„Handvoll ernsthafte Interessenten“ Investor für Bavaria Yachtbau in Sicht

Bavaria Yachtbau steuert auf einen Verkauf zu. Quelle: imago images

Hoffnung für die rund 550 Beschäftigten von Bavaria Yachtbau: Die größte deutsche Werft für Sportboote steuert auf einen Verkauf zu. Chefsanierer Brinkmann ist zuversichtlich, bald einen Investor zu präsentieren.

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Tobias Brinkmann ist ein begeisterter Segler. Sein letztes Hochseeabenteuer führte den Juristen und Sanierungsspezialisten von den Kanaren über den Atlantik bis nach Grenada. Sein jüngster beruflicher Törn ließ ihn indes im unterfränkischen Giebelstadt in der Nähe von Würzburg stranden. Dort soll Brinkmann die Bavaria Yachtbau, die größte deutsche Werft für Sportboote, vor dem Untergang retten. Seit das Unternehmen im April Insolvenz anmeldete, ist er als Sanierungsgeschäftsführer an Bord und zeigt sich nun „zuversichtlich, dass wir eine Lösung finden werden“.

„In den nächsten Tagen wird sich klären, ob es eine Investorenlösung für Bavaria Yachtbau gibt und wie es für die rund 550 Beschäftigten weitergeht“, sagte Brinkmann der WirtschaftsWoche. Es gebe eine Handvoll ernsthafter Kaufinteressenten. „Jetzt steuern wir auf eine Entscheidung zu“, so Brinkmann.

Die Zeit drängt, denn im Herbst beginnt die Bestellsaison. Spätestens dann brauchen Lieferanten und Kunden Sicherheit, wie es mit dem Unternehmen weitergeht, das schon seit Jahren in der Krise steckt. Dabei galt Bavaria einst als mittelständische Erfolgsgeschichte – und später als eine Art Symbol des Heuschreckenkapitalismus.

1978 hatten sich der fränkische Unternehmer und Hobbysegler Winfried Herrmann und der Yacht-Vermieter Josef Meltl zusammengetan und Bavaria Yachtbau gegründet. Ihr Unternehmen stieg schnell zu einer der größten Werften für Motor- und Segelboote in Europa auf. Im Jahr 2006 beschäftigte es 600 Mitarbeiter und produzierte rund 3500 Segel- und Motoryachten. Dann begann der Abstieg. 2007, just vor Ausbruch der Finanzkrise, übernahm der US-Investor Bain Capital den Mittelständler für den aberwitzigen Preis von 1,2 Milliarden Euro. Finanziert wurde der Kauf, wie in der Private-Equity-Branche üblich, großteils auf Pump und zu Lasten des Kaufobjekts - also Bavaria. Goldman Sachs und die Dresdner Bank vergaben damals die größten Kredittranchen.

Als in der Finanzkrise die Bestellungen einbrachen, drohte Bavaria unter der Schuldenlast auf Grund zu laufen. Erst als die beiden US-Investoren Anchorage und Oaktree 2009 einstiegen, besserte sich die Lage, wenn auch nur kurzfristig. Sie kauften sich mit hohen Abschlägen in die Kredite ein, kappten die Forderungen und steuerten frisches Kapital bei. Zu alter Größe fand Bavaria dennoch nicht zurück. Die Cashflows blieben negativ, im April zogen die Gesellschafter und Hauptgläubiger schließlich die Reißleine. Beraten wurden sie dabei von dem Münchner Restrukturierungsexperten Thomas Hoffmann, Partner der Wirtschaftskanzlei Noerr.

Bavaria Yachts meldete am Amtsgericht Würzburg ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung an. Als Sachwalter übernahm der erfahrene Insolvenzspezialist Hubert Ampferl von Dr. Beck & Partner die Oberaufsicht über die Rettungsmission. Dr. Beck & Partner gehört ebenso wie Brinkmann und Partner zu den führenden deutschen Insolvenzkanzleien. Brinkmann und Partner gelten zudem als Spezialisten für maritime Rettungsmissionen. Kanzleigründer Berthold Brinkmann war etwa bei Sietas, Nordseewerke und P+S im Einsatz. Sein Sohn Tobias arbeitete mit Brinkmann-Partner Christoph Morgen bei der Havarie der Reedereigruppe Rickmers Hand in Hand. Da passt Bavaria gut ins Portfolio. Der Verkaufsprozess des Bootsbauers wurde von One Square Advisors aufgesetzt. Arnold Büssemaker, Partner von Heuking, berät im M&A-Prozess die Sanierungscrew.

Ursprünglich sollte die Investorensuche indes längst abgeschlossen sein. „Gern hätten wir das Unternehmen bereits im Sommer verkauft“, sagt Brinkmann. „Dann ist der Interessent leider abgesprungen, was den Verkaufsprozess verzögert hat.“ Zu tief schien dem Kaufkandidaten das Unternehmen offenbar in der Krise zu stecken, zu groß der Sanierungs- und Finanzierungsbedarf.

Denn tatsächlich sei bei der Insolvenz von Bavaria einiges zusammengekommen, sagt Brinkmann. So hätten zahlreiche Managementwechsel in den vergangenen Jahren eine einheitliche Strategie erschwert. Zunächst wurde die Modellpalette zu zögerlich aktualisiert. Dann sollten die Probleme auf einen Schlag beseitigt werden. Acht neue Modelle wurden gleichzeitig in die Produktion genommen, was die Fertigung schlicht überfordert hat. Die Folge: „Die Materialkosten stiegen, die Schiffe wurden nicht rechtzeitig fertig und waren teurer als geplant. „All das hatte Auswirkungen auf die Liquidität", sagt Brinkmann. „Die Verschuldung des Unternehmens hat dagegen allenfalls eine untergeordnete Rolle gespielt.“

Inzwischen laufe die Produktion, das Bavaria-Team habe „hervorragende Arbeit“ geleistet. So wurden seit Insolvenzantrag rund 200 Schiffe ausgeliefert. Die Einschnitte für die Beschäftigten blieben bislang überschaubar, vor allem Leiharbeiter waren vom Stellenabbau betroffen. „Die Kunden, Lieferanten und Mitarbeiter sind uns treu geblieben – das ist nicht selbstverständlich in einem Insolvenzverfahren", sagt Brinkmann.

Der Einsatz vor Ort habe für ihn nur einen Nachteil gehabt, sagt er: „für Segeltörns blieb im Sommer keine Zeit.“

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