
Die Personalie, die die Deutsche Telekom an einem Novembertag 2016 bekanntgab, blieb fast unbemerkt - doch sie hatte es in sich. Ausgerechnet aus dem Kreis seiner ärgsten Kritiker hatte der Branchenprimus den Spitzenmanager Johannes Pruchnow abgeworben. Als Vorstandsbeauftragter für Breitband-Kooperationen soll der frühere Versatel-Chef, Telefónica-Manager und Ex-Vizepräsident des Verbandes Breko nicht nur das zerrüttete Verhältnis zu den Telekom-Wettbewerbern kitten.
„Wir wollen die Zusammenarbeit vor allem dort verbessern, wo wir bisher nicht selbst ausgebaut haben“, erklärte damals der Deutschland-Chef der Telekom, Niek Jan van Damme. Jetzt meldet das Unternehmen den ersten Vollzug: Am Montag besiegeln die Telekom und die RWE-Ökostromtochter Innogy ein Gemeinschaftsprojekt. Zu dem auf erneuerbare Energien spezialisierten Essener Unternehmen gehören auch Glasfaser-Aktivitäten, die der Konzern in der Innogy Telnet gebündelt hat.
Zusammen wollen die beiden Unternehmen 60 Ortsnetze in ländlichen Regionen der Eifel, des Hunsrücks und des Münsterlands mit schnellem Internet versorgen, wie Telekom-Deutschland-Chef Niek Jan van Damme am Montag in einem Blog-Eintrag schrieb. Insgesamt könnten damit 55.000 Haushalte Telefon und Internet von der Telekom buchen. Die Partnerschaft sei auf zehn Jahr angelegt und könne in einer späteren Stufe bis zu eine Millionen Kunden erreichen, hieß es. Mit Blick auf ganz Deutschland fällt die Zusammenarbeit kaum ins Gewicht, da es hierzulande gut 40 Millionen Haushalte gibt.
Die Länder mit dem schnellsten Internetzugang der Welt
Die Studie untersucht die durchschnittliche Geschwindigkeit der Internet-Datenübertragungsraten in verschiedenen Ländern im 3. Quartal 2014.
Gemessen wird die Datenübertragungsrate in Dateneinheiten (Mbit - Megabit) pro Zeiteinheit (s - Sekunde).
Quelle: Akamai/Statista.com
Auf Platz 10 liegt Singapur mit einer durchschnittlichen Datenübertragungsrate von 12,2 Mbit/s.
Von Asien nach Europa: Die Tschechen surfen mit 12,3 Mbit/s im Netz.
Eine Übertragungsgeschwindigkeit von 13,4 Mbit/s im Schnitt können die Letten nutzen.
In Irland ist der durchschnittliche Internetzugang 13,9 Mbit/s schnell.
Platz 6 belegen die Niederlande mit 14 Mbit/s.
Die Schweden können sich über 14,1 Mbit/s freuen.
In der Schweiz surft man mit 14,5 Mbit/s.
Zurück in den asiatischen Raum: Japaner bewegen sich im Netz mit durchschnittlich 15 Mbit/s.
In Hongkong ist der Internetanschluss 16,3 Mbit/s schnell.
Spitzenreiter im Ranking sind die Südkoreaner: Mit 25,3 Mbit/s ist die Datenübertragungsrate in Südkorea der unangefochtene Platz 1 im Ranking der Länder mit dem schnellsten Internetanschluss. Damit sind die Südkoreaner mehr als zweieinhalb mal so schnell im Netz unterwegs wie...
...die Deutschen. Hierzulande beträgt die durchschnittliche Geschwindigkeit eines Internet-Anschlusses gerade einmal 8,7 Mbit/s. Macht Platz 31.
Die Telekom spekuliert auf neue kostenschonende Möglichkeiten zum Ausbau des schnellen Internets in ländlichen Gebieten. Da diese bislang als wenig lukrativ gelten, sind Haushalte und Gewerbetreibende dort vom Hochgeschwindigkeitsnetz bis heute noch weitgehend abgeschnitten. Doch die Politik will es anders, und die Zeit drängt: Bis Ende 2018 soll jeder Haushalt über einen schnellen Anschluss mit mindestens 50 Megabit pro Sekunde verfügen.
Telekom-Chef Tim Höttges hatte zunächst auf einen Alleingang gesetzt und damit seine Konkurrenten bis aufs Äußerste gereizt. Es begann ein endloser und lähmender Streit über den richtigen Weg beim Ausbau der Netz-Infrastrukturen - Glasfaser versus Vectoring, einer Technik zur Aufrüstung der alten Kupferleitungen. Jetzt sieht es ganz so aus, als ob die Streithähne das Kriegsbeil begraben wollen.
„Viele Themen könnten gemeinsam sehr viel sinnvoller angegangen werden als durch Versuche, neue Monopole zu schaffen“, sagt Jürgen Grützner vom Wettbewerbsverband VATM. Wie man es machen kann, zeigt eine Kooperation zwischen Innogy und dem regionalen Betreiber Netcologne in der kleinen Gemeinde Alfter bei Bonn. Hier verlegte Innogy die Glasfaser, und der Kölner Netzbetreiber nahm 500 Haushalte in sein Netz auf.
Von den Glasfasernetzen der Innogy will jetzt auch die Telekom profitieren. Denn das Energieunternehmen verlegt überall dort Glasfaser oder zumindest Leerrohre, wo Stromleitungen verbuddelt werden. Kosten senken und Kommunen in die Pflicht nehmen soll auch das im November 2016 in Kraft getretene DigiNetzG, das Gesetz zur Erleichterung des Ausbaus digitaler Hochgeschwindigkeitsnetze. Ziel: Sogenannte passive Infrastrukturen (Strom- und Gasleitungen, Abwasserkanäle, freie Rohrkapazitäten) für schnelle Netze zu nutzen.
Die Wettbewerber nehmen die Avancen des Bonner Riesen positiv auf. „Wir begrüßen den Sinneswandel der Deutschen Telekom und freuen uns auf konstruktive Gespräche“, sagt Breko-Chef Stephan Albers. So auch der Bundesverband Glasfaserindustrie: „Unsere Arme sind offen“, unterstreicht Geschäftsführer Wolfgang Heer. Die Wettbewerber hoffen vor allem darauf, dass die Telekom ihre Glasfaserprojekte in den Kommunen nicht durch Vectoring aushebelt, indem ihr schnelles Netz durch ein langsameres entwertet wird.
Dem Breitband auf der Spur - schnelles Internet, aber wie?
Es geht im Prinzip um zwei Glaubensrichtungen: Die einen favorisierten die Modernisierung bestehender Netze, die anderen wollen ein klares Bekenntnis zur Glasfaser als der alles entscheidenden Zukunftstechnologie. Die Bundesregierung hat beim Breitbandausbau eine klare Vorgabe gegeben. Bis Ende 2018 sollten alle deutschen Haushalte einen Anschluss mit Übertragungsgeschwindigkeiten im Download-Bereich von mindestens 50 Megabit haben.
Da bundesweit das schnelle Internet noch immer ein Teppich mit weißen Flecken ist, geht es nun darum, die Regionen mit schwächerer Breitband-Ausstattung nach vorn zu bringen. Das sei nur durch Vectoring möglich und machbar, heißt es bei der Telekom. Dabei zeigt ein Blick auf die europäische Landkarte, dass Deutschland nach dem „EU Digital Progress Report“ bei der Breitband-Abdeckung mit 81 Prozent schon über dem EU-Durchschnitt liegt.
Sie halten die Vorgaben der Bundesregierung für Investitionsbremsen. Die anstehenden Herausforderungen beim Aufbau der Zukunftsnetze würden nicht berücksichtigt. Als Stichworte werden Anwendungen genannt wie Ultra-HD-Fernsehen, Online-Spiele, E-Health oder die digitale Landwirtschaft. „Wir brauchen für Deutschland eine Gigabit-Strategie“, sagt beispielsweise der Geschäftsführer des Bundesverbandes Glasfaser (Buglas), Wolfgang Heer. Nur so könne die stärkste Volkswirtschaft Europas langfristig mit einer leistungsfähigen Infrastruktur ausgestattet werden.
Tatsächlich investieren mehrere kleine regionale und städtische Anbieter massiv in den Glasfaser-Ausbau. Ein Beispiel ist die Münchener M-Net, die so bis 2021 rund 70 Prozent aller Haushalte der bayerischen Metropole und über 80.000 Unternehmen einen direkten Glasfaser-Anschluss bieten will. Auch Netcologne im Köln-Aachener Raum und die Ewe-Tel in Oldenburg bauen Glasfasernetze.
Nach Angaben von Buglas werden 2016 rund 220.000 Haushalte und Geschäftskunden einen Glasfaser-Anschluss erhalten, der direkt in Häuser sowie Wohn- und Geschäftsräume läuft. Die Gesamtzahl dieser Anschlüsse wird am Jahresende voraussichtlich bei knapp 2,7 Millionen liegen, 70 Prozent davon realisiert durch Wettbewerber der Telekom.
Keinesfalls. Der Branchenprimus ist mit Abstand dasjenige Unternehmen, das am meisten in den Netzausbau investiert. Bislang wurden Leitungen in einer Länge von 400.000 Kilometern verlegt, jährlich kommen nach Konzernabgaben 30.000 Kilometer hinzu. Doch das Unternehmen setzt nicht auf den direkten Heimanschluss mit Glasfaser, sondern auf mehr Tempo im Kupferkabel auf der letzten Meile via Vectoring. Ziel sei es, sagt Firmensprecher Philipp Blank, möglichst schnell in eine große Fläche zu kommen. Glasfaser in alle Haushalte zu bringen ist nicht nur extrem teuer, sondern würde mindestens bis 2030 dauern. Konzernchef Tim Höttges legt Wert darauf, die Netze im Unternehmen „bedarfsgerecht“ und „zukunftsgerichtet“ auszubauen.
Tatsächlich ist es so, dass derzeit drei Infrastrukturen um die Gunst der Kunden buhlen: das Netz aus Kupferdraht, der direkte Glasfaser-Anschluss und das Kabelnetz, über das früher nur TV verbreitet wurde und das nun Vodafone und Unitymedia maßgeblich zu einem Hochgeschwindigkeitsnetz entwickelt haben. Zählt man den Mobilfunk hinzu, sind es sogar vier.
Mit dem neuen Verbindungsmann Pruchnow stehen die Chancen nicht schlecht, dass aus dem Gegeneinander ein Miteinander werden könnte. „Wir sind ganz offen, mit allen möglichen Anbietern zu kooperieren“, sagte Pruchnow unlängst dem „Handelsblatt“. Grützner vom VATM nimmt ihn beim Wort: „Wir werden genau beobachten, ob den Worten auch Taten folgen.“