Im ersten Schritt nimmt der Berater darum die bisherigen Aktivitäten seiner Schützlinge unter die Lupe, spricht mit der Geschäftsführung, mit Mitarbeitern, Zulieferern, Händlern sowie regionalen Behörden und Vereinen. „Vor allem identifizieren wir die Probleme der Region“, sagt Röthel. In Nordbayern etwa sind das Fachkräftemangel und demografischer Wandel. „Daraus entwickeln wir dann mit der Geschäftsführung eine CSR-Strategie, wie das Unternehmen darauf reagieren kann.“
Häufig fallen bei der Analyse langjährige Aktivitäten durch den Rost, weil deren Effizienz selten hinterfragt wird: Familiengeführte Unternehmen unterstützen zum Beispiel häufig den örtlichen Fußballverein, weil der Vater dort schon gespielt hat, oder die Schule der Tochter. Das kann sinnvoll sein, muss aber nicht. „Die meisten Aktivitäten haben sich aus eigenen Interessen entwickelt und dann verselbstständigt“, kritisiert Röthel. „Den Unternehmen fehlt dann die Zeit, ihre Maßnahmen zu reflektieren.“
Wie bei einem fränkischen Unternehmen, das Röthel im vergangenen Jahr beraten hat. Das hatte regelmäßig Geld an die Diakonie gespendet. Inzwischen wird die Diakonie immer noch unterstützt – aber anders und besser: Das Unternehmen hat einen Behinderten eingestellt, der vorher in der Diakonie-Werkstatt arbeitete.
„Eine Win-win-Situation“, sagt Röthel. Die Diakonie konnte einem Behinderten einen dauerhaften Arbeitsplatz verschaffen, das Unternehmen einen motivierten Mitarbeiter gewinnen, der durch staatliche Zuschüsse sogar billiger ist als ein Nichtbehinderter. Auch auf das Betriebsklima hat sich die Aktion positiv ausgewirkt.
Soll eine CSR-Strategie funktionieren, müssen die angestrebten Ziele schriftlich fixiert werden. Ein Beispiel: die Reduzierung des CO2-Ausstoßes um 30 Prozent innerhalb eines Jahres. Gemeinsam mit der Geschäftsleitung entwickelt Berater Röthel die passenden Einzelmaßnahmen. Bei der CO2-Reduktion könnte eine etwa darin bestehen, alle Glühbirnen durch LED-Lampen zu ersetzen. So kann das Unternehmen seine Ziele schrittweise umsetzen – und die Mitarbeiter mitnehmen.
Zum Verlustgeschäft dürfen solche Aktionen aber nicht werden, fordert Carsten Schmitz-Hoffmann. Er ist bei der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) in Eschborn bei Frankfurt zuständig für die Kooperation mit der Wirtschaft und betreut Unternehmen, die CSR mit entwicklungspolitischem Hintergrund betreiben. „CSR und verantwortungsvolles Handeln sind nicht mit Gutmenschentum zu verwechseln“, betont Schmitz-Hoffmann. Wenn eine Geschäftsidee einen sinnvollen Beitrag zur Verbesserung der Situation in Entwicklungsländern leistet, ist das aber ein willkommener Nebeneffekt.
Die Kirchner Solar Group aus dem hessischen Alheim, die 2013 einen Umsatz von 120 Millionen Euro erzielte, ist ein Beispiel, wie so etwas funktionieren kann. Das Unternehmen verkauft und installiert in Kooperation mit der GIZ seit 2012 Fotovoltaikanlagen in Uganda. „Die Solarzellen versorgen Mobilfunkmasten mit Strom statt wie früher umweltschädliche und anfällige Dieselmotoren“, sagt Geschäftsführer Lars Kirchner.