Karstadt/Kaufhof Endspiel für René Benko

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Viel Zeit bleibt nicht mehr

So sollen die Konditionen mit Vermietern nachverhandelt werden. Von 1600 Stellen in der Hauptverwaltung fallen bis 2020 rund 400 weg. 1280 Arbeitsplätze wurden bereits in den Filialen gestrichen. Die Häuser in Gera, Solingen und Hof werden in den kommenden Monaten geschlossen. Und das Management verhandelt mit Verdi seit Freitag über ein Sanierungsprogramm. Einer der Eckpfeiler: neue Partnerschaften.

Viel Zeit für das Wiederbelebungsprogramm bleibt nicht. Denn der große Konkurrent Karstadt hat ähnliche schmerzhafte Einschnitte bereits hinter sich. Er kann nach den Sparrunden sogar erstmals wieder an Expansion denken, selbstbewusst zwei neue Filialen in Berlin ankündigen und mit neuen Konzepten glänzen - ein großer Zeitvorsprung vor dem Rivalen aus Köln.

Das Vertrauen der Mitarbeiter in Eigentümer HBC hat seit der Übernahme vor drei Jahren stark gelitten. Damals sah alles nach einer Traumhochzeit aus: Neben HBC hatte 2015 auch der österreichische Immobilieninvestor René Benko, Inhaber des Konkurrenten Karstadt, Interesse an Kaufhof gezeigt. Die Sorge war groß, dass Benko die Ketten fusionieren und viele Arbeitsplätze streichen würde. Da schienen die Kanadier als Warenhausbetreiber ohne Standorte in Deutschland und mit Tradition seit 1670 die bessere Wahl. Noch dazu, weil sie versprachen, viel Geld zu investieren, um die Filialen wieder flottzumachen.

Eine Milliarde Euro sollte nach Europa fließen, ein neues Logistikzentrum entstehen, der Onlinehandel ausgebaut werden. Kaufhof sollte in Zukunft nicht weniger, sondern mehr Mitarbeiter beschäftigen. So mancher trug fortan sogar Turnschuhe mit dem HBC-Logo drauf. Schon damals aber gab es Skeptiker, die bezweifelten, dass HBC genug vom deutschen Handel versteht. Die Kanadier wiegelten ab, sie hätten fast zehn Jahre lang die Finessen des europäischen Warenhauswesens studiert. Kaufhof sei der "Start eines aufregenden Abenteuers", jubelte Großaktionär und HBC-Aufsichtsrat Richard Baker.

Inzwischen steht fest: Abenteuerlich waren vor allem Bakers Versprechen. Beispiel: die angekündigte Milliardeninvestition. Seit der Übernahme von Galeria Kaufhof habe HBC tatsächlich "mehr als eine halbe Milliarde Euro in das Europageschäft investiert", so Kaufhof-Chef Neuwald. Davon ging aber nur ein Teil an Kaufhof. HBC finanzierte stattdessen eine neue Warenhauskette in den Niederlanden und brachte die Outletkette Saks Off Fifth nach Europa. Die Runderneuerung der Kaufhof-Filialen blieb auf Solitäre beschränkt. Dennoch musste Kaufhof künftig mehr Miete für die Warenhäuser an ein Joint Venture von HBC abdrücken.

Müssen die Kaufhof-Beschäftigten für die Probleme der Kette zahlen?

Viel Zeit bleibt dem Kaufhof-Management nicht mehr. Denn der große Konkurrent Karstadt hat solche schmerzhaften Einschnitte bereits hinter sich. Er kann nach den Sparrunden sogar erstmals wieder an Expansion denken, selbstbewusst zwei neue Filialen in Berlin ankündigen und mit neuen Konzepten glänzen - ein großer Zeitvorsprung vor dem Rivalen aus Köln. Und jede Menge Selbstbewusstsein für die kommenden Verhandlungen.

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