Vivek Badrinath vergleicht sein Geschäft gern mit einem Kuchen. Nicht mit irgendeinem Apfelkuchen, sondern gleich mit einer dreistöckigen Hochzeitstorte: „Die untere Schicht unseres Kuchens ist sehr stabil“, erklärte der Vorstandschef der Funkturm-Tochter von Vodafone, Vantage Towers, vor einigen Wochen im Gespräch mit der WirtschaftsWoche. Hier geht es um die bestehenden Mietverträge für seine 82000 Türme in zehn Ländern – denn die sind langfristig an einem oder gar mehrere Telekommunikationsanbieter vermietet, so dass die ihre Antennen dort aufhängen können.
Wenn künftige Aktionäre jetzt entscheiden, ob sie die Aktien zum oberen Preis der Spanne zwischen 22,50 und 29 Euro, die Vantage Towers jetzt festlegte, zeichnen wollen, geht es vor allem darum, wie viel Phantasie sie der zweiten und dritten Schicht dieser Torte beimessen – und dabei spielt der Mobilfunkanbieter 1&1 Drillisch eine Schlüsselrolle.
Laut Badrinath besteht nämlich die zweite Schicht des Kuchens aus dem Wachstum, das die neue Mobilfunk-Technologie 5G mit sich bringt: „Jede neue Mobilfunkgeneration bringt mehr Daten – wir erwarten bis 2025 eine Verdopplung des Traffics, und dafür ist mehr Mobilfunk-Coverage und ein dichteres Netz von Türmen nötig.“ Die dritte Schicht der Vantage-Torte besteht aus M&A-Aktivitäten – dafür steht Badrinath nach dem Börsengang wohl eine Milliarde Euro für Übernahmen bereit.
Am spannendsten ist in Deutschland aktuell aber die zweite Kuchenschicht: 5G benutzt ein Spektrum mit höherer Frequenz, die allerdings nicht so weit funken kann. Langfristig wird also der Bau weiterer Türme nötig – insbesondere an viel befahrenen Landstraßen, die auch für autonomes Fahren ausgebaut werden sollen.
Deutschland spielt dabei für Vantage Towers eine Schlüsselrolle. Denn bei der 5G-Frequenzvergabe hierzulande erhielt mit 1&1 Drillisch auch ein neuer Anbieter den Zuschlag, der sein Netz komplett von Null aufbauen muss. Das bietet ganz besonderes Potenzial. Denn 19.000 der Vantage-Türme stehen im Premium-Markt Deutschland. Bislang sind die Funktürme von Vantage Towers europaweit im Durchschnitt 1,39 Mal vermietet. In Deutschland aber erwirtschaften sie einen wesentlich höheren Umsatz als etwa in Süd- oder Osteuropa. Schon aktuell verdient Vantage mit jedem seiner deutschen Türme einen jährlichen Umsatz von 24.300 Euro. Käme 1&1 Drillisch als weiterer Mieter dazu, bedeutete das einen Quantensprung.
Allerdings betreibt der deutsche Funkturm-Primus GD Towers von der Deutschen Telekom mit rund 31.500 Türmen deutlich mehr Standorte hierzulande, setzt aber mit wohl 21.000 Euro pro Turm jährlich jetzt schon etwas weniger um als Vantage.
Beiden Konkurrenten dürfte sehr viel an dem zusätzlichen Geschäft liegen. Wenn 1&1 Drillisch geschickt agiert, kann das Unternehmen vielleicht Vorzugskonditionen aushandeln – die Gespräche laufen aktuell. Derjenige Funkturmbetreiber, der mit 1&1 Drillisch das meiste Geschäft macht, darf sich jedenfalls über einen schönen Sonderertrag freuen. Der Umsatz fließt nämlich fast eins zu eins in den Gewinn, da sich die Kosten kaum erhöhen.
Im Februar hatte 1&1 Drillisch einen Vertrag für nationales Roaming mit dem Wettbewerber Telefónica unterschrieben – ein Zeichen dafür, dass es mit dem Ausbau des eigenen Netzes vorangeht. Allerdings gilt der Vertrag nur für 2G, 3G und 4G – bei 5G will 1&1 Drillisch ein komplett eigenes Netz starten. Bis zum Sommer muss Drillisch hier erste Schritte einleiten – sonst könnte die Bundesnetzagentur einschreiten, da sie Ausbauverpflichtungen für das neue Netz festgelegt hat. Künftige Vantage-Towers-Aktionäre bieten also nicht nur für eine Hochzeitstorte, sondern spekulieren zugleich auf ein Sahnehäubchen von 1&1 Drillisch.
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