




Die Amerikaner haben im Jahr 2011 rund sechs Milliarden Dollar für Weihnachtsdekoration ausgegeben, wie die Einzelhandelsorganisation National Retail Federation bekannt gegeben hat. Im Schnitt gab also jeder US-Bürger 47 Dollar für Christbaumkugeln, Lichterketten, Pyramiden, Strohsterne, Rentiere, Engelchen und Krippenfiguren aus. Hinzu kamen noch einmal 18 Dollar für Weihnachtssterne und Christbäume. Von dem alljährlichen Run auf die käufliche Glückseligkeit profitiert auch ein kleines Familienunternehmen aus dem fränkischen Rothenburg ob der Tauber - von der saisonalen Botanik allerdings abgesehen.
In den Geschäften von Berlin und Oberammergau bis ins französische Riquewihr oder das belgische Brügge bringen die Mitarbeiter von Käthe Wohlfahrt Schwibbögen, Zinkfiguren, Christbaumkugeln und Nippesfigürchen an den Mann. Außerdem ist das Unternehmen auf mehr als 50 Weihnachtsmärkten in Deutschland, Frankreich, Italien, Belgien und der Schweiz vertreten und verkauft dort traditionellen Weihnachtsschmuck. Allein die Website des mittelständischen Kunstbetriebs richtet sich an Kunden aus acht Nationen: Neben Weihnachtsfans aus Deutschland werden auch Franzosen, Briten, Spanier, Italiener, Russen, Chinesen und Amerikaner angesprochen. In diesem Jahr ist das Unternehmen Käthe Wohlfahrt sogar in Texas auf einem der Märkte vertreten. So freut sich Kundin Carol Ann Parisi-Rees auf der Facebook-Seite des Unternehmens "Love this store!!! Excited that they will be part of the Christmas Market in Arlington, TX!"
Die zehn Städte mit den meisten Weihnachtsmarktbesuchern
Hamburg
1,8 Millionen Besucher
Nürnberg
2,0 Millionen Besucher
Erfurt
2,0 Millionen Besucher
Leipzig
2,2 Millionen Besucher
Dresden
2,5 Millionen Besucher
München
2,8 Millionen Besucher
Stuttgart
3,0 Millionen Besucher
Frankfurt am Main
3,0 Millionen Besucher
Dortmund
3,6 Millionen Besucher
Köln
4,0 Millionen Besucher
Besinnliche Gefühle kaufen
Aber woran liegt es, dass überall auf dem Globus Menschen, die sonst jeden Cent zweimal umdrehen, pünktlich zur Adventszeit jede Vernunft fahren lassen? Die plötzlich statt in neue Autos, das Hochschulstipendium der Kinder oder Dax-Aktien in Engelsfiguren, Rentiere und Weihnachtsmänner investieren? Warum karren Menschen Jahr für Jahr neuen Kitsch in ihr Zuhause, um dieses für vier Wochen in ein blinkendes, glitzerndes Abbild der "Schöner Wohnen - Adventsspezial" zu verwandeln?
"Der religiöse Bezug nimmt ab, Kitsch und Kommerz sind die Kompensationsformen", erklärt Marius Werkhausen vom Marktforschungsinstitut Yougov in Köln. In das gleiche Horn bläst auch Konrad Paul Liessmann, Professor für Methoden der Vermittlung von Philosophie und Ethik am Institut für Philosophie der Universität Wien. "Weihnachten ist im Reigen der Konsumfeste konkurrenzlos", sagt er. Da irgendwo in den Menschen aber immer noch das Gefühl vorhanden sei, dass Weihnachten ein religiöses Fest mit einer tiefgründigen Bedeutung sei, wolle man diesem Gefühl irgendwie Ausdruck verleihen. "Nach dem Kaufrausch im durchgestylten Shoppingcenter geht es dann auf den urigen, traditionellen Weihnachtsmarkt, wo diese religiösen Gefühle wiederum durch Konsum ausgedrückt werden", erklärt Liessmann. Wir kaufen uns das Gefühl, dass Weihnachten für uns mehr als Geschenke und Kommerz ist.