Im juristischen Tauziehen zwischen Twitter und dem Tech-Milliardär Elon Musk zeichnet sich eine wochenlange Verlängerung ab. Das Gerichtsverfahren zwischen Twitter und Musk wurde von der zuständigen Richterin bis zum 28. Oktober ausgesetzt. Wenn der Tesla-Chef bis dahin die rund 44 Milliarden Dollar (45 Mrd Euro) teure Übernahme des Kurznachrichtendienstes nicht abgeschlossen hat, müssen sich die Streitparteien auf einen Prozess im November einstellen.
Mit der Entscheidung der Richterin vom Donnerstag ist der für den 17. Oktober angesetzte Prozessbeginn vom Tisch. Musk, der monatelang aus dem Deal aussteigen wollte, hatte am Dienstag überraschend seine ursprüngliche Offerte für Twitter bestätigt. Damit ebnete er augenscheinlich den Weg für eine spektakuläre Wende in dem zähen Übernahmestreit. Doch seitdem wurde deutlich, dass das Misstrauen auf der Seite von Twitter tief sitzt und der Online-Dienst keine Risiken mehr eingehen will.
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Der Starunternehmer und Twitter streiten immer noch um wichtige Details, die geklärt werden müssen, um den Deal in trockene Tücher zu bringen. Statt einer Annäherung gab es zuletzt neue Attacken, so dass Ungewissheit um den Abschluss der Transaktion bleibt. Musks Anwälte beantragten am Donnerstag, das Verfahren zu stoppen und den Prozess zu streichen. Twitter reichte umgehend einen Gegenantrag ein, in dem das Unternehmen dies mit deutlichen Worten ablehnte. Die Richterin setzte den Streitparteien daraufhin eine Frist zur Klärung der Differenzen.
Die Chronologie des Musk-Twitter-Streits
31. Januar: Musk kauft fortan fast täglich Twitter-Aktien, bis Mitte März hat er einen Anteil von fünf Prozent am Unternehmen.
26. März: Musk teilt mit, dass er ernsthaft über die Gründung einer Alternative zu Twitter nachdenke. Er zweifelt die Meinungsfreiheit bei Twitter an und mutmaßt über eine Gefährdung der Demokratie durch das Unternehmen.
27. März: Musk nimmt Gespräche darüber auf, sich dem Verwaltungsrat von Twitter anzuschließen. Er erwägt laut offiziellen Dokumenten auch, Twitter von der Börse zu nehmen oder ein Konkurrenzunternehmen zu starten.
4. April: Aus einem eingereichten Dokument geht hervor, dass Musk schnell zum größten Aktionär von Twitter geworden ist. Er hat einen Anteil von neun Prozent am Unternehmen gekauft, das entspricht 73,5 Millionen Aktien im Wert von etwa drei Milliarden Dollar.
5. April: Musk bekommt einen Posten im Verwaltungsrat von Twitter angeboten. Bedingung dafür ist, dass er keinen Anteil von mehr als 14,9 Prozent an Twitter kauft.
11. April: Twitter-Geschäftsführer Parag Agrawal teilt mit, dass Musk doch nicht Mitglied des Verwaltungsrats wird.
14. April: Twitter enthüllt in einem offiziellen Dokument, dass Musk angeboten hat, das Unternehmen für etwa 44 Milliarden Dollar zu kaufen.
15. April: Der Verwaltungsrat von Twitter greift wegen des Angebots von Musk zu einer Verteidigungsmethode, um eine feindliche Übernahme des Unternehmens zu verhindern.
21. April: Musk organisiert 46,5 Milliarden Dollar, um Twitter zu kaufen. Der Twitter-Verwaltungsrat steht unter Druck, Verhandlungen aufzunehmen.
25. April: Musk einigt sich auf einen Deal, um Twitter für 44 Milliarden Dollar zu kaufen und das Unternehmen von der Börse zu nehmen.
29. April: Musk verkauft etwa 8,5 Milliarden Dollar an Aktien seines Unternehmens Tesla, um damit den Kauf von Twitter zu finanzieren. Das geht aus offiziellen Dokumenten hervor.
5. Mai: Musk bekommt für seinen geplanten Kauf von Twitter Zusagen von mehreren Investoren im Umfang von sieben Milliarden Dollar, darunter der Oracle-Mitgründer Larry Ellison.
10. Mai: Musk kündigt an, ein Twitter-Verbot gegen den früheren US-Präsidenten Donald Trump rückgängig zu machen. Er nennt das Verbot eine „moralisch schlechte Entscheidung“ und „bis aufs Äußerste schwachsinnig“.
13. Mai: Musk teilt mit, dass die Übernahme „vorübergehend auf Eis“ liege. Er gibt an, er müsse prüfen, wie viele Spam- und unechte Konten es bei Twitter gebe. Die Twitter-Aktie stürzt ab.
6. Juni: Musk droht damit, Twitter doch nicht zu kaufen. Er wirft dem Unternehmen vor, es enthalte ihm Angaben zu Spam-Konten vor.
8. Juli: Musk teilt mit, er ziehe das Übernahmeangebot zurück. Twitter droht mit Klage.
12. Juli: Twitter verklagt Musk, um ihn dazu zu bringen, das Unternehmen zu kaufen. Musk reicht kurz danach eine Gegenklage ein.
19. Juli: In dem Streit wird ein Prozess im US-Staat Delaware für Oktober angekündigt.
23. August: Ein früherer Sicherheitschef von Twitter wirft dem Unternehmen vor, nicht über dessen schwache Sicherheitsmaßnahmen und Fahrlässigkeit bezüglich der Beseitigung unechter Konten aufgeklärt zu haben. Musk beruft sich auf den Whistleblower, um seine Argumentation gegen den Twitter-Kauf zu stützen.
4. Oktober: Musk bietet an, Twitter wie ursprünglich geplant für 44 Milliarden Dollar zu übernehmen.
6. Oktober: Das Gerichtsverfahren zwischen Twitter und Musk wurde von der zuständigen Richterin bis zum 28. Oktober ausgesetzt. Wenn der Tesla-Chef bis dahin die rund 44 Milliarden Dollar teure Übernahme des Kurznachrichtendienstes nicht abgeschlossen hat, müssen sich die Streitparteien auf einen Prozess im November einstellen.
Musk hält sich nach Ansicht von Twitter bislang weiter eine Hintertür zum Ausstieg aus dem Deal offen, indem er die Übernahme von der Finanzierung abhängig macht. Das Unternehmen ist misstrauisch und will den Abschluss zunächst weiter absichern, bevor der Rechtsstreit ganz beigelegt wird. Musk ging unterdessen schon wieder auf Konfrontationskurs: „Twitter lässt ein Ja nicht als Antwort gelten”, heißt es im Gerichtsantrag. „Erstaunlicherweise bestehen sie darauf, das Verfahren fortzusetzen”. Damit gefährde Twitter den Deal und setze die Interessen der eigenen Aktionäre aufs Spiel.
Twitter-Anwälte: „Einladung für weiteren Unfug”
Die Anwälte der Online-Plattform machten im Gegenantrag deutlich, Musk nach seinen monatelangen Manövern zur Absage des Kaufs nicht mehr zu trauen. Das Hindernis sei nicht, dass Twitter kein „Ja” als Antwort akzeptiere, sondern dass Musk sich noch immer weigere, zu seinen vertraglichen Kaufverpflichtungen zu stehen. Musk wolle einen Plan durchsetzen, der es ihm auf Basis bestimmter Vorbehalte erlaube, den Abschluss des Deals beliebig hinauszuzögern und sich Rechtssicherheit für den Fall eines Scheiterns zu verschaffen.
„Vertraut uns, wir meinen es diesmal wirklich ernst”, fassten die Twitter-Anwälte in dem Gegenantrag die Position der Musk-Seite zusammen. Dies sei aber „eine Einladung für weiteren Unfug und Verzögerungen”. Sie vertraten die Ansicht, dass Musk den Deal spätestens kommen Woche abschließen müsse.
Der Starunternehmer hatte im Frühjahr ein Kaufangebot für Twitter vorgelegt und eine Übernahmevereinbarung mit dem Verwaltungsrat des Online-Dienstes abgeschlossen. Nur einige Wochen später zeichnete sich allerdings ab, dass Musk aus dem Deal aussteigen will – was er im Juli auch offiziell einleitete. Als Begründung warf er Twitter vor, falsche Angaben zur Zahl von Fake- und automatisierter Bot-Accounts gemacht zu haben. Twitter zog vor Gericht, um Musk zur Einhaltung des Übernahmedeals zu zwingen – und Beobachter gingen weitestgehend davon aus, dass der Online-Dienst für das Verfahren die besseren Argumente auf seiner Seite hatte.
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