Twitter-Übernahme Was geht in Musks Kopf vor?

Elon Musk hat erklärt, Twitter nun doch wie im Juni 2022 vereinbart zu übernehmen - für 44 Milliarden Dollar. Quelle: imago images

Elon Musk hat beschlossen, Twitter nun doch für die ursprünglich gebotenen 44 Milliarden Dollar zu kaufen. Aber wie soll es nun mit dem angeschlagenen Kurznachrichtendienst weitergehen?

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Am Montag setzte Elon Musk zwei Friedenspläne in die Welt – einen für die Ukraine und den anderen für Twitter. Bei der Ukraine brachte er dessen Präsidenten und die halbe westliche Welt gegen sich auf. Bei Twitter ist die Sache einfacher. Auf den ersten Blick zumindest. Musk will – Paukenschlag – den Kurznachrichtendienst nun doch zu den ursprünglichen Bedingungen kaufen und dafür 44 Milliarden Dollar hinblättern, sofern Twitter seine Klage fallen lässt und ihm damit ein Gerichtsverfahren erspart.

Was geht in Musks Kopf vor? Haben ihn seine Anwälte und Vertraute überzeugt, dass er den Prozess verlieren wird? Schon jetzt sind Musks Freunde und Geschäftspartner sauer, dass bei der Beweisaufnahme ihre persönliche Korrespondenz ans Licht der Welt gezerrt wird und sie für Befragungen zur Verfügung stehen müssen. Dabei wurde unter anderem bekannt, dass Springer-Chef Mathias Döpfner Musk eilfertig die Verwaltung und den Betrieb von Twitter angetragen hatte, samt Aktionsplan.

Oder hat Musk einfach wieder Interesse an Twitter gefunden und an dessen Funktion als Sprachrohr für sich und den Rest der Welt? Wie damals im April, als er Twitter retten wollte? Musk, der keine Niederlagen eingestehen kann, wird Letzteres in Anspruch nehmen. Musk hielt sich am Dienstag zurück. „Der Kauf von Twitter beschleunigt die Kreation von X, der App für alles“, twitterte er.

Es ist zwar nicht ungewöhnlich, dass Prozesse durch außergerichtliche Einigung in letzter Minute vermieden werden. Aber normalerweise machen dann beide Seiten Zugeständnisse. Dass Musk nun die volle Summe zu den damals verhandelten Konditionen offeriert, überrascht.

Klar ist nur, dass sein neuestes Objekt in dem monatelangen Hick Hack mächtig Schaden genommen hat. Nicht nur wegen der Talente, die das Unternehmen seitdem verlassen haben.

Dass Twitter schon immer ein Problem mit gefälschten Konten hatte, war nicht nur allgemein bekannt. Sondern auch Kern von Musks Plan, um Twitter durch das Verifizieren seiner Nutzer neu aufzustellen und damit Glaubwürdigkeit zu verleihen. Musks Kampagne hat dazu geführt, dass Twitter nun in der Öffentlichkeit wie ein Zombie wirkt, der vorwiegend von Botnets betrieben wird. Wer kann dort noch guten Gewissens Werbung schalten, zumal der Wettbewerb groß ist und die drohende Rezession schon jetzt die Marketingbudgets zusammenschrumpfen lässt? Oder sich gar engagieren?

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Ein Prozess hätte das noch viel schlimmer gemacht. Denn Musk Strategie schien die derzeitigen Manager und Gesellschafter von Twitter als Trickbetrüger hinzustellen, die dann wahrscheinlich den Werbekunden wegen Vorspiegelung falscher Tatsachen auch noch Schadenersatz hätten leisten müssen. Twitter wäre erledigt gewesen und Musk hätte es vielleicht trotzdem kaufen müssen.

Derweil sind die Zweifel gewachsen, ob Musk mit seinen impulsiven Entscheidungen der Richtige ist, eine Plattform zu betreiben, die mit ihrer Meinungsmacht als Waffe eingesetzt wird.

Wie geht es nun mit Twitter weiter? Eine Idee ist, den Dienst als Stiftung zu organisieren, in der seine Nutzer über ihn regieren. Die Beteiligung von Nutzern ist ein Fundament des sogenannten Web 3.0. Aber beim Kapern von Kryptoplattformen durch Hacker hat das Modell bereits Schwächen gezeigt. Hinzu kommt, dass die 44 Milliarden Dollar nicht allein von Musk kommen, sondern auch anderen Geldgebern. Musk hat kein Geld zu verschenken. Und selbst wenn er wollte, könnte er das wegen seiner Finanzpartner nicht tun.



Twitter bleibt fürs Erste eine große Baustelle. Und darin liegt die Tragik der Geschichte. Denn Musk sollte sich eigentlich auf seine beiden Missionen konzentrieren, den Weg zu erneuerbaren Energien zu bereiten und den zur Besiedlung des Alls, falls die Erde unbewohnbar wird.

Stattdessen macht er sich mit Twitter nicht nur zur internationalen Zielscheibe für politische Grabenkämpfer, weil alle Entscheidungen immer auf ihn zurückfallen werden, selbst wenn er einen CEO einsetzen sollte.

Gleichzeitig liebäugelt er damit, seinen Supercomputer Dojo nach dem Vorbild von Amazon Web Services als Rechenkraft-Dienstleister aufzustellen. Und Tesla versucht sich auch noch als Minenbetreiber.

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Bei SpaceX geht es um noch ganz andere Dimensionen. Dort steht ein Gerangel mit Chinesen und Russen um die Vorherrschaft im Weltraum an, sind strategische und Sicherheitsinteressen des Westens betroffen. Mit Gwynne Shotwell hat Musk bei SpaceX zumindest eine Operativchefin, die das Unternehmen für ihn führt und mit der er sich zu verstehen scheint. Bei Tesla mangelt es daran noch, aber es gibt ja Autokonzernchefs, die nach einer neuen Rolle suchen.

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