Mayonnaise rühren. Auch die „Kokosnussmilch light“ von Exotic Food besteht in erster Linie aus Wasser. Sie enthält gerade einmal 23 Prozent Kokosnuss, ist aber nur etwa 10 Prozent günstiger als das „Original“ vom selben Hersteller mit einem Kokosnuss-Anteil von 85 Prozent. Und Unilever streckt seinen Butterersatz „Lätta & luftig“ mit Luft. Das Ergebnis: 320 Gramm der mit Stickstoff aufgeschlagenen Halbfettmargarine kosten genau so viel wie 500 Gramm normale Lätta.