Boomender Handel Deutsche Mittelständler zieht es nach Singapur

Wegen politischer Unsicherheiten und Know-how-Klau in China suchen deutsche Mittelständler alternative Standorte in Fernost – und entscheiden sich für den verlässlichen Stadtstaat.

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Das Bankenviertel von Singapur. Immer mehr Mittelständler zieht es nach Asien Quelle: dpa

Es gibt Punkte, bei denen macht Nicolas Guggenheim keine Kompromisse. „Natürlich sind die Lohnkosten in Singapur etwas höher als in anderen asiatischen Ländern“, sagt er, „aber ohne gute Leute geht es bei uns nicht.“ Guggenheim leitet für den Hanauer Technologieanbieter Heraeus das Geschäft mit medizintechnischen Komponenten wie zum Beispiel kleinen Federn und Röhrchen, die in Herzschrittmachern verbaut werden.

Im Oktober hat er eine Fabrik in Singapur eröffnet, dazu eine kleine Abteilung für Forschung und Entwicklung. Gut die Hälfte des Heraeus-Umsatzes stammt inzwischen aus Fernost. Vor allem für Guggenheims Sparte läuft es in der Region gut: „Immer mehr Menschen in Asien können sich einen Herzschrittmacher leisten. Außerdem werden die Leute immer älter.“

Dass die neueste Heraeus-Niederlassung in Singapur entstand, hat viele Gründe. Gut ausgebildetes Personal ist leicht zu finden. Die lokalen Behörden rollen den roten Teppich aus. Und der Urheberrechts-Schutz funktioniert: „Da haben wir in China schon ganz andere Erfahrungen machen müssen“, sagt Guggenheim.

Nachdenklichkeit macht sich breit

So wie er denken inzwischen viele Manager aus Deutschland. Der Stadtstaat Singapur mit seinen gut fünf Millionen Einwohnern positioniert sich als Destination für wissensintensive Industrien. Gut 7000 multinationale Konzerne haben hier Niederlassungen gegründet, sagt Alan Yeo vom Economic Development Board in Singapur auf dem Gipfeltreffen der Weltmarktführer in Schwäbisch Hall vor mehr als 150 Inhabern und Geschäftsführern: „Jetzt wollen wir aber auch die kleinen und mittleren Unternehmen.“ Yeo wirbt mit einem hohen Maß an Rechtssicherheit, kaum Korruption, niedrigen Steuern, einem ausgezeichneten Bildungssystem und niedrigen bürokratischen Hürden.

Deutsche Direktinvestitionen in Singapur

Er trifft bei den Mittelständlern auf offene Ohren. Denn nach Jahren des ungebremsten, teils auch unkritischen Sturms auf das Reich der Mitte macht sich Nachdenklichkeit breit. Wegen der in vielen Landesteilen dramatischen Luftverschmutzung finden manche Unternehmen kaum noch deutsche Mitarbeiter, die nach China wechseln wollen. Trotz frommer Absichtsbekundungen von Peking hat es beim Schutz geistigen Eigentums kaum Verbesserungen gegeben. Die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich und die wuchernde Korruption nähren zudem Zweifel, ob das riesige Land politisch wirklich so stabil ist, wie die kommunistischen Herrscher vorgeben. Zudem geht das Wachstum zurück.

Hören auf den Lockruf

Ein Gewinner der neuen Nachdenklichkeit ist Singapur. Die Deutschen erhören den Lockruf: Das von der Landesbank Baden-Württemberg betriebene German Centre im Westen Singapurs, das Mittelständler beim Sprung nach Südostasien unterstützt und diesen auch preisgünstige Büro- und Produktionsflächen bietet, ist zu 95 Prozent ausgelastet. Insgesamt hatten Unternehmen aus Deutschland 2012 fast zwölf Milliarden Euro in Singapur investiert. Vier Jahre zuvor waren es erst neun Milliarden Euro.

Kräftig investiert hat in Singapur etwa Mann + Hummel. Der Hersteller von Luft- und Flüssigkeitsfiltern aus dem württembergischen Ludwigsburg verdient sein Geld hauptsächlich in China, wo Autobauer Kraftstoff- und Luftfilter abnehmen. Dennoch hat Regionalchef Josef Parzhuber vor einigen Monaten die Asien-Pazifik-Zentrale von Shanghai nach Singapur verlegt. „Wenn Sie Ihren Sitz direkt im Kernmarkt haben, geraten die neuen Märkte leicht aus dem Blick“, begründet der Manager die Entscheidung gegen China.

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