Zigaretten China kommt kaum los von der Nikotin-Sucht

China ist der größte Zigarettenmarkt der Welt. Die Herstellung liegt bis heute in staatlicher Hand. Zehn Prozent seiner Einnahmen generiert das Land mit der Sucht. Doch die Angst vor den Risiken lässt Peking umdenken.

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China ist der größte Tabakmarkt der Welt. Quelle: dpa

Vorsichtig dreht Geng Lei den kleinen Metallstift in seinen Händen. Er öffnet ihn in der Mitte und zeigt auf die Spitze am Ende. „Hier wird die Zigarette angebracht“, erklärt Geng und deutet auf die runde Öffnung. Das silberne Gerät erinnert eher an einen teuren Stift, den man sich auf den Schreibtisch stellt, als an eine Zigarettenspitze. An der Seite ist ein zudem ein länglicher Bildschirm angebracht, der grün leuchtet.

Hersteller ist das Start-up Angmi aus dem südchinesischen Guangzhou. Das 2013 von vier Unternehmern gegründete Start-up will mit seinen Produkten Rauchern helfen, ihren Konsum und die gesundheitlichen Folgen zu überwachen. Dafür forscht das Start-up an digitalen Helfern wie der 60 Euro teuren Zigarettenspitze, die dem Nutzer auf intelligente Weise beim Aufhören unterstützt soll.

Mit seiner Idee trifft Angmi einen Nerv in China. Über 300 Millionen Chinesen rauchen. Unter den Männern fast jeder Zweite. In keinem Land erkranken mehr Menschen an Lungenkrebs. Dazu kommen Herzprobleme und Atemwegserkrankungen. Die ständige Qualmerei kostet jeden Tag mindestens 3000 Menschen das Leben. Bis 2050 soll sich die Zahl noch einmal fast verdreifachen.

Anzahl der Raucher in China

Obwohl das Land bereits 2005 das Tabakrahmenübereinkommen der Weltgesundheitsorganisation unterschrieben hat, stand das Problem lange nicht auf Chinas Prioritätenliste. Während zwischen 2004 und 2014 weltweit der Zigarettenkonsum um rund 10 Prozent sank, stieg er in China um knapp 42 Prozent.

Der Umbau ist für Peking nicht leicht. Die Diskussion um die Erhöhung der Zigarettensteuer ist in Peking von der Angst getrieben, den Unmut von Millionen Arbeitern auf sich zu ziehen. Chinas Wanderarbeiter, die millionenfach von Baustelle zu Baustelle quer durchs Land ziehen, arbeiten mit Zigaretten im Mund, die ihnen locker aus dem Mundwinkel hängen. Die meisten Packungen gibt es ab 70 Cent an jeder Straßenecke. Bittet man jemanden um einen Gefallen, fischt man erst einmal eine Zigarette aus der Hosentasche. Auch wenn sich Freunde länger nicht gesehen haben, gehört eine gemeinsame Zigarette zum guten Ton. Bekanntestes Werbegesicht ist Staatsgründer Mao Zedong. Ein notorischer Kettenraucher, der trotz des Rates seines Arztes nie aufgehört hatte.

Weiterer Bremsfaktor: Zigaretten sind eine wichtige Einnahmequelle für die chinesische Regierung. Der Markt ist nie liberalisiert worden. Trotz zahlreicher Versuche dürfen ausländische Tabakfirmen weder eigene Fabriken betreiben, noch ihre Produkte über den Großhandel vertreiben.

Einzige Ausnahme ist Tabakgigant Philip Morris International mit seiner Marke Marlboro. Seit 2008 werden die Zigaretten der Kultmarke in Lizenz von zwei Staatsbetrieben produzieren. Zwei Milliarden Zigaretten allein im vergangenen Jahr. „Die Verkaufszahlen sind aber so gering, dass der Markt keine große Bedeutung für unser Geschäft hat“, so das Unternehmen auf Anfrage. Auch sonst gibt es nur wenige ausländische Marken zu kaufen, die importiert werden, darunter Camel und State Express 555. Diese spielen aber auf dem chinesischen Markt kaum eine Rolle.

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