
Spülbürsten kann jeder. Ein 99-Cent-Produkt, das einfach sauber machen soll. Aber der Haushaltswarenhersteller Koziol aus dem Odenwald hat es geschafft, aus der simplen Bürste ein Designobjekt zu machen. Die knallbunten und stylish-geformten Bürsten, Eierschneider und Saftpressen kosten dafür auch ein paar Euro mehr. Geld, das nicht jeder ausgeben will, aber dennoch nicht auf das schicke Ding in der Küche verzichten möchte. Und genau hier liegt das Problem. Der Mittelständler findet fast jede Woche ein Plagiat der Küchen- und Badutensilien in Supermarktregalen, bei Discountern oder in Restpostenläden. Von einer Saftkanne entdeckte Koziol über 100 verschiedene Kopien, von der Käsereibe "Kasimir" in Form eines Stachelschweins fand das Unternehmen neulich zwei Kopien aus der Türkei und aus China. "Das ist nur die Spitze des Eisbergs, denn viele Plagiate werden gar nicht erst entdeckt", sagt Geschäftsführer Stephan Koziol. Den Produkten sah man die Fälschung nicht an. Selbst der Slogan war auf der Verpackung zu lesen - nur der Markenname fehlte. Die gefälschte Reibe kostete nur einen Bruchteil des Originalpreises.
Solche Entdeckungen macht nicht nur Koziol. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young hat 24 deutsche Unternehmen zu ihren Erfahrungen mit Markenpiraterie befragt. Das Resultat: Mehr als 79 Prozent finden ständig, zumindest aber mehrmals im Jahr Fälschungen ihrer Produkte. Laut Studie werden, wie auch im Fall des Unternehmens Koziol, Marken eines Unternehmens oder das Produktdesign gefälscht. Mehr als ein Drittel der Maschinenbauer und der Automobilzulieferer sind von der Verletzung technischer Schutzrechte betroffen.
Diese Eigentumsrechte gibt es
Eine Marke beschreibt beziehungsweise schützt den Namen, das Logo, die Verpackung oder Abbildungen eines Produkts. So sind beispielsweise die Streifen auf Turnschuhe von Nike eine Marke, genauso wie der angenagte Apfel des US-Unternehmens Apple eine eingetragene Marke ist.
Wer diese optischen Merkmale für sein Produkt imitiert, verletzt das Markenrecht.
Patente werden für Erfindungen eingetragen. Damit das Patentamt eine Erfindung patentiert, muss sie neu sein. Ein Patent auf das Rad kann sich also niemand eintragen lassen, wohl aber auf einen völlig neuen Autoreifen. Weitere Voraussetzungen für ein eingetragenes Patent sind die sogenannte erfinderische Tätigkeit und der gewerbliche Nutzen dessen, was patentiert wird.
Das Gebrauchsmuster oder "kleines Patent" schützt ebenfalls neue Erfindungen. Der Unterschied zum Patent ist, dass das Gebrauchsmuster nur für Verbesserungen und Neuerungen an schon bestehenden Geräten, Maschinen oder chemische Stoffen vergeben wird.
Wie das Patent muss auch das Gebrauchsmuster beim Deutschen Patent- und Markenamt angemeldet werden.
Das Geschmacksmuster schützt das Design eines Produktes. So lässt sich beispielsweise ein Geschmacksmuster für ein achteckiges Bügeleisen anmelden oder auf grün-gelb-karierte Smartphones. Das sogenannte Geschmacksmustergesetz (GeschmMG) sagt dazu (Paragraph 2, Abschnitt 1), dass ein Design, auf das ein Geschmacksmuster angemeldet wird "neu sein und Eigenart besitzen" muss.
Weiter heißt es: "Neu ist ein Muster dann, wenn vor dem Anmeldetag kein identisches Muster bekannt gemacht, ausgestellt, im Verkehr verwendet oder auf sonstige Weise der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde."
Ein weiteres, viel diskutiertes Recht ist das Urheberrecht. Für die Industrie eher uninteressant schützt es Musik, Filme sowie allgemein Werke aus Literatur, Wissenschaft und Kunst.
Der Sortenschutz schützt das geistige Eigentum an Pflanzenzüchtungen. Das heißt, dass ein Züchter, der eine bestimmte Pflanze durch Kreuzungen gezüchtet hat, sich diese eintragen lassen kann. Auch hier gibt es ein Gesetz, dass den Sortenschutz regelt: Laut Paragraph eins des Sortenschutzgesetzes (SortenschutzG) bekommen die Pflanzensorten ein Schutzrecht, die von anderen Pflanzen unterscheidbar, homogen, beständig und neu sind.
Den Halbleiterschutz können Hersteller für besondere dreidimensionale Strukturen ihrer Produkte beantragen.
Unternehmen, die ihre Produkte in bestimmten Regionen gewinnen, können mit geografischen Herkunftsangaben werben und ihre Produkte damit kennzeichnen. Heißt: Wer "blue Mountain coffee" verkauft, der sollte auch die Kaffeebohnen anbieten, die an den jamaikanischen Blue Mountains wächst.
Besonders häufig kommen Produktplagiate in Branchen mit hohen Preisspannen vor wie etwa bei Luxusartikeln. "Oder im Pharmabereich, wo sich mit geringwertigen Mixturen hohe Margen abgreifen lassen", weiß Stefan Heißner von Ernst & Young.
Imageschaden durch Fake-Produkte
Das heißt aber nicht, dass sich andere Branchen entspannt zurücklehnen können. Gefälscht wird alles – von der Handtasche bis zum Motorrad. Darunter leidet auch der deutsche Motorsägenhersteller Stihl aus Waiblingen bei Stuttgart. Über zehntausend gefälschte Motorsägen ließ das Unternehmen bereits beschlagnahmen und vernichten. Zunächst wurden nur Ersatzteile gefälscht, seit den 90er-Jahren ältere Sägen und inzwischen auch die aktuellen Modelle.
Das Unternehmen mit 12.000 Mitarbeitern und über 2,5 Milliarden Euro Umsatz erleidet dadurch nicht nur Umsatzeinbußen. "Wenn jemand ein fehlerhaftes Produkt bei einem namhaften Hersteller kauft, entsteht der Marke in jedem Fall ein Imageschaden", sagt Heißner. "Da kann das Unternehmen nur hoffen, dass sich der Kunde beschwert und die Fälschung so aufgedeckt wird. Im schlimmsten Fall kommt er einfach nicht wieder." Besonders Unternehmen aus der Maschinen- oder Anlagenbaubranche fürchten, dass fehlerhafte Imitate ihrer Produkte negativ auf sie zurückfallen.