
WirtschaftsWoche: Herr Geiwitz, vor fünf Jahren hat die Drogeriekette Schlecker Insolvenz angemeldet. Was ist von dem Konzern übrig geblieben?
Arndt Geiwitz: Im Ausland existieren bis auf Österreich noch alle Geschäfte unter anderem Namen, in Deutschland nicht viel. Es gibt einige Eigenmarken von Schlecker, die nun von anderen Händlern genutzt werden. Aber in Deutschland sind alle Schlecker-Filialen geschlossen worden, die Immobilien des Konzerns wurden großteils verkauft. Auch die frühere Konzernzentrale, ein Glaspalast in Ehingen, gehört einem neuen Besitzer.
Ist die Marke Schlecker noch zu haben?
Jederzeit, wenn Sie einen ordentlichen Betrag auf den Tisch legen. Aber im Ernst: Der Name Schlecker wird nicht unbedingt mit einem erfolgreichen Geschäftsmodell in Verbindung gebracht. Wir wollen die Marke auch nicht an Glücksritter verkaufen, die den Namen dann für fragwürdige Geschäfte missbrauchen. Das macht es schwer, einen Käufer zu finden. Das Thema steht auf unserer Prioritätenliste aber ohnehin nicht an erster Stelle.
Sondern?
Schlecker wurde in der Vergangenheit durch Kartellabsprachen verschiedener Lieferanten massiv geschädigt. Wir gehen gegen die Beteiligten aus fünf Kartellen gerichtlich vor, darunter sind Hersteller von Kaffee, Süßwaren, Drogerieartikeln und Waschmitteln. Die Kartelle sind eindeutig belegt, und das Bundeskartellamt hat bereits entsprechende Bußgelder verhängt. Wir fordern nun Ersatz für den Schaden, der Schlecker durch die überhöhten Preise entstanden ist.

Um welche Summen geht es?
Insgesamt belaufen sich unsere Forderungen auf rund 335 Millionen Euro ohne Zinsen. Bei den Herstellern, die wir verklagen, sorgt das natürlich nicht gerade für Begeisterung. Direkt nachdem wir eine Klage eingereicht hatten, wurde ich von einem Managers eines betroffenen Konzerns gefragt, ob der Fall Schlecker nicht schon genug Schaden angerichtet habe.
Was haben Sie geantwortet?
Dass ich das Unternehmen nicht aus Spaß verklage, sondern dass es meine Aufgabe als Insolvenzverwalter ist, dafür zu sorgen, dass der finanzielle Schaden für die Gläubiger so gering wie möglich ausfällt. Schadensersatzzahlungen kämen in erster Linie den rund 27.000 früheren Beschäftigten von Schlecker zugute. Insgesamt haben wir in dem Verfahren zwar bereits rund 270 Millionen Euro an Gläubiger ausgezahlt. Das Geld floss aber zunächst vor allem an Lieferanten und Gläubiger, die über Sicherheiten verfügten. Sollten nun die Kartellverfahren Erfolg haben, würden die ehemaligen Mitarbeiter davon am stärksten profitieren. Die rechtliche Auseinandersetzung dürfte einige Zeit dauern, aber wenn wir jetzt das Verfahren beenden würden, wäre niemandem geholfen.
Die Schlecker-Insolvenz in Zahlen
... Menschen kostete die Schlecker-Pleite den Job
... Mitarbeiter hatte Schlecker zu Bestzeiten
... Schlecker-Märkte gab es vor der Insolvenz im In- und Ausland
... Euro zahlte ein Hilfsfonds an Ex-Mitarbeiter
... Milliarde Euro forderten Gläubiger nach der Pleite
... Millionen Euro zahlte Anton Schleckers Familie an die Insolvenzverwaltung
Wie lange wird Sie der Fall beschäftigen?
Ohne die Kartellverfahren wären wir in zwei Jahren durch. Aber mit dem Risiko, dass wir uns durch die Instanzen prozessieren müssen, könnte sich das Verfahren deutlich verlängern. Ich gehe davon aus, dass das Schlecker-Insolvenzverfahren insgesamt noch vier bis fünf Jahre dauern wird.