Zukunftsbranche Softbank, Weltherrscher der Mobilität

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Filetstücke der Verkehrswelt

Als Misra redet, ist es ruhig im Auditorium, der Saal mit rund 1000 Zuhörern bis auf den letzten Platz gefüllt. Die rechte Hand Sons wird von einer Bloomberg-Fernsehjournalistin interviewt, sie sitzen sich in Sesseln gegenüber. Alle Plattformen, in die der Vision Fund investiert sei, sagt er, seien „in der Lage, schnell zu wachsen“. Der Fonds halte die Beteiligungen zwar langfristig, mindestens zwölf Jahre. Doch er will keine gewöhnliche Beteiligungsgesellschaft sein. Die Unternehmen, in die Misra investiert, ruft er, sollten ihren „Ehrgeiz verdreifachen“. Das ist sein Anspruch, seine Zielvorgabe.
Zwar kauft der Fonds meist nur 20 bis 30 Prozent eines Unternehmens. Doch Softbank gibt sich nicht mit der Beobachterrolle zufrieden. Es will strategisch Einfluss nehmen, ein Netzwerk von Mobilitätsexperten aufziehen. „Wir helfen den Beteiligungen, global zu wachsen“, sagt Misra in Barcelona, „und Synergien mit anderen Unternehmen aus unserem Portfolio zu schaffen.“

Der Weg zur automobilen Weltherrschaft

Softbank-Chef Son verfolgt damit einen aggressiven Plan: Die Einführung von Roboterfahrzeugen werde die Welt ähnlich dramatisch verändern wie vor 120 Jahren der Umstieg von der Pferdekutsche aufs Benzinauto, ist er überzeugt. Daher rührt sein Kaufrausch, seine Jagd auf die Filetstücke der Verkehrswelt der Zukunft.

So investiert Softbank Unsummen. Vier Milliarden Dollar etwa in den Hardwareanbieter Nvidia, der Prozessoren herstellt, die vor allem in autonom fahrenden Autos zum Einsatz kommen. Es folgten Beteiligungen an Big-Data-Spezialisten wie dem Kartendienst Mapbox, der daran forscht, bestehende Navigationskarten mit Echtzeitdaten zu aktualisieren. Gleichzeitig hält Softbank inzwischen Anteile an dem Softwarespezialisten OSIsoft, der in der Lage ist, Datenmengen von bis zu 4000 Gigabit pro Stunde zu verarbeiten, wie das in der Roboterautowelt nötig sein wird. Natürlich sollen auch Dienstleister wie Auto1 künftig dabei helfen, die Mobilitätskette zu vervollständigen.

Die größten Beteiligungen des japanischen Tech-Konzerns
WirecardBesiegelt: Der japanische Konzern Softbank steigt bei Wirecard ein. Softbank erhält Wandelschuldverschreibungen über 900 Millionen Euro, die in gut 6,92 Millionen Aktien von Wirecard gewandelt werden können. Das entspricht rund 5,6 Prozent des derzeitigen Wirecard-Grundkapitals. Die Laufzeit der Wandelanleihe beträgt fünf Jahre. Der Hintergrund: Als Telekommunikationsunternehmen gestartet, versteht sich Softbank heute als Technologiekonzern. Vorstandschef Masayoshi Son will mit Softbank eine Informationsrevolution starten - und agiert mittlerweile als Risikoinvestor indem er sich die Expertise über andere Unternehmen und Start-ups einkauft. Mit dem Softbank Vision Fonds haben die Japaner in diesem Jahr den weltweit größten Private Equity-Fonds aufgelegt, der in junge Wachstumsunternehmen investiert. 100 Milliarden Dollar ist er schwer - neben dem Staatsfonds Saudi Arabiens schießt auch Tech-Gigant Apple Gelder zum Fonds bei. Nun wächst das Reich des Tech-Beteiligungsriesen weiter. Ein Überblick. Quelle: dpa
WeWorkWeWork vermietet Arbeitsplätze in hippen Büros an Selbstständige und Gründer. Statt Einzelgängern wird aus ihnen in den Büros wieder eine Gemeinschaft. Über den Vision Fund investierte Softbank schon 2017 mehr als vier Milliarden Dollar in das Konzept des US-Start-ups. Zuletzt dürfte die Beteiligung aber wenig Freude bereitet haben. Bei WeWork läuft es gerade offenbar nicht rund, der für September 2019 geplante Börsengang wurde verschoben.Aktueller Softbank-Anteil und Marktwert unbekannt(Quelle für Beteiligungen: Bloomberg) Quelle: REUTERS
SlackMehr als 250 Millionen Dollar investierte Softbank im Jahr 2017 in den Büro-Nachrichtendienst Slack. Damals wurde das Unternehmen nach Informationen des Finanznachrichtendienstes CNBC mit gut 5 Milliarden Dollar bewertet. Im Sommer ging es an die Börse – und ist nun 14,3 Milliarden wert. Softbank hält laut Börsenprospekt gut sieben Prozent der Anteile an Slack.Softbank ist für für 250 Millionen Dollar beteiligt. Quelle: REUTERS
UberDer Fahrdienstvermittler Uber sorgt weltweit für Schlagzeilen - und hat damit auch das Interesse von Softbank geweckt.Softbank-Anteil bei Uber: 13 Prozentaktueller Marktwert: 7,65 Mrd. Dollar Quelle: AP
Auto1460 Millionen Euro ließ sich Softbank 2018 den Einstieg beim deutschen Einhorn Auto1 Group kosten. Das Berliner Start-up wird nach Daten von CB Insights mit rund 3,5 Milliarden Dollar bewertet – und gehört zu den wertvollsten Start-ups Europas. Die Plattform wirkaufendeinauto.de, sowie der Geschäftskunden-Marktplatz für Gebrauchtwagen Auto1 und das Online-Kaufhaus Autohero gehören zu den Marken des Unternehmens.Softbank ist mit 460 Millionen Euro beteiligt. Quelle: dpa
PaytmDer indische Zahldienstleister Paytm hat bislang mehr als zwei Milliarden Dollar eingesammelt. Zu den Investoren gehören Berkshire Hathaway von Investorenlegende Warren Buffett, Chinas E-Commerce-Gigant Alibaba – und Softbank. Mit gut 1,8 Milliarden Dollar schoss Softbank den größten Teil des Geldes bei. Noch macht Paytm mit seinem Geschäft Verluste. Ein Börsengang könnte innerhalb der nächsten zwei Jahre anstehen.Softbank ist für 445 Millionen Dollar beteiligt. Quelle: dpa
NexwayKundenabos verwalten und abrechnen, Daten der Onlinshopper auswerten – diese Dienste bietet der deutsche Software-Spezialist Nexway seinen Kunden an. Er ist eines von nur zwei deutschen Unternehmen, an denen sich Softbank beteiligt hat – und gehört zu den kleineren Investitionen: Die knapp fünf Prozent an Nexway sind aktuell 650000 Euro wert.Softbank hält 4,7 Prozent im Wert von 650000 Euro. Quelle: dpa

Die Kette könnte Son ewig fortsetzen. Selbst auf den ersten Blick unpassende Gewerbe werden Ziel seines Investmenthungers. Derzeit sorgen die Japaner mit ihrem Plan für Aufsehen, bei Swiss Re einzusteigen – rund drei Milliarden Euro für ein Zehntel des Schweizer Rückversicherers, die Verhandlungen laufen noch. Sons Schachzug folgt einer strengen Logik: Kfz-Policen sind mit 700 Milliarden Dollar weltweit die mit Abstand wichtigste Sachversicherung.

Wenn Autos autonom fahren, könnte die Zahl der Unfälle nach einer Studie von Swiss Re bis 2020 um mehr als ein Viertel sinken. Das drückt die Prämienzahlungen. Swiss Re als Rückversicherer für den Kfz-Bereich könnte mithilfe der Daten, die App-Fahrdienste und ihre Autos sammeln, das Unfallrisiko besser einschätzen und sich durch passende Angebote an die Kfz-Versicherer einen Wettbewerbsvorteil verschaffen. Der Zugang zu den Daten wäre zugleich ein ideales Sprungbrett für Swiss Re, um selbst Kfz-Policen anzubieten – mit den weltweiten Fahrdiensten als Großkunden. Auf genau solche Synergien hat es Son mit dem Vision Fund abgesehen.

In Wahrheit greift Softbank damit nach der automobilen Weltherrschaft. „Es ist keine Frage mehr, ob Masayoshi Sons Wette auf dem Mobilitätsmarkt aufgehen wird, sondern nur noch wann“, sagt Marco Börries, Chef des Techunternehmens Enfore, einst Top-Manager bei Yahoo und einer der erfolgreichsten IT-Gründer, die Deutschland je ins Silicon Valley exportiert hat. Im Klartext: Son will der Türsteher zu allem sein, was global mit Transport zu tun hat.

Auch Oliver Matthew von der australischen Investmentbank CLSA in Tokio glaubt an die Strategie. „Die globalen Fahrdienstplattformen sind groß genug, um beim autonomen Fahren viele Daten zu sammeln.“ Für jeden Anbieter von autonomer Fahrsoftware, der sich globale Bedeutung wünscht, „ist Softbank der erste Gesprächspartner“. Außerdem gebe es Synergien zu anderen Unternehmen aus der Softbank-Familie, die in ganz anderen Branchen unterwegs seien, etwa zu E-Commerce-Händlern. „Es wird eine zukünftige Monetarisierung dieser Investitionen geben, bei der nicht Menschen, sondern Güter bewegt werden.“

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