Allianz mit Loxo Oncology Bayer stärkt Pharmageschäft mit Milliarden-Deal

Bayer stärkt mit einem milliardenschweren Deal im Bereich der Krebstherapie seine Pharmasparte. Der Konzern tritt damit Befürchtungen entgegen, er würde angesichts der Monsanto-Übernahme sein Pharmageschäft vernachlässigen.

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Bayer will das Geschäft mit der Krebstherapie durch eine neue Milliarden-Allianz ausbauen. Quelle: dpa

Frankfurt Mit einer potenziell milliardenschweren Investition baut Bayer seine Produktentwicklung im Bereich Krebsmedikamente aus. So vereinbarte der Leverkusener Konzern jetzt eine Allianz mit dem amerikanischen Biotechunternehmen Loxo Oncology und sicherte sich in dem Rahmen die Vertriebsrechte an den Wirkstoffen Larotrectinib und Loxo-195. Eine erste Zulassung für Larotrectinib erhoffen sich Bayer und Loxo dabei schon für 2018 in den USA.

Bayer zahlt dafür vorab 400 Millionen Dollar an Loxo und verpflichtet sich zu weiteren Zahlungen von zusammen bis zu 1,15 Milliarden Dollar in Abhängigkeit von bestimmten Zulassungs- und Vermarktungserfolgen. Der Leverkusener Konzern, der kurz vor der mehr als 60 Milliarden Dollar teuren Übernahme des US-Saatgutriesen Monsanto steht, signalisiert damit, dass er auch weiter in seine Pharma-Pipeline investiert.

„Das ist ein strategisch sehr wichtiger Deal für zwei hochinnovative Substanzen“, sagte Bayer-Pharmachef Dieter Weinand. „Damit sollte endlich auch die Frage beantwortet sein, ob Bayer angesichts der Monsanto-Übernahme nicht die Pharmasparte vernachlässige.“

Entsprechende Befürchtungen wurden in den vergangenen Monaten immer wieder von externen Beobachtern geäußert. Angesichts der hohen Finanzierungslasten für den Monsanto-Deal, so die Überlegung, könne Bayer über zu wenig Ressourcen für die Pharmasparte verfügen.

Doch davon will Weinand nichts wissen. Auch nach dieser Transaktion bleibe Bayer offen für weitere Deals im Pharmabereich. „Ich bin nie zufrieden. Wir werden weiter unsere interne Pipeline vorantreiben und  sie gleichzeitig durch ergänzende Zukäufe und strategische Allianzen ergänzen.“ Voraussetzung sei,  dass die Produkte wirklich innovativ seien und die Situation der Patienten verbessere.

Bereits im vergangenen Jahr vereinbarte der Leverkusener Konzern im Zuge dieser Strategie strategische Allianzen mit den Unternehmen Crispr Therapeutics zur Entwicklung neuartiger Gentherapien und mit Versant  Ventures im Bereich Zelltherapien.

Anders als bei diesen Projekten, die sich noch in einer sehr frühen, experimentellen Forschungsphase befinden, geht es bei der jetzt vereinbarten Allianz mit Loxo indessen um Produkte, die sich bereits in einer weit fortgeschrittenen Entwicklungsphase befinden.  Für das Hauptprodukt Larotrectinib will Loxo noch 2017 die Zulassung in den USA beantragen. Für Bayer könnte das bedeuten, dass man im günstigsten Fall bereits 2018 die ersten Umsätze verbuchen könnte. Eine Zulassung in Europa strebt der Konzern für 2019 an. „Das war eine relativ seltene Gelegenheit, eine Substanz in relativ weit fortgeschrittenem Entwicklungsstadium zu finden“, sagte Weinand.

Die beiden Wirkstoffe von Loxo richten sich gegen genetische Mutationen in bestimmten Signalstoffen, den so genannten Tropomyosin-Rezeptor-Kinasen (TRK), die unter anderem für die Verbindungen zwischen Nervenzellen  eine Rolle spielen. 


Krebs als genetische Krankheit

Mutationen der TRK wirken bei bestimmten Krebspatienten als maßgeblicher Treiber für das unkontrollierte Wachstum der Tumorzellen.  Loxo hat Larotrectinib  in 17 Krebsarten getestet und schätzt, dass bei jeweils etwa einem Prozent der Patienten die TRK-Mutationen die entscheidende Rolle spielt. Von insgesamt 55 behandelten Patienten mit der Mutation haben nach Angaben von Bayer und Loxo 75 Prozent auf den Wirkstoff angesprochen, unabhängig vom Alter und Tumortyp, was in der Krebstherapie als hohe Quote gilt. Bayer und Loxo wollen die Wirkstoffe daher nicht für bestimmte Krebsarten in die Zulassung bringen, sondern generell für den Einsatz bei den spezifischen Mutationen.

Sie verfolgen damit ein relativ innovatives Konzept, das allerdings in Zukunft noch eine wesentlich größere Rolle spielen könnte. Denn Krebs wird  immer stärker als genetische Krankheit betrachtet, bei der nicht der Entstehungsort im Körper entscheidendes Merkmal ist, sondern die spezifischen genetischen Veränderungen, die das Zellwachstum antreiben.  Im Mai hatte die amerikanische Arzneimittelbehörde FDA erstmals ein Krebsmittel für den Einsatz bei einer bestimmten Genmutation zugelassen, unabhängig von der Krebsart. „Solche Beispiele werden wir häufiger sehen“, ist Weinand überzeugt.

Wie groß die Zahl der Patienten ist, die von den Loxo-Wirkstoffen profitieren könnten, ist nach Einschätzung des Bayer-Managers bisher schwer abzuschätzen. Denkbar sei, dass die TRK-Mutation auch über die 17 getesteten Krebsarten hinaus von Bedeutung sei. Die nötige Diagnostik für die Auswahl der Patienten stellt nach Einschätzung Weinands dabei keine Hürde dar. Entsprechende Gentests seien heute bereits verfügbar, würden bisher aber kaum eingesetzt, weil es bislang an Therapien fehlt, die gegen diese Mutationen wirken.

Krebstherapien gehören für Bayer neben dem Bereich Herz-Kreislauf zu den Forschungsschwerpunkten im Pharmabereich. Zum Gesamtumsatz der Bayer-Pharmasparte von gut 16 Milliarden Euro im Jahr 2016 tragen sie bisher etwa zehn Prozent bei. Mit den Mitteln Xofigo und Stivarga gehören zwei Krebsmittel inzwischen zu den wichtigsten Wachstumsträgern der Sparte. Der neue Wirkstoff von Loxo soll dem Geschäft noch zusätzlichen Schub geben.

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