Datenschützer Max Schrems „Facebook wusste genau, dass jahrelang Daten veruntreut wurden“

Max Schrems Quelle: dpa

Die aktuelle Debatte um Facebook wundert Max Schrems kaum. Schon 2011 beschrieb der österreichische Datenschützer irischen Behörden genau die zwei Probleme, die nun zum „Cambridge Analytica“-Skandal führten.

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Die Datenaffäre bei Facebook spitzt sich zu, der Druck auf das weltgrößte Internet-Netzwerk wächst. Investoren zogen die ersten Konsequenzen, Facebook hat in den vergangenen Tagen Milliarden an Börsenwert verloren. Auch die Politik wird aktiv: Die Bundesregierung fordert Aufklärung zur Datenaffäre. Das EU-Parlament will den Fall untersuchen.

Nur einen scheint die Affäre und Empörung von Facebook nicht zu überraschen: den österreichischen Juristen Max Schrems. Er sagt auf Anfrage der WirtschaftsWoche: „Facebook hat millionenfach Daten seiner Nutzer illegal diversen zwielichtigen Apps zur Verfügung gestellt – ohne Zustimmung der Betroffenen. Als ich das 2011 bei der irischen Behörde zur Anzeige gebracht habe, fand Facebook das vollkommen legal.“ Nach der Aufregung um Cambridge Analytica fühlt sich der Internet-Gigant sieben Jahre später plötzlich „verraten“. Schrems kann das nicht verstehen: „Facebook wusste ganz genau, dass hier jahrelang Daten veruntreut wurden, wie unsere Aufzeichnungen zeigen.“

Max Schrems ist in der EU kein Unbekannter. Er führt seit 2011 einen Feldzug gegen Facebook und versucht unter anderem strengere Datenschutzregeln gerichtlich durchzusetzen. Bereits im Sommer 2011 macht er zwei Probleme aus, die nun zum Skandal führten: Zum einen können Apps nicht nur die Daten der Nutzer dieser Apps abrufen, sondern auch die Daten von „Freunden“ der Nutzer, ohne deren Zustimmung. Zweitens war schon damals unklar, welche Apps diese Daten erhalten und ob diese sich jemals an Datenschutzvorschriften halten würden. „Dieser Fall zeigt wieder perfekt, was bisher im europäischen Datenschutz nicht funktioniert hat. Ein Großkonzern ignoriert wissentlich die europäischen Gesetze und gibt illegal Daten weiter“, sagt Schrems. „Die Aufsichtsbehörde in Irland schaut weg und die Daten von Millionen von Nutzern landen bei Cambridge Analytica, die damit unsere Wahlen beeinflussen sollen.“

Mit einer Sammelklage gegen Facebook in Irland scheiterte Max Schrems zuletzt. Aufgeben will er aber nicht. Im November 2017 gründete er die Datenschutz-NGO „Noyb“, die Datenschutzverletzungen von Unternehmen anprangern und verhindern möchte: „Sobald wir voll finanziert sind, werden wir mit Juristen und Technikern solche Verstöße aufdecken und auch entsprechende Klagen und Anzeigen einbringen. Die europäische Datenschutzlüge – wir haben strenge Gesetze aber trotzdem tut jeder was er will – sollte damit Geschichte sein.“

Cambridge Analytica soll Informationen von 50 Millionen Facebook-Nutzern vermutlich illegal abgegriffen und genutzt haben, um Wahlentscheidungen zu beeinflussen. In den USA verlangen Kongressabgeordnete und der Generalstaatsanwalt im Staat Connecticut nach Aufklärung. Nach zwei Jahren, in denen Facebook von der unerlaubten Datennutzung wusste, hat das Unternehmen nun angekündigt, eine externe Firma beauftragt zu haben, die Sache zu prüfen. Wie einflussreich die Praktiken von Cambridge Analytica gewesen sind, ist allerdings offiziell noch unklar.

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