Camping-Reiseportal Warum ADAC-Campingwelt dem Portal Pincamp weichen muss

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Modernisierung der Campingbranche zieht sich hin

Wo liegen Sie mit dem Startschuss?
Bei etwa 8.000 Campingplätzen.

Werden – wie bei Tripadvisor für Hotels und Restaurants üblich – die Kundenrezensionen eine Rolle spielen?
Ja, das forcieren wir massiv. Wir wollen die redaktionelle Qualität, die wir mit unseren unabhängigen Inspektoren erreichen, mit den Campingplatz-Bewertungen der Nutzer verknüpfen. Von denen haben wir bereits 25.000 Stück. Wir sammeln pro Monat ca. 3.000 neue ein. Der Leser sieht sofort unsere Klassifizierung und die Nutzerwertung und kann vergleichen.

All das muss jemand bezahlen. Wenn Werbung keine entscheidende Einnahmequelle ist – woher soll das Geld kommen?
Im nächsten Schritt wollen wir die Campingplätze dem Nutzer nicht allein informativ näher bringen, sondern auch buchbar machen. Die Konsequenz wäre, dass der Nutzer über unsere Webseite einen Campingplatz sucht und findet. Schneller als wenn er beispielsweise „Campingplatz Allgäu“ googelt, die Seite des Campingplatzes aufruft, wieder zurück zu Google geht, wo er wieder eine andere Campingplatz-Seite aufruft. Nach seiner Entscheidung kann er über Pincamp in Zukunft direkt buchen. Für diesen Vorgang würden wir dann die Provision vom Betreiber nehmen, wenn der Nutzer über unsere Seite dort verbindlich bucht. Für den Nutzer bleibt der Service kostenfrei. Außerdem kann der Nutzer dann in Echtzeit sehen, wo er noch zu seinen Daten ein Platz findet, der ihm gefällt.

Da hinkt die Campingbranche anderen Tourismuszweigen hinterher?
Stimmt, das kennen wir aus der Hotellerie seit mehr als zehn Jahren. Das ist Technik. Da haben Campingplätze noch viel Potenzial. Wir wollen den Betreibern später zum Beispiel auch Software anbieten, um bestimmte Standplätze punktgenau zu buchen. Wir haben ein Team von fünf Mitarbeitern, die mit den Betreibern darüber verhandeln, diese Infos und Leistungen bereit zu stellen. Für den Nutzer ist diese Welt bislang entweder telefonisch buchbar oder gar nicht buchbar. Oder sie ist online nur auf Anfrage buchbar. Heutzutage möchte der Camper jedoch frühzeitig Klarheit über die Verfügbarkeit und sofort vom Sofa aus buchen.
Für spontane Bucher keine Chance?
Für mutige schon. Gerade Wohnmobilnutzer fahren oft umher ohne feste Planung. Wenn sie bei Venedig sind, gibt es dort zirka 30 Plätze. Sie können einen anfahren und an der Schranke schauen, an welcher Position der Warteschlange sie sind und dann entscheiden, ob sie das Risiko eingehen, der letzte zu sein, der nicht mehr draufkommt. Oder es gibt später eine Echtzeitbuchung, wo sie sehen, was frei ist und das direkt mobil buchen via App – ohne Warteschlange an der Schranke.

Hotels und Ferienwohnungen – allen voran AirBnB – machen das erfolgreich vor. Warum dauert das bei den Campingplätzen so lange?
Campingplätze sind im Durchschnitt etwa 60 Jahre alt. Wir befinden uns meist in der zweiten und dritten Betreibergeneration. Je nachdem, mit wem sie sprechen, hat der Betreiber entweder keinen Zugang zu modernen Technologien oder sie finden einen, der sofort versteht, worum es dabei geht. In Deutschland ist man da noch etwas hinterher – zum Beispiel im Vergleich zu Frankreich, wo auch die Saison einfach länger dauert. Dort ist schon vieles technisch weiter, aber auch die Nutzer sind viel weiter in der Anwendung von Apps und Buchungssystemen. Da hinkt Deutschland hinterher – auf der Seite der Anbieter wie der Nutzer.

Wie lange wird es noch dauern, bis die Technik flächengreifend umgesetzt ist und der Camper das zuverlässig nutzen kann?
Es sind derzeit rund 3.500 Plätze online buchbar. Ungefähr 15 Prozent der gesamten Betreiber in Europa. Unsere Aufgabe Nummer eins ist also, die bereits vernetzten reinzuholen. Denen müssen wir nichts erklären, da geht es nur um Schnittstellen. In Waging am See zum Beispiel können Camper sich online einen Plan aufrufen und den Standort auswählen. Der Betreiber hat ein Managementsystem, das ihm sagt, da steht Familie Müller von dann bis dann. Bis zum zweiten Quartal 2019 wollen wir die ersten Campingplätze über unsere Seite buchbar machen. Das sind die Plätze, die die Technologie haben. Umgekehrt sind rund 85 Prozent aller Campingplätze in Europa noch nicht online buchbar. Unser Ziel ist es, die meisten davon bis 2022 erschlossen zu haben.

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