Exklusives WiWo-Ranking Die innovativsten Mittelständler Deutschlands

Südpack-Inhaberin Carolin Grimbacher Quelle: PR

Ein Ranking präsentiert die innovativsten Mittelständler in Deutschland. Die Sieger brillieren durch ein hohes Maß an Anpassungsfähigkeit, kluge Konzepte gegen den Personalmangel – und nachhaltige Ideen fürs Klima.

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Der Firmencampus im oberschwäbischen Ochsenhausen hat ein eigenes Ortsschild, schwarze Schrift auf gelbem Grund: „Südpack“ steht da, darunter „Tradition“ – und dann ist da noch ein Pfeil, der zeigt auf „Innovation“. Das Schild ist ein Sinnbild für die Wandlungsbereitschaft bei Südpack. Inhaberin Carolin Grimbacher, die Tochter des Gründers, erfindet den 58 Jahre alten Betrieb gerade neu.

„Tradition“, das ist die Geschichte ihres Vaters: Der Molkereimeister Alfred Remmele erfand 1964 eine Folie, in der Käse luftdicht verpackt reift. Diese Folien produziert Südpack bis heute. Hauptgeschäft sind immer noch Verpackungen für Lebensmittel. Sie umhüllen Hackfleisch im Supermarkt und kleiden Kaffeekapseln aus. Aber auch Hersteller von mRNA-Impfstoffen nutzen die Folien inzwischen als Innenbeschichtung für Behälter. Dieses neue Anwendungsfeld hat Südpack im zweiten Coronajahr 2021 ein gewaltiges Umsatzplus beschert: von 450 auf 600 Millionen Euro.

Südpack ist Technologieführer in seiner Branche und gehört damit zu den 100 innovativsten Mittelständlern in Deutschland. Die Beratung Munich Strategy hat im Auftrag der WirtschaftsWoche ein Ranking aus 4000 deutschen Unternehmen ermittelt. Vorn liegt ein Unternehmen, das im Frühjahr schon bei einem Innovations-Wettbewerb zu den Siegern gehörte: Knauer Wissenschaftliche Geräte. Die Anlagen der Berliner für die Herstellung von mRNA-Impfstoffdosen sind eine Weltneuheit. Innovation sei zunehmend „Bestandteil von Unternehmenskultur und Unternehmensprozessen“, sagt Barbara Siegert, Expertin für Digitale Transformation und Partnerin bei Munich Strategy: „Immer mehr mittelständischen Unternehmen gelingt es, ihr Geschäftsmodell flexibel an Trendthemen und Herausforderungen der Zeit anzupassen.“ So wie Südpack – und drei weiteren Firmen aus den Top 15 des diesjährigen Rankings.

von Konrad Fischer, Andreas Menn, Michael Kroker

Bei Südpack stellt Chefin Grimbacher ihre Firma zunehmend nachhaltiger auf. Die Produktion wird auf geschlossene Stoffkreisläufe ausgerichtet. Südpack nutzt dafür immer mehr aufgearbeitetes Material und setzt auf Kunststoffgranulat aus dem chemischen Recycling, bei dem Kunststoff in seine Bestandteile zerlegt wird. Die fertige Folie bekommt den aktuellen Recyclinganteil zugerechnet. Beim mechanischen Recycling verwendet Südpack Kunststoffreste aus der eigenen Produktion direkt wieder. „Wir sind davon überzeugt, dass das chemische Recycling das mechanische ergänzt“, sagt Unternehmerin Grimbacher: „Wir brauchen beides.“

Das Thema Kreislaufwirtschaft treibt die Branche um. „Es geht nicht darum, aus einem Joghurtbecher wieder einen Joghurtbecher zu machen, sondern Neumaterial durch hochwertige Rezyklate zu ersetzen“, sagt Mara Hancker von der Industrievereinigung Kunststoffverpackungen. Nicht recyclingfähige Verpackungen zu verwenden, das müssten Unternehmen in Zukunft gut begründen. „Südpack zählt zu den Pionieren in der Nachhaltigkeit“, lobt die Munich Strategy die Nummer zwei des Innovationsrankings. Die Produktion stellen ein Blockheizkraftwerk sowie Fotovoltaikanlagen sicher, von denen weitere auf den Dächern entstehen sollen. Privat hat Grimbacher in Windkraft investiert.

Interboden: Quartiere mit Concierge und Community

Die Bewohner im Maxfrei-Viertel in Düsseldorf werden nach der für 2025 geplanten Fertigstellung nicht den Nachbarn fragen müssen, ob er im Urlaub die Blumen gießt oder die Katze füttert. Sie werden in der Quartiers-App stattdessen wahlweise den Tiersitter buchen oder eine Servicekraft beauftragen, Hemden zu bügeln und Pakete anzunehmen. Auch eine Kita ist geplant.

Siegel

Das Maxfrei, ein Joint Venture der Projektentwickler Interboden aus Ratingen bei Düsseldorf und Hamburg Team, möchte mehr sein als ein modernes Wohnquartier. Interboden – 120 Millionen Euro Umsatz, 140 Mitarbeiter – will sich mit Rundumservice und Communityfeeling von der Konkurrenz abheben. Und das klappt laut Verband der mittelständischen Wohnungs- und Immobilienwirtschaft: „Schöne Häuser bauen viele“, sagt der NRW-Landesvorsitzende Martin Dornieden. Aber Interboden sei ein „sehr gutes Beispiel“ für den Trend, „auch das Umfeld zu gestalten“.

Ortstreue als Konzept: Das Interboden-Quartier Maxfrei entsteht rund um eine ehemalige Gefängniskirche in Düsseldorf. Quelle: PR

Der Architekt Heinrich Götzen hat Interboden 1950 gegründet. Er entwarf bald darauf nicht mehr nur Objekte, sondern fing auch an, selbst zu verkaufen und zu vermieten. Inzwischen gibt es in den Quartieren so ziemlich alles, was die Bewohner täglich wünschen: Supermärkte, Spielplätze, Parks, Restaurants, Cafés, Conciergedienst. „Wir wollen nicht nur Beton dahin stellen, sondern ein richtiges Leben schaffen“, sagt Geschäftsführer Thomas Götzen. Der Enkel des Gründers und heutige Inhaber führt das Unternehmen mit Vater Reiner seit 2020.

Interboden experimentiert gern. 2023 will das Familienunternehmen das Bürogebäude The Cradle in Düsseldorf fertigstellen – in Anlehnung an den englischen Begriff für Kreislaufwirtschaft: Cradle to Cradle. Es wird zu 97,7 Prozent aus wiederverwertbaren Rohstoffen gebaut, nur ein Bruchteil der Baustoffe landet also irgendwann auf dem Müll. The Cradle besteht zu einem großen Teil aus Holz und verursacht rund 40 Prozent weniger CO2 als herkömmliche Gebäude. Interboden hat für das Konzept Preise gewonnen. Sollte der Gesetzgeber nachhaltiges Bauen vorschreiben, hätte die Firma schon mal einen Erfahrungsvorsprung. Aber auch Wohnhäuser „cradle“ bauen? Götzen zögert: „Das ist ökonomisch natürlich schwieriger umzusetzen.“

Zur Methodik

Die Vision der Inhaberfamilie für die Wohnquartiere heißt: Wer in einer Interboden-Anlage wohnt, muss sein Quartier kaum verlassen. Beim Maxfrei-Areal entbehrt das nicht unfreiwilliger Komik. Denn die komfortable Wohnanlage entsteht auf dem Gelände der früheren Justizvollzugsanstalt Ulmer Höh, die ebenfalls eine gewisse Ortstreue ihrer Bewohner erwartete. Zentraler Anlaufpunkt des Maxfrei wird die alte Gefängniskapelle.

Wer hier kauft oder mietet, bucht den Conciergeservice für die ersten zwei Jahre – ob er will oder nicht. Im Schnitt kostet das monatlich 50 Cent pro Quadratmeter. Nach Ende des Pflichtabos kündigen erfahrungsgemäß nur „10 bis 15 Prozent“ der Kunden, versichert Götzen. 500 Wohnungen umfasst das Quartier. Mehr als die Hälfte davon vermietet Interboden an Studierende oder Geringverdiener. Das schreibt die Stadt Düsseldorf vor. Sozial Schwächere und Bessergestellte, denen die Maxfrei-Wohnung 8400 Euro pro Quadratmeter wert ist – weit mehr als im Düsseldorfer Stadtteil Derendorf üblich –, werden Nachbarn. Auch das ist innovativ.

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