Wiedeking auf der Anklagebank Porsche-Prozess geht auf die Zielgerade

Im Prozess gegen Ex-Porsche-Chef Wiedeking streicht der Richter drei Prozesstage. Ende Februar soll es ein Urteil geben. Auch die letzten Zeugen belasteten Wiedeking und Ex-Finanzvorstand Härter am Freitag nicht.

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Die Zeugenaussagen belasten den Ex-Porsche-Chef nicht. Quelle: Reuters

Stuttgart Naßkalt in Stuttgart. Erst Regen, dann Schnee. Die hochbezahlten Staranwälte der Ex-Porsche-Vorstände Wendelin Wiedeking und Holger Härter drängt es am Freitag möglichst rasch in den Verhandlungssaal des Stuttgarter Landgerichts. Wiedeking ist gut aufgelegt, sucht ab und an Blickkontakt mit dem Publikum. Er scheint froh, dass der Prozess wegen informationsgestützter Marktmanipulation dem Ende entgegengeht. Richter Frank Maurer strich am Freitag drei Prozesstage, plant die Plädoyers für den 18. Februar und das Urteil für den 26. Februar.

Auch die vermutlich drei letzten Zeugen des seit vergangenen Oktober laufenden Prozesses haben dem bisherigen Verlauf keine Wendung gegeben. Die Firmenkundenbetreuer dreier damals kreditgebender Banken sagten vor dem Stuttgarter Landgericht aus, von einem frühzeitigen Übernahmebeschluss nichts zu wissen. Porsche brauchte damals von den Banken Geld, um weitere Anteile an Volkswagen zu kaufen.

Bei den Verhandlungen über die Verlängerung oder Refinanzierung eines 10 Milliarden-Euro-Kredits an Porsche sei es im September 2008 jeweils darum gegangen, Szenarien für die Finanzierung der Aufstockung der Porsche-Beteiligung an Volkswagen durchzuspielen.

„Wir kannten die genauen Pläne von Porsche nicht“, sagte einer der Zeugen. Auch die anderen Banker sprachen von Handlungsalternativen der Finanzierung, die durchgesprochen wurden. Einer der Zeugen hatte noch bei seiner polizeilichen Aussage vor vier Jahren von „Porsches konkreter Absicht gesprochen“. Diese Aussage relativierte er vor Gericht. „Das war von mir nicht korrekt formuliert.“ Es sei immer nur um Handlungsalternativen, Möglichkeiten und Szenarien gegangen.

Damit scheiterte die Staatsanwaltschaft erneut damit, eine Aussage zu erhalten, die ihre These stützt, dass Porsche viel früher eine Mehrheitsbeteiligung an VW geplant habe als veröffentlicht – und in ihren Mitteilungen im Verlauf des Jahres 2008 Anleger in die Irre geführt habe. Bislang hat keine der zahlreichen Zeugenaussagen Wiedeking und Härter substantiell belastet.


„In den Akten ist nichts, was zu einer Verurteilung führen kann“

Die Ankläger befinden sich inzwischen in einem Rückzugsgefecht. Hatten die Staatsanwälte zuvor noch beantragt, Anleger in den Zeugenstand zu rufen, die damals durch die vermeintlich falschen Aussagen des Unternehmens getäuscht wurden, so zogen sie dies am Freitag zurück: Ein Tiefschlag für Hedgefonds, die Milliarden mit Spekulationen auf VW-Aktien verloren hatten und in Zivilprozessen Schadenersatz von Porsche fordern.

Bislang hat Porsche die Zivilprozesse alle gewonnen. Die Anleger erhofften sich aus dem Strafprozess gegen Wiedeking und Härter Munition für ihre Schadenersatzprozesse. Entsprechend deprimiert schauten die Anwälte der Hedgefonds drein, die seit Beginn jede Prozessminute genau beobachten.

Dass es bis zum Urteilsspruch jetzt noch einige Wochen dauern wird, hat vor allem prozessuale Gründe. Die Schöffen müssen im Gericht noch Berge von Prozessakten lesen, die vor allem von der Staatsanwaltschaft in das Verfahren eingebracht wurden, aber nicht mehr verhandelt werden müssen. „Das braucht Zeit“, sagte der Vorsitzende Richter.

Er versucht sich bislang keine Blöße zu geben. Denn das Landgericht hatte ursprünglich die Klage abgewiesen und nur nach einem Beschluss des Oberlandesgerichts dann doch den Prozess aufnehmen müssen. Die nächste Instanz wäre in diesem Fall der Bundesgerichtshof. Der überprüft aber nicht mehr in der Sache, sondern ob beim Verfahren alles mit rechten Dingen zugegangen ist. Sollte der BGH das Urteil des Landgerichts kassieren, wäre das für das Landgericht doppelt peinlich.

So wie es nach dem bisherigen Prozessverlauf aussieht, wird Wiedeking vor dem Urteilsspruch keine schlaflose Nacht verbringen müssen. Eine Verurteilung nur nach Aktenlage scheint höchst unwahrscheinlich. Wiedekings Anwalt Walther Graf sagte nach dem Prozesstag: „Wir kennen die Akten. Da ist nichts drin, was zu einer Verurteilung führen kann.“ Wiedeking verließ den Gerichtsaal jedenfalls entspannt.

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