Helden Contra Corona – Erfahrungsbericht #19 „Es ist nicht so einfach, Aufträge ohne Störungen abzuarbeiten“

Giax-Geschäftsführer Jörg Hellwig Quelle: PR

Jörg Hellwig ist Chef von Giax, einem Systemtechnik-Ausrüster für Kabelnetzbetreiber. Im Interview erklärt der „Held des Mittelstands“, wie sein Team trotz Homeoffice am Testequipment werkelt und 3D-Masken druckt.

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Wenn Vodafone seine TV-Kabel auf Gigabit-Geschwindigkeiten beschleunigt, dann steckt auch Technik des Erlangener Startups Giax dahinter. Jetzt stößt das Internet an seine Belastungsgrenze. Giax-Geschäftsführer Jörg Hellwig, „Held des Mittelstands“ im Juni 2019, muss viel telefonieren, um Lieferengpässe beim Transport von Bauteilen aus China zu überwinden.

Herr Hellwig, Ihr Unternehmen Giax entwickelt Turbos, die das Internet ins Gigabit-Zeitalter katapultiert. Durch die Corona-Pandemie explodiert der Datenverkehr. Spüren Sie das schon in den Auftragsbüchern? Zieht die Corona-Krise an Ihnen vorbei?
Unsere Kunden, die Netzbetreiber, sind nicht so schnell, dass sie sofort ihre Investitionen aufstocken. Zum Glück können wir weiterarbeiten. Wir kämpfen aber im Moment darum, dass es nicht zu große Verzögerungen bei den vorhandenen Aufträgen gibt. Es ist nicht so einfach, die Aufträge in der momentanen Ausnahmesituation ohne Störungen abzuarbeiten.

Wo liegt das Problem?
Die Zusammenarbeit mit unseren Kunden läuft auch digital recht gut. Doch einige Aktivitäten, die bisher an einem Tag vor Ort erledigt waren, brauchen aus der Ferne zwei bis drei Tage oder werden in die nächste Woche verschoben, da Mitarbeiter bei unseren Kunden auch aus dem Homeoffice arbeiten. In unserer Lieferkette treten die ersten Engpässe auf. Einige Bauteile kommen aus China. Weil die Fluggesellschaften einen Großteil ihres Linienverkehrs einstellen, werden auch die Transportkapazitäten aus China knapp. Bis ein Bauteil bei uns ist, treten schon mal Verzögerungen von drei Wochen auf. Gerade die Lieferung von Bauteilen in kleinen Mengen, die nur wenige Cent kosten, wird dann zum Problem. Da müssen wir momentan viel hinterher telefonieren. Ein Stück weit ist das Krisenmanagement. Und das haben wir in dieser krassen Form auch noch nicht erlebt. Bisher haben wir aber immer Lösungen gefunden. Das bremst uns nicht komplett aus. Wir müssen aber nach Alternativen Ausschau halten und höhere Transportpreise schlucken.

Wie gehen Sie als Startup mit gerade mal zehn Mitarbeitern mit den Kontakteinschränkungen um?
Alle Mitarbeiter arbeiten im Homeoffice. Bei uns funktioniert das prima, weil wir das schon seit Jahren so praktizieren. Allerdings nicht in dem Ausmaß wie heute. Das heißt: Unsere Mitarbeiter müssen sich jetzt damit arrangieren, dass auch Frau und Kinder zu Hause sind.

Ihre Büros in Erlangen sind also verwaist?
Ein oder zwei Mal pro Woche fährt einer von uns ins Büro. Aber ansonsten stehen die Räume leer. Wir entwickeln weiter neue Produkte und Lösungen, die das Internet schneller machen. Das dafür benötigte Testequipment steht jetzt aber bei den Mitarbeitern auf einem Tisch zu Hause. Deshalb können wir ohne größere Einschränkungen weiterarbeiten. Das klappt sogar bei unseren Auslandsprojekten in Belgien, Kanada und den USA. Unsere Vertriebsmitarbeiter dort und auch unsere Kunden arbeiten alle im Homeoffice.

Der Personaldienstleister Studitemps, ein „Held des Mittelstands“, vermittelt Studierende an Unternehmen. Gerade jetzt suchen viele nach einem Job – und Supermärkte und Logistiker nach flexiblen Arbeitskräften.
von Philipp Frohn

Und wenn es virtuell nicht weitergeht, setzt sich keiner Ihrer Mitarbeiter ins Auto und klingelt an Ihrer Wohnungstür?
So einen Fall hatten wir noch nicht. Manchmal fährt einer alleine ins Büro und testet dort eine neue Lösung. Aber das ist die absolute Ausnahme. Bei der Freundin eines Mitarbeiters bestand der Verdacht, dass sie sich mit Corona infiziert haben könnte. Dieser Mitarbeiter durfte das Haus ein paar Tage nicht verlassen. Doch der Corona-Test war zum Glück negativ. Ich bin fest davon überzeugt: Die Coronakrise wird dem Homeoffice zum Durchbruch verhelfen. Die Unternehmen sollten sich nicht komplett umstellen. Aber an drei von fünf Arbeitstagen können sich Mitarbeiter das Pendeln ins Büro sparen. Es ist wichtig, dass sich die Teams regelmäßig treffen. Das muss aber nicht jeden Tag sein.

Helfen Sie anderen Unternehmen aus der Coronakrise?
Wir unterstützen die Stanford University mit ihrem Projekt Folding@home, das Forscher bei der Suche nach einem Gegenmittel für Corona-Infizierte unterstützt. Wir spenden einen Teil unserer Computerleistung, damit Forscher auf die Ressourcen einen virtuellen Supercomputers für ihre Analysen zurückgreifen können. Außerdem produzieren wir Schutzmasken aus Kunststoff auf unseren 3D-Druckern und statten damit Ärzte und Pflegekräfte in den örtlichen Krankenhäuser aus.

Wie viele Masken haben Sie denn schon produziert?
Pro Tag können wir 30 Schutzmasken herstellen. Anfragen für weitere 500 liegen vor. Wir verdienen daran nichts. Die meisten verschenken wir oder verkaufen sie zum Selbstkostenpreis.


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In der Rubrik Helden des Mittelstands porträtiert die WirtschaftsWoche regelmäßig einen Mittelständler, der eine Herausforderung kreativ, mutig und klug gemeistert hat. Doch was tun diese Helden gegen die Coronakrise? Wir haben nachgefragt. Alle Folgen der Serie „Helden Contra Corona“ finden Sie hier.

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