Industriekonzern IG Metall warnt Thyssen-Krupp vor zu großen Zugeständnissen für Stahlfusion

Die Gewerkschaft sorgt sich, dass die geplante Fusion der Stahlriesen auf Kosten der Beschäftigten geht. Dem will sie nicht um jeden Preis zustimmen.

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Wie die Zugeständnisse konkret aussehen könnten, ist noch nicht bekannt. Quelle: Reuters

Düsseldorf Thyssen-Krupp-Chef Guido Kerkhoff gerät bei der geplanten Stahlfusion mit Tata Steel immer stärker unter Druck: Die IG Metall warnte ihn am Mittwoch vor zu großen Zugeständnissen an die EU-Wettbewerbshüter auf Kosten der Beschäftigten.

„Eine Fusion um jeden Preis ist mit uns nicht zu machen“, sagte der IG Metall-Sekretär und Vize-Chef des Thyssen-Krupp-Aufsichtsrats, Markus Grolms, der Nachrichtenagentur Reuters. „Wir hatten für uns immer eine rote Linie mit Blick auf das Fusionskontrollverfahren definiert. Wird die überschritten, gibt es von uns keine Zustimmung mehr.“

Thyssen-Krupp wollte die Äußerungen nicht direkt kommentieren und verwies auf eine Stellungnahme vom Montag: „Wir sind weiterhin zuversichtlich, dass wir die Transaktion im Frühjahr abschließen können.“

Die Aktien des Konzerns weiteten ihre Verluste am Mittwoch zeitweise auf ein Minus von fünf Prozent aus und lagen mit 13,62 Euro so tief wie seit drei Jahren nicht mehr.

Thyssen und Tata wollen den zweitgrößten europäischen Stahlkonzern nach Arcelor-Mittal schmieden. Doch die EU-Wettbewerbsbehörden haben Bedenken angemeldet und ein sogenanntes „Statement of Objections“ angekündigt, in dem sie möglicherweise Zugeständnisse fordert.

Das sei ein üblicher Vorgang bei Transaktionen dieser Größenordnung, hatte Thyssenkrupp-Chef Guido Kerkhoff am Dienstag bei der Vorlage der Quartalsbilanz dazu gesagt. „Ich sehe in dem Vorgehen keinen Grund zu irgendeiner neuen Besorgnis.“

Es sei von Anfang an klar gewesen, dass es bei der Fusion der Stahlgeschäfte Auflagen der Wettbewerbshüter geben werde. Das Schreiben werde genau analysiert und dann mit Tata nach Lösungen gesucht. Wie die Zugeständnisse aussehen könnten, ließ er offen.

Grolms sagte, die Arbeitnehmervertreter hätten stets auf den Schutz der rund 27.000 Beschäftigten von Thyssen-Krupp Steel Europe gepocht. „Das war dem Vorstand der Thyssen-Krupp AG immer klar, nicht dass am Ende wieder jemand über mangelnden Rückhalt klagt. Wir waren in diesem Punkt immer geradeaus und haben schon (Ex-Thyssen-Krupp-Chef Heinrich) Hiesinger damit konfrontiert, dass die Risiken durch die Fusionskontrolle entweder vom Vorstand unterschätzt oder bewusst kleingeredet werden.“

Aufsichtsratschefin könnte bei einem Patt entscheiden

Der Aufsichtsrat des Konzerns muss Grolms zufolge am Ende über das Ergebnis der Verhandlungen mit der EU-Kommission für ein Joint Venture abstimmen. Die Arbeitnehmervertreter stellen in dem Kontrollgremium die Hälfte der Vertreter.

Im Fall eines Patts könnte Aufsichtsratschefin Martina Merz mit ihrer Doppelstimme entscheiden. Ein Beschluss gegen die Stimmen der Arbeitnehmer würde den Prozess aber sehr erschweren und auch nicht dem stets auf gemeinsame Beschlüsse bedachten Vorgehen entsprechen.

Die EU-Kommission hatte im Oktober bei Thyssen/Tata drei Bereiche als kritisch bezeichnet: Stahl für die Automobilindustrie, für Verpackungen sowie Elektrostahl etwa für Transformatoren. „Zum gegenwärtigen Zeitpunkt befürchtet die Kommission, dass der Zusammenschluss zu einer Verringerung des Wettbewerbs zwischen den Anbietern verschiedener hochwertiger Stahlsorten führen könnte“, hieß es.

Die Stahlkocher von Thysssen-Krupp waren zu Beginn der Fusionsverhandlungen mit Tata zu Tausenden gegen die Pläne auf die Straße gegangen. Die IG Metall hatte dem Management später weitreichende Zusagen zur Beschäftigungs- und Standortsicherung abgerungen. Diese Vereinbarung tritt aber nur in Kraft, wenn es zu dem Joint Venture kommt.

Die Fusionspläne sehen bereits vor, dass auf beiden Seiten bis zu 2000 der insgesamt 48.000 Jobs gestrichen werden könnten. Schwierig dürfte es für die Akzeptanz werden, wenn die EU-Kommission Auflagen wie etwa die Stilllegung von Hochöfen fordern sollte, die in einer Kettenrektion vor- und nachgelagerte Jobs gefährden.

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