In den Lofts herrscht ein Gewimmel wie auf einer Geflügelfarm von Wiesenhof. An die 100 junge Menschen sitzen dicht an dicht in langen Reihen vor ihren Laptops. Die Schreibtische bestehen großenteils aus Spanplatten, die auf Holzböcken ruhen. Einziger Schmuck der kargen Büros sind Bilder an der Wand, auf denen Butch Cassidy, John Dillinger, Robin Hood und andere legendäre Räuber zu sehen sind. Neben jedem Porträt stehen die Sätze: „Stealing money from banks will get you in jail. Making more money by cutting out banks will get you rich.”
„Es ist verboten, eine Bank auszurauben, aber höchst rentierlich, den Geldhäusern die lukrativsten Geschäfte abzuknöpfen“ – so lautet, frei übersetzt, das Motto der Firma Lendico.
Sie ist das jüngste Unternehmen, das die Samwer-Brüder Oliver, Marc und Alexander gegründet haben. Ebenso wie ihre Holding Rocket Internet hat Lendico seinen Sitz in einer ehemaligen Zigarettenfabrik in Berlin-Mitte. Nach Online-Auktionen (Alando), Klingeltönen (Jamba) und Mode (Zalando) wollen Deutschlands größte Internet-Unternehmer jetzt in ein neues Geschäft einsteigen: die Vermittlung von Krediten unter Privatleuten.
Dort wittern die Samwers enorme Chancen. Angeblich verdienen Banken mit kaum einem Geschäft so viel Geld wie mit Konsumentenkrediten. „Hier beträgt die Zinsspanne im Durchschnitt sieben Prozent. Wir wollen dafür sorgen, dass die gewaltige Gewinnspanne zu großen Teilen an die Kreditnehmer und Kreditgeber geht“, sagt Lendico-Geschäftsführer Dominik Steinkühler. Der 33-Jährige war zuvor Investmentbanker bei Rothschild und Projektleiter bei Boston Consulting.
Simpel, aber bisher erfolglos
Das Geschäftsmodell ist simpel: Kreditnehmer, die ein Auto, neue Möbel oder einen Fernseher kaufen wollen, melden sich auf der Plattform von Lendico an. Dort können dann andere Privatleute mit kleinen und kleinsten Beiträgen das beantragte Darlehen finanzieren. Lendico verspricht nichts weniger als ein kleines Finanzwunder: Die Kreditnehmer sollen weniger Zinsen zahlen als bei der Bank und die Kreditgeber höhere Renditen bekommen als auf dem Sparbuch.
„P2P“ oder „Peer to Peer“ (von Gleich zu Gleich) heißt das angebliche Mirakel, an dem sich schon andere Unternehmen versucht haben. Wirklich erfolgreich war keines, viele P2P-Anbieter gaben auf, in Deutschland etwa eLolly und SOS Money. Die Kunden wollten von den Kreditbörsen wenig wissen. Bei traditionellen Banken sind die Zinsen oft deutlich niedriger als bei den Online-Börsen. Zugleich scheuen sich Privatleute hierzulande, fremden Menschen Geld zu leihen. Die Gefahr, dass Kreditnehmer nicht zahlen, ist in der Tat groß. Angesichts der hohen Ausfallwahrscheinlichkeit können die üppigen Renditen, die den Investoren in Aussicht gestellt werden, sehr schnell schrumpfen.