2900 Arbeitsplätze fallen weg Siemens reduziert geplanten Stellenabbau

Die IG Metall hat mit dem Betriebsrat den Erhalt von 500 Arbeitsplätzen erstritten. Quelle: dpa

Der Industriekonzern Siemens reduziert nach monatelangen Verhandlungen mit IG Metall und Betriebsrat Einschnitte in der Kraftwerkssparte auf 2900 wegfallende Stellen. Das Einsparziel liegt weiter bei 500 Millionen Euro.

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Siemens baut in der angeschlagenen Kraftwerks-Sparte in Deutschland 500 Arbeitsplätze weniger ab als geplant. 2900 Stellen sollen im Geschäft mit großen Gas- und Dampfturbinen, Generatoren und Elektromotoren gestrichen werden, die meisten davon in den nächsten zwei Jahren, wie Siemens-Personalchefin Janina Kugel am Montag sagte. Die IG Metall und der Betriebsrat rangen dem Münchner Industriekonzern in monatelangen Verhandlungen Zugeständnisse ab. Das Werk im ostsächsischen Görlitz, dessen geplante Schließung Massenproteste ausgelöst hatte, bleibt erhalten. Ungeschoren kommt aber kein Standort davon. IG-Metall-Vorstandsmitglied Jürgen Kerner betonte, es werde keine betriebsbedingten Kündigungen geben, Kugel wollte sich darauf nicht endgültig festlegen.

Siemens will mit dem Stellenabbau die Sparte Power & Gas (PG) sanieren, die unter der schrumpfenden Nachfrage nach großen fossilen Kraftwerken leidet und damit ein Opfer der Energiewende ist. Darunter leidet Branchenführer GE ebenso wie Siemens und die japanische Mitsubishi Heavy, die Überkapazitäten aufgebaut haben. „Dass die Situation prekär ist, haben beide Seiten anerkannt“, sagte Kugel. „In den vergangenen Monaten haben sich die Marktprognosen noch einmal deutlich verschlechtert“, warnte das für PG zuständige Vorstandsmitglied Lisa Davis. „Wir müssen die Maßnahmen jetzt schnell umsetzen, um unsere Wettbewerbsfähigkeit abzusichern.“

„Betriebsbedingte Kündigungen wird es weder jetzt noch in Zukunft geben, wenngleich wir einen Stellenabbau nicht vollständig verhindern konnten und die Einschnitte schmerzhaft sind“, sagte IG-Metall-Vorstandsmitglied Jürgen Kerner, der auch im Siemens-Aufsichtsrat sitzt. Arbeitnehmervertreter forderten über die Streichungen hinaus ein Konzept, um der Sparte eine Zukunft zu geben. Gesamtbetriebsratschefin Birgit Steinborn verlangte einen „Masterplan“ für das Energiegeschäft.

Ob im Gegenzug im Ausland mehr Stellen gestrichen werden, wollte Kugel nicht sagen. Teilweise liefen die Verhandlungen über einen Verkauf von Werken noch. Der Konzern hatte vor elf Monaten weltweit einen Abbau von 6900 Stellen bei PG und in der verwandten Sparte PD angekündigt, die kleine Elektromotoren und Generatoren baut. Siemens halte aber an dem Ziel fest, mit dem Stellenabbau 500 Millionen Euro bei PG einzusparen, davon 270 Millionen in Deutschland.

Aufatmen kann die Belegschaft vor allem in Görlitz. Dort stand das gesamte Werk mit 720 Mitarbeitern zur Disposition, nun sollen nur 170 Stellen gestrichen werden. Auch Erfurt, wo ein Verkauf des Werks scheiterte, soll eine Perspektive bekommen. In Berlin fallen in zwei Werken insgesamt 700 Stellen weg, weniger als geplant. Für Leipzig sucht Siemens einen Käufer. „Mit dem Interessenausgleich haben wir auch strukturelle Veränderungen und neue Chancen für einige Standorte vereinbart“, sagte Kugel. Der Schwerpunkt der Stellenkürzungen liegt nun im Westen statt im strukturschwachen Osten des Landes. In Mülheim an der Ruhr, wo 600 Siemensianer ihren Job verlieren, und in Erlangen (500) dürften die Mitarbeiter rascher neue Arbeitsplätze finden – im oder außerhalb des Konzerns.

Mit der Aufgabe der Schließungspläne für Görlitz hatte Siemens-Chef Joe Kaeser den Konflikt im Mai entschärft. Seither ging es um Details. Doch die Zeit drängte, weil der Konzern die Kosten für die Sanierung noch im Geschäftsjahr 2017/18 verbuchen wollte, das am 30. September endet. Sie dürften nach Schätzungen von Analysten bei rund einer halben Milliarde Euro liegen.

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