
Der Bagger buddelt einen zehn Meter langen Graben in den Boden, dann legt Baustellenleiter Ulrich Lücke ein Glasfaserkabel in die Erde, anschließend schaufelt er das Loch wieder zu. Schon gibt es für das im Technologiepark der Dortmunder Universität ansässige Planungsunternehmen Assmann die technisch schnellstmögliche Verbindung zum Internet – und einen Kunden mehr für Lückes Auftraggeber. Der ist nicht wie sonst, wenn es um Leitungen geht, die Deutsche Telekom, sondern United Internet aus Montabaur.
Dessen Vorstandschef und Gründer Ralph Dommermuth hat in den vergangenen drei Jahrzehnten eine der erstaunlichsten deutschen Erfolgsgeschichten geschrieben. 1988 legte er als Zwei-Mann-Bude los, schlug einen ganz anderen Weg ein als die anderen Telekommunikationsunternehmen, indem er ohne eigene Infrastruktur und Leitungen in den Kundenbeständen der großen Anbieter wilderte und so Stück für Stück in ungeahnte Größenordnungen wuchs.
Heute spielt Dommermuths weit verzweigtes (United-)Internetreich mit Marken wie 1&1, GMX und Web.de in der ersten Liga und darf sich „Europas Internet-Spezialist Nummer eins“ nennen. Im Jahr 2015 machte der Konzern mit über 8000 Mitarbeitern an weltweit 40 Standorten knapp vier Milliarden Euro Umsatz. Und das soll nur ein Zwischenschritt sein. Anfang November etwa holte Dommermuth den Finanzinvestor Warburg Pincus mit Ex-Telekom-Chef René Obermann als neuen Gesellschafter der Sparte Unternehmensanwendungen an Bord, der für 450 Millionen Euro ein Drittel der Anteile übernimmt. Mit Obermann als Investor und Kai-Uwe Ricke als Aufsichtsrat gehören jetzt gleich zwei ehemalige Telekom-Chefs zu seinen Verbündeten. Mit beiden zusammen will Dommermuth nun ein neues Kapitel in der Geschichte von United Internet aufschlagen – passenderweise auf Kosten der Deutschen Telekom.
Die Länder mit dem schnellsten Internetzugang der Welt
Die Studie untersucht die durchschnittliche Geschwindigkeit der Internet-Datenübertragungsraten in verschiedenen Ländern im 3. Quartal 2014.
Gemessen wird die Datenübertragungsrate in Dateneinheiten (Mbit - Megabit) pro Zeiteinheit (s - Sekunde).
Quelle: Akamai/Statista.com
Auf Platz 10 liegt Singapur mit einer durchschnittlichen Datenübertragungsrate von 12,2 Mbit/s.
Von Asien nach Europa: Die Tschechen surfen mit 12,3 Mbit/s im Netz.
Eine Übertragungsgeschwindigkeit von 13,4 Mbit/s im Schnitt können die Letten nutzen.
In Irland ist der durchschnittliche Internetzugang 13,9 Mbit/s schnell.
Platz 6 belegen die Niederlande mit 14 Mbit/s.
Die Schweden können sich über 14,1 Mbit/s freuen.
In der Schweiz surft man mit 14,5 Mbit/s.
Zurück in den asiatischen Raum: Japaner bewegen sich im Netz mit durchschnittlich 15 Mbit/s.
In Hongkong ist der Internetanschluss 16,3 Mbit/s schnell.
Spitzenreiter im Ranking sind die Südkoreaner: Mit 25,3 Mbit/s ist die Datenübertragungsrate in Südkorea der unangefochtene Platz 1 im Ranking der Länder mit dem schnellsten Internetanschluss. Damit sind die Südkoreaner mehr als zweieinhalb mal so schnell im Netz unterwegs wie...
...die Deutschen. Hierzulande beträgt die durchschnittliche Geschwindigkeit eines Internet-Anschlusses gerade einmal 8,7 Mbit/s. Macht Platz 31.
Denn Dommermuth hat den Ausbau von Glasfaserleitungen, die schnellstmögliche Internetverbindungen garantieren, als Geschäft für sich entdeckt. Damit greift der 52-Jährige den Platzhirsch in seinem ureigenen Revier an. Das ist umso bemerkenswerter, weil der Milliardär sein Reich bisher auf den Leitungen der Telekom, zu denen er lediglich Zugänge verkaufte, aufgebaut hat. Auch heute noch ist Dommermuth einer der größten Telekom-Kunden. Über eine Milliarde Euro überweist das Unternehmen jährlich für die Nutzung der Infrastruktur.
Doch jetzt will sich Dommermuth absetzen und nicht länger der böse Trittbrettfahrer sein. Er strebt das für einen Mittelständler wie ihn größte Ziel an: die Abhängigkeit von der Telekom reduzieren.
Angriff auf Raten
Die Weichen stellte er bereits vor zwei Jahren. Im September 2014 hatte United Internet den Glasfaserbetreiber Versatel übernommen. Das in Düsseldorf ansässige Unternehmen war aus den Telekomtöchtern diverser Stadtwerke hervorgegangen und ist dadurch mit einer Gesamtlänge von 41.000 Kilometern der zweitgrößte Glasfasernetzbetreiber in Deutschland geworden. Glasfaser, das muss man wissen, gilt in der Branche als das Leitungsmaterial der Zukunft. Anders als die Kupferleitungen, mit denen die Telekom in aller Regel ihre Kunden mit dem Internet verbindet, kann Glasfaser im Prinzip unbegrenzte Mengen an Daten transportieren. Wer als Erster ein großes Glasfasernetz in Deutschland besitzt, kontrolliert den Weg für viele Kunden in eine digitale Zukunft.
Dem Breitband auf der Spur - schnelles Internet, aber wie?
Es geht im Prinzip um zwei Glaubensrichtungen: Die einen favorisierten die Modernisierung bestehender Netze, die anderen wollen ein klares Bekenntnis zur Glasfaser als der alles entscheidenden Zukunftstechnologie. Die Bundesregierung hat beim Breitbandausbau eine klare Vorgabe gegeben. Bis Ende 2018 sollten alle deutschen Haushalte einen Anschluss mit Übertragungsgeschwindigkeiten im Download-Bereich von mindestens 50 Megabit haben.
Da bundesweit das schnelle Internet noch immer ein Teppich mit weißen Flecken ist, geht es nun darum, die Regionen mit schwächerer Breitband-Ausstattung nach vorn zu bringen. Das sei nur durch Vectoring möglich und machbar, heißt es bei der Telekom. Dabei zeigt ein Blick auf die europäische Landkarte, dass Deutschland nach dem „EU Digital Progress Report“ bei der Breitband-Abdeckung mit 81 Prozent schon über dem EU-Durchschnitt liegt.
Sie halten die Vorgaben der Bundesregierung für Investitionsbremsen. Die anstehenden Herausforderungen beim Aufbau der Zukunftsnetze würden nicht berücksichtigt. Als Stichworte werden Anwendungen genannt wie Ultra-HD-Fernsehen, Online-Spiele, E-Health oder die digitale Landwirtschaft. „Wir brauchen für Deutschland eine Gigabit-Strategie“, sagt beispielsweise der Geschäftsführer des Bundesverbandes Glasfaser (Buglas), Wolfgang Heer. Nur so könne die stärkste Volkswirtschaft Europas langfristig mit einer leistungsfähigen Infrastruktur ausgestattet werden.
Tatsächlich investieren mehrere kleine regionale und städtische Anbieter massiv in den Glasfaser-Ausbau. Ein Beispiel ist die Münchener M-Net, die so bis 2021 rund 70 Prozent aller Haushalte der bayerischen Metropole und über 80.000 Unternehmen einen direkten Glasfaser-Anschluss bieten will. Auch Netcologne im Köln-Aachener Raum und die Ewe-Tel in Oldenburg bauen Glasfasernetze.
Nach Angaben von Buglas werden 2016 rund 220.000 Haushalte und Geschäftskunden einen Glasfaser-Anschluss erhalten, der direkt in Häuser sowie Wohn- und Geschäftsräume läuft. Die Gesamtzahl dieser Anschlüsse wird am Jahresende voraussichtlich bei knapp 2,7 Millionen liegen, 70 Prozent davon realisiert durch Wettbewerber der Telekom.
Keinesfalls. Der Branchenprimus ist mit Abstand dasjenige Unternehmen, das am meisten in den Netzausbau investiert. Bislang wurden Leitungen in einer Länge von 400.000 Kilometern verlegt, jährlich kommen nach Konzernabgaben 30.000 Kilometer hinzu. Doch das Unternehmen setzt nicht auf den direkten Heimanschluss mit Glasfaser, sondern auf mehr Tempo im Kupferkabel auf der letzten Meile via Vectoring. Ziel sei es, sagt Firmensprecher Philipp Blank, möglichst schnell in eine große Fläche zu kommen. Glasfaser in alle Haushalte zu bringen ist nicht nur extrem teuer, sondern würde mindestens bis 2030 dauern. Konzernchef Tim Höttges legt Wert darauf, die Netze im Unternehmen „bedarfsgerecht“ und „zukunftsgerichtet“ auszubauen.
Tatsächlich ist es so, dass derzeit drei Infrastrukturen um die Gunst der Kunden buhlen: das Netz aus Kupferdraht, der direkte Glasfaser-Anschluss und das Kabelnetz, über das früher nur TV verbreitet wurde und das nun Vodafone und Unitymedia maßgeblich zu einem Hochgeschwindigkeitsnetz entwickelt haben. Zählt man den Mobilfunk hinzu, sind es sogar vier.
„Was will er denn damit?“, unkten trotzdem damals Branchenexperten und stellten Dommermuths sonst so gutes Gespür für lohnende Investments infrage. Der Milliardär suchte zwei Jahre nach einem Dreh, wie er ohne allzu hohe finanzielle Risiken aus dem Glasfasernetz ein profitables Geschäft aufbauen kann. Denn groß geworden ist Dommermuth im Massengeschäft mit günstigen Internet-Flatrates für Privatkunden, die zuerst auf den Preis schauen.