Sustainable Impact Award 2021 SIA Award: Das sind die Gewinner

Die Verleihung des SIA Award 2021 in Düsseldorf. Quelle: Uta Wagner für Handelsblatt

Nachhaltigkeit drängt, wer will da schon stillstehen: Die Preisträger feiern den ersten Sustainable Impact Awards. Doch direkt im Anschluss wollen sie darüber diskutieren, wie sie die nächsten Probleme lösen können.

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Eigentlich braucht Christoph Werner gar keine Mascara. Das hängt zwar nicht wirklich mit Nachhaltigkeit zusammen, mehr mit der Frage, wie Werner als Geschäftsführer der Drogeriemarktkette dm auftreten will. Eine Frau, sagt Werner dann, brauche vielleicht auch nur einen Mascara und keine zehn. „Aber fünfzig verschiedene Frauen brauchen vielleicht zehn verschiedene Sorten Mascara.“

Der erste Preis an diesem Abend ist noch gar nicht verliehen, da fasst Werner so bereits eins der ganz großen Dilemmata um unternehmerische Nachhaltigkeit zusammen. Alle Unternehmen wollen nachhaltiger sein – aber sie wollen auch wachsen und die Wünsche ihrer Kunden erfüllen. „Wollen wir zu einer autoritären Wirtschaft kommen, die Konsumenten vorschreibt, was sie zu konsumieren haben und was nicht?“ Nein, sagt Werner. Stattdessen brauche es Wettbewerb – und eine Politik, die Regeln setzt.

Überhaupt dürfe man die Verantwortung über Nachhaltigkeit nicht länger den Konsumenten auf die Schultern laden, fordert auch Anna Alex, Gründerin von Planetly. Das Start-up hilft Unternehmen dabei, ihren CO2-Fußabdruck zu berechnen. Beim Sustainable Impact Award ist Alex neben Werner als Expertin für die Paneldiskussion eingeladen. „Wir dürfen die Rolle von Unternehmen nicht unterschätzen“, fordert sie. Jetzt seien die Unternehmen an der Reihe, zu handeln.

„Soziale und ökologische Nachhaltigkeit ist noch längst keine Selbstverständlichkeit“, hatte bereits WirtschaftsWoche-Chefredakteur Beat Balzli den Abend eröffnet: „Der Sustainable Impact Award will dabei helfen, den Nachhaltigkeitsdruck zu erhöhen.“

SIA Award 2021

Es ist das erste Mal, dass die WirtschaftsWoche gemeinsam mit der Versicherung Generali und dem Bundesverband mittelständischer Wirtschaft den Award verleiht – und das gleich in fünf Kategorien. Mit Applaus in Düsseldorf und Konfetti im digitalen Livestream werden die Preisträger gefeiert. Alle sind Unternehmen, die Nachhaltigkeit und Verantwortung gegenüber ihren Mitmenschen und der Umwelt zu ihrer Priorität gemacht haben. Doch schon nach wenigen Minuten der Gala wird deutlich: Es sind auch Unternehmen, die sich nicht gerne auf ihren Award-Skulpturen ausruhen. Stattdessen haben sie bereits die nächsten Probleme identifiziert.

So wie Elobau, Preisträger in der Kategorie „Impact on Earth“. Das Unternehmen entwickelt Sensorik insbesondere für Nutzfahrzeuge. Elobau ist bereits seit 2010 klimaneutral, setzt Regenwasser ein sowie Fahrzeuge mit nachhaltigem Antrieb und hat so gesehen schon viel erreicht. „Wir halten da auch nicht an und verwalten den Kontostand, den wir jetzt erreicht haben“, sagt Michael Hetzer, langjähriger Geschäftsführer der Elobau. So wolle Elobau weiter daran arbeiten, auch die Lieferanten von mehr Nachhaltigkeit zu überzeugen. Außerdem müsse man sich die Frage stellen, was mit den Produkten am Ende des Lebenszyklus geschieht. „Wir beschäftigen uns sehr intensiv mit dem Thema Recyclingfähigkeit“, sagt Hetzer. „Also da gibt es noch einige Aufgaben.“

Wolfgang Rahms von Africa GreenTec, ebenfalls ausgezeichnet mit dem „Impact on Earth“-Award, verlangt mehr Mut. Das Unternehmen stellt sogenannte Solartainer her, Container, die mit Solaranlagen und Wasseraufbereitung ganze Dörfer in Afrika versorgen sollen. Das Unternehmen ist vor allem in Mali aktiv, wo Gründerin Aida Schreiber ihre Wurzeln hat. Kein einfaches Land, gibt Rams zu. „Die Deutschen sehen immer mehr die Risiken als die Chancen. Und ich kann nur sagen, die Chancen sind gigantisch.“

Das weiß auch Uwe Marschall, Gründer von Mahafaly. Als Entwicklungshelfer bei einem Projekt für Straßenkinder hat er in Madagaskar gearbeitet und gelebt. Diese Erfahrung hat ihn nie wieder losgelassen. Heute importiert Marschall Handwerkskunst aus Afrika, Kämme und Körbe oder aus Recyclingmaterial hergestellte Automodelle. Alle Produktion bleibt im Land, die Familien vor Ort würden fair für ihre Arbeit bezahlt, sagt Marschall. Dass es tatsächlich ein Lieferkettengesetz braucht, damit andere Unternehmen ähnlich mit ihren Lieferanten umgehen, findet er erschreckend. „Das Lieferkettengesetz sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein. Fair miteinander umzugehen sollte auf allen Ebenen gelten.“ Die Jury zeichnete Mahafaly dafür mit dem Award in der Kategorie „Impact of Product“ aus.

Auch die Brauerei und Limonadenproduzenten von Neumarkter Lammsbräu legen wert auf nachhaltige Produkte, die Getränke sind bio. Weniger bekannt ist, wie sehr sich das Unternehmen für seine Belegschaft und den Zusammenhalt einsetzt: Neumarkter Lammsbräu gewann in der Kategorie „Impact on Humans.“ Der Mittelständler unterstützt nicht nur flexibles Arbeiten und feiert fleißig Feste, sondern hat bereits vor acht Jahren ein Bonussystem eingeführt, um die Gesundheit seiner Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zu fördern und veranstaltet zum Beispiel einen digitalen Firmenlauf. „Da geht es vielleicht bei dem einzelnen Teilnehmer mal Konkurrenz“, sagt Melanie Rothenwolle, Personalleiterin bei Neumarkter Lammsbräu. „Aber eigentlich geht es um den Zusammenhalt.“

Nur sind es nicht nur große und lang gewachsene Unternehmen, die vorleben, wie Nachhaltigkeit funktionieren kann. Die Generali hat deshalb zwei Sonderpreise gestiftet. Den SIA für „SME EnterPrize“ konnte Bunte Burger entgegennehmen. Die Gründer Mario Binder und Ulrich Glemnitz starteten mit ihren bio-veganen Burgern mit Restaurant und Foodtruck und viel „Management by Bauchgefühl“, wie Glemnitz sagt. Das hat sich ausgezahlt: Mittlerweile arbeiten sie daran, die Burger auch in die Supermarktregale zu bringen.

Für den zweiten Sonderpreis muss sich Mohamad Alhamod den Weg vom anderen Ende des Raums zur Bühne bahnen, an Stühlen und Beistelltischen vorbei. „Ich habe das wirklich nicht erwartet“, sagt Alhamod, als er den SIA für „THSN-NewComer“ in der Hand hält. Er stammt aus Syrien, hat dort bei einem Herrenschneider gelernt und in Beirut und Damaskus gearbeitet. Dann wurde er zum Flüchtling. In München hat er nicht nur seine neue Heimat gefunden, sondern auch sein eigenes Haute Couture Label gegründet: Eliev. „Ich habe an mich geglaubt, dass ich etwas schaffen kann“, sagt er. „Aber ich bin noch auf dem Weg, ich bin noch nicht fertig.“

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Denn eigentlich will Alhamoud die Produktion seiner Kleidung gerne nach Jordanien verlegen, wo viele Syrer in Flüchtlingslagern leben. Viele davon haben keine Arbeit. Aber, sagt Alhamoud, „Arbeit kann am leben halten, einfach lebendig halten.“ Noch sei die Produktion in Jordanien schwierig, wegen der Coronakrise und politischen Konflikten sind viele Grenzen geschlossen. „Ich versuche das zu realisieren“, sagt Alhamoud. „Wenn nicht jetzt, dann vielleicht morgen.“

Mehr zum Thema: Die Verleihung des SIA Award: Sehen Sie die ganze Veranstaltung hier im Videostream.

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