Ach ja, die Sache mit dem Fleischwolf. Die ist den Mitarbeitern in der Retourenabteilung von Media Markt nachhaltig in Erinnerung geblieben. Wenngleich in unguter. Ein Kunde hatte über den Onlineshop des Elektronikhändlers einen elektrischen Fleischwolf gekauft, ausgiebig ausprobiert und wieder zurückgeschickt – reichlich Hackfleisch inklusive. Da das Paket ein paar Tage unterwegs war, „können Sie sich sicherlich auch vorstellen, wie es gerochen und ausgesehen hat“, heißt es bei Media Markt. Auch vielen anderen Händlern ist der Umgang mit „heiklen Retourenkunden“ vertraut, auch wenn sich Branchengrößen wie Amazon oder Zalando nicht offiziell äußern möchten.
Hinter den Kulissen berichten Händler dafür über umso drastischere Retouren-Fälle. Von verunreinigter Ware ist da die Rede, die teils Kot-beschmiert zurückgeschickt werde. Von abgenutzten Produkten und plumpen Betrugsversuchen, wenn etwa ganz andere und deutlich billigere Artikel ins Paket gepackt werden, als auf dem Retourenschein vermerkt. In den Logistikzentren bleibt dann oft nur eine Option: Vernichtung.
Nur Einzelfälle? Sicher. Trotzdem ist auch das Rücksendeverhalten der Verbraucher entscheidend, wenn über die Vernichtung von Ware im Onlinehandel diskutiert wird. Die Debatte, die im vergangenen Jahr durch Recherchen der WirtschaftsWoche und des ZDF-Magazins „Frontal 21“ angestoßen wurde, ist wichtig. Nach wie vor werden viel zu viele Produkte, die sich eigentlich aufarbeiten lassen, kurzerhand entsorgt. Tonnenweise Retouren, aber auch Neuware, die sich nicht verkauft, landet im Abfall. Doch zur Wahrheit gehört auch, dass nicht sämtliche Retouren, die an Händler zurückgeschickt werden, wieder angeboten werden können. Teils weil ihr Zustand zu miserabel ist, teils weil gesetzliche Vorschriften dem entgegenstehen.
So verbieten Hygienevorschriften und Sicherheitsbestimmungen eine Weiterverwendung einzelner Artikel. Wie etwa soll bei Lebensmitteln geprüft werden, ob sie noch genießbar sind und ob die Kühlkette eingehalten wurde, oder ob im Extremfall nicht Kriminelle den retournierten Babybrei vergiftet haben könnten. Auch bei Parfüms und Cremes besteht Manipulationsgefahr. Und ob die Freude über retourniertes Sexspielzeug beim Zweiterwerb wirklich groß wäre?
Ab Aschermittwoch gehen Kostüme zurück
Derlei Artikel werden aber ohnehin eher selten zurückgeschickt. Stattdessen dominieren Modeartikel die Liste der meistretournierten Produkte. Bei einem großen deutschen Onlinehändler wird beispielsweise jedes fünfte Wäschestück an den Absender zurückgeschickt. Bei Schuhen beträgt die Retourenquote gut 34 Prozent, bei Badtextilien 45 Prozent und bei „junger Mode“ gar bis zu 50 Prozent. Überwiegend handelt es sich dabei um so genannten Auswahlretouren, bei denen Kunden ein Kleidungsstück in mehren Größen oder Farben bestellen, um sich nach der Anprobe für eines zu entscheiden. Die Aufbereitung der Artikel ist meist überschaubar und gehört zum Geschäft dazu. Schon eher ärgern sich Händler über jene Dauerretournierer, die das deutsche Rücksendesystem und die Kulanz vieler Anbieter ausnutzen.
Vor ein paar Jahren sorgten etwa „Zalando-Partys“ für Furore, bei denen Provinz-Teenager haufenweise Schuhe und Kleider bei dem Berliner Modeversender orderten, um sich am gemeinschaftlichen Aufbrezeln zu erfreuen – und den Fummel hernach wieder loszuwerden. Gratis, versteht sich.
Zum klassischen Gruselkanon der Internet-Zunft zählen Berichte über Brautkleider, die nach der Feier plötzlich nicht mehr passen und samt Lippenstiftspuren wieder zurückgeschickt werden. Sobald die letzte Wiesn-Maß gezapft wurde, sollen auch vermehrt Oktoberfest-Dirndl wieder bei den Händlern eintrudeln, ab Aschermittwoch dann Kostüme. Und die Mängel neuer Großbildfernseher bemerken Fußballfans besonders gern, nachdem das Endspiel abgepfiffen wurde. Kein Wunder, dass sich in den Hosentaschen retournierter Smokings regelmäßig Eintritts- und Menükarten finden und an Wintersportklamotten bisweilen noch die Skipässe baumeln. Um möglichst schnell mit dem jeweils neuesten iPhone telefonieren zu können, bestellten Apple-Fans zum Verkaufsstart neuer Geräte in der Vergangenheit oft vorsorglich gleich bei mehreren Elektronikshops, nahmen aber nur das erste Paket an.
Derlei Stories sind Legende unter Logistikern, über ihren Umfang gibt es dennoch kaum Statistiken. Allzu häufig dürften die Pakettrickser mit derlei Manövern inzwischen allerdings nicht durchkommen. Nach besonders dreisten Aktionen sperren Onlinehändler den betreffenden Account, oder stellen auf Zahlung per Vorkasse um.
In einem Fall, der sich im Lager eines norddeutschen Handelshauses abspielte, hätte allerdings selbst das kaum geholfen. Dort sprang zum Erstaunen der Logistikkräfte vor einiger Zeit eine Katze aus einem zurück gesendeten Paket. Das Tier sei versehentlich in den Pappkarton geraten, vermuteten die Mitarbeiter und meldeten sich bei der Absenderin, um die Abholung zu klären. Allein, die Kundin wollte die Katze nicht retour. Eine Mitarbeiterin adoptierte schließlich das Tier.




