Umgekehrt hat der Staat am lebhaften Immobilienhandel auch gut verdient. Wer seine Wohnung oder sein Haus verkauft, überweist den Finanzbehörden 22 Prozent des Gewinns aus dem Verkauf. Die Schweden nennen das „Umzugssteuer“, weil sie auch beim Wechsel in ein anderes Eigenheim anfällt. Wie auch die knappen Mietwohnungen trägt diese Steuer dazu bei, dass die schwedischen Arbeitnehmer zunehmend an Mobilität bei der Arbeitsplatzsuche einbüßen.
Mit Niedrigzinsen zum Eigenheim
Langfristige Baukredite mit festen Zinsen für zehn bis 15 Jahre gibt es derzeit oft mit einer Verzinsung von unter drei Prozent. Allerdings haben die Preise für Immobilien besonders in Großstädten in den vergangenen Jahren deutlich angezogen.
Immobilien gelten nicht als Renditeknüller. Allerdings sind sie gerade in Krisenzeiten Verbraucherexperten zufolge eine solide Geldanlage. Der Wert einer Immobilie ist vergleichsweise sicher - vorausgesetzt, Preis, Qualität und Lage stimmen. In jedem Fall sollte ein Immobilienkauf gut überlegt sein.
Hier hilft nur ein Vergleich der verschiedenen Anbieter, wobei die Auswahl an Krediten laut Stiftung Warentest derzeit besonders groß ist. Bauherren und Käufer können dafür Vergleichsrechner im Internet nutzen. Auch Verbrauchermagazine und Zeitungen liefern häufig aktuelle Zinskonditionen. Die Hausbank kann ein wichtiger Ansprechpartner sein - ist jedoch nicht immer zwingend die erste Wahl. Ein Anbietervergleich kann teils mehrere zehntausend Euro sparen.
Kredite für Häuser oder Wohnungen laufen meist über zehn, 20 oder 30 Jahre. Hierbei werden die Zinsen in aller Regel nur für einen begrenzten Zeitraum von mehreren Jahren festgelegt. Läuft diese sogenannte Zinsbindungsfrist ab, verhandeln Bank und Kunde die Verlängerung des Darlehens. Der Bauherr kann dann auch umschulden und zu einem günstigeren Anbieter wechseln. Verbraucher sollten mehrere Monate vor Auslaufen der Frist neue Angebote einholen. Wegen der historisch niedrigen Zinsen gibt es derzeit auch besonders günstige Anschlusskredite.
An sich werden feste monatliche Raten vereinbart. Baukredite geben oft aber auch das Recht auf Sondertilgung, das heißt die Rückzahlung von Geld zusätzlich zu den vereinbarten Raten. Auch kann ausgehandelt werden, dass der Bauherr die Raten anpassen kann, etwa wenn sich das Einkommen verändert.
Finanzexperten sehen ein Eigenkapital von 20 bis 30 Prozent des Immobilienpreises als eine solide Basis an. Für ihre angebotenen Top-Zinsen wollen die Banken häufig allerdings 40 Prozent Eigenkapital sehen. Teils sind Banken auch bereit, den vollen Kaufpreis zu finanzieren. Dafür verlangen sie aber oft happige Risikoaufschläge beim Zins.
Bei der staatlichen Förderbank KfW gibt es Darlehen etwa für den Kauf selbstgenutzten Wohneigentums, energieeffizientes Bauen und Sanieren oder auch für altersgerechtes Wohnen. Daneben zahlt der Staat die Wohnungsbauprämie von 8,8 Prozent beim Bausparen. Auch gibt es in Form des sogenannten Wohn-Riesterns staatliche Unterstützung für den Kauf selbstgenutzter Immobilien zur Altersvorsorge.
Risiken wie diese können mit Versicherungen ganz oder zumindest teilweise abgedeckt werden. So gibt es Versicherungen gegen Berufsunfähigkeit, Arbeitslosigkeit, Lebensversicherungen oder Restschuld-Versicherungen. Verbraucher sollten sich vor Abschluss einer Police und eines Baudarlehens gut über einen Versicherungsschutz beraten lassen. Die Stiftung Warentest rät zu Versicherungen für den Todesfall.
Längst haben auch die Politiker erkannt, dass sich in Schweden eine Immobilienblase aufbaut. Unternommen haben sie jedoch bislang nichts. Die konservative Regierung unter Reinfeldt hat das Thema gemieden und den Boom sogar noch weiter angeheizt. Wichtiger war der Regierung ein Staatshaushalt ohne Neuverschuldung angestrebt. Zuletzt brachte der es sogar auf einen kleinen Überschuss. Aber die privaten Schulden sind indessen weiter gewachsen.
Erst seit kurzem rudern die großen Hypothekenbanken zurück und gestatten Neukunden oft nur noch ein Kreditvolumen von 85 Prozent oder weniger des Kaufpreises einer Immobilie.
Löfvens neue rot-grüne Regierung will zwar Jobs und Wohnraum schaffen, aber an die halsbrecherischen Finanzierungsmethoden und allzu bereitwillige Kreditvergabe traut auch er sich bislang nicht recht ran. Den erlahmten Wohnungsneubau will er stärken, indem er die Vorschriften dafür lockert.
Er weiß, dass sich die Schweden darauf verlassen, dass der Staat die Immobilienbesitzer im Falle steigender Zinsen und fallender Immobilienpreise schützt. Zudem ist das Neubauvorhaben populär: Allein im Großraum Stockholm fehlen 122.000 Wohneinheiten – in zehn Jahren werden es schätzungsweise 400.000 sein, wenn die Regierung nicht gegensteuert.
Tilgung ist endlich Thema
Wie dringend Maßnahmen gegen die privaten Schulden sind, betonte zuletzt der Gouverneur der schwedischen Zentralbank (Riksbank) Stefan Ingves, nachdem er Ende Oktober den Leitzins überraschend auf Null gesenkt hatte, um die seit einem Jahr schwelende Deflation zu bekämpfen.
Wirtschaft und Wachstum seien zwar auf einem hohen Niveau, doch die Verschuldung der privaten Haushalte für den Immobilienerwerb müsse dringend von der Regierung angegangen werden. Ein guter Schritt wäre ihm zufolge eine obligatorische Tilgung der Kredite und eine Beschränkung der Abschreibungszeiträume. Der Bankenverband etwa schlug vor, die Tilgung von drei Vierteln der Kredite anzustreben.
Das würde vielen verschuldeten Haushalten sicher weh tun. Aber besser spät als nie.
*Name von der Redaktion geändert