Aus Panzerriese wird U-Boot-Bauer Rheinmetalls riskante Zukunftspläne

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Teure Tauchwunder

Insider halten es für sinnvoller, wenn Rheinmetall das klassische Panzergeschäft an die Münchner abgibt. Das würde KMW stärken und gäbe auch Gabriel ein größeres Mitspracherecht bei „Kant“. Zudem würden die Erlöse von mindestens einer halben Milliarde Euro Pappergers gebeutelte Konzernkasse für Zukäufe stärken.

Das Angebot ist da: Vorige Woche hat Airbus-Chef Tom Enders Teile seines Rüstungsgeschäfts zum Verkauf angeboten, von denen etwa die Rüstungselektronik Rheinmetall gut ergänzen würde. „Da könnte es noch in diesem Jahr eine Einigung geben“, mutmaßt ein Airbus-Insider.

Ebenfalls interessant für Rheinmetall ist die von Airbus und ThyssenKrupp gemeinsam geführte Atlas Elektronik aus Bremen. Die Sonarsysteme für U-Boote wären eine Ergänzung zu Rheinmetalls Radartechnik.

Reizvoll sind auch die Tauchroboter wie der selbst in trübsten Brühen sicher navigierende Sea Otter. Die Technik würde Rheinmetall zusammen mit dem Wissen um Flugdrohnen zu einem Marktführer im Zukunftsfeld unbemannte Rüstungsgüter erheben. Vor allem, wenn Rheinmetall wie erwartet das U-Boot-Geschäft von ThyssenKrupp kauft, ist Atlas eine gute Ergänzung.

Rheinmetall fehlt die Erfahrung

Doch der Schritt ins tiefe Wasser stellt Rheinmetall vor Probleme. Die rühren weniger aus der Technik. Den Schiffbau bestimmen weniger die Fähigkeiten zum Bau der Boote, sondern zu ihrer Ausrüstung. Hier hat Rheinmetall die nötige Erfahrung mit Schutzsystemen und der weltweiten Vermarktung der im Vergleich zu Panzern politisch eher unkritischen Schiffe.

Aber die Integration der vielen Felder könnte den Konzern überfordern. „Geschäfte in einer Größe von der Hälfte des eigenen Umsatzes einzufügen braucht die Erfahrung eines notorischen Umbauers wie General Electric. Die hat Rheinmetall beim besten Willen nicht“, warnt ein auf Fusionen spezialisierter Berater.

Kriegswaffenausfuhren in den Jahren 2004 bis 2013

Kaum einfacher wird die Finanzierung. Zwar gilt der Bau der fast nicht zu ortenden Tauchwunder U212 und U214 innerhalb des ThyssenKrupp-Konzerns wegen Bestechungsskandalen und des Schmuddelimage als Ballast. Doch die Verkaufsverhandlungen werden schwierig: Thyssen dürfte für sein Marinegeschäft wohl mindestens zwei Milliarden Euro fordern, um die schmerzhaften Wertberichtigungen im Stahlwerksbau auszugleichen. Rheinmetall kann sich das derzeit kaum leisten, hat aber im Preispoker gute Karten: Weil der militärische Bootsbau als sensible Kerntechnik in deutscher Hand bleiben soll, muss der Stahlriese Rheinmetall mangels anderer heimischer Bieter entgegenkommen.

Im Tausch gegen KSPG

Ein denkbarer Ausweg wäre der Tausch der U-Boote gegen die Rheinmetall-Autozulieferertochter KSPG. Doch bei beiden Konzernern laboriert das Autogeschäft noch an den Folgen der letzten Umbaurunden. „Wenn nach einer Fusion wieder Restrukturierungen und Entlassungen anstehen, kommen beide Unternehmen an die Belastungsgrenze“, warnt ein Branchenkenner und befürchtet Schwankungen in der Fertigungsqualität. Zudem werden bei dem Deal auch die großen Autokonzerne als Kunden mitsprechen. „Finanzierung, ungewohnte Integration und jede Menge Beteiligte – Pappergers Punsch hat es wirklich in sich“, so der Integrationsberater.

Somit glauben Experten, dass Papperger die Pläne zwar angeht, aber nur dosiert umsetzt. Er könnte in 2014 etwa Atlas Elektronik oder kleine Teile von Airbus kaufen und dann aufstocken. Dabei könnte dem Rheinmetaller ausgerechnet die ungeliebte Regulierung des Rüstungsgeschäfts helfen, die Verkäufe an ausländische Unternehmen fast unmöglich macht. „Wer immer sich von einem Teil seines Rüstungsgeschäfts trennen will, für den ist am Ende Rheinmetall als Käufer eine ernsthafte Option“, urteilt Branchenkenner Schulte.

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