Selbstkritische Rede Merkel räumt Fehler in Flüchtlingskrise 2015 ein

Unüberhörbar selbstkritisch hat sich Kanzlerin Angela Merkel am Montagmittag in Berlin gezeigt. Zur Flüchtlingskrise sagte sie, wenn sie könnte, würde sie die Zeit zurückdrehen.

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Angela Merkel am Montag Quelle: AP

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Versäumnisse der Regierung im Umgang mit der Flüchtlingskrise 2015 eingeräumt. Wenn sie könnte, würde sie die Zeit zurückdrehen, damit Deutschland besser auf die Entwicklungen vorbereitet gewesen wäre, sagte Merkel am Montag in Berlin. Sie werde dafür kämpfen, dass eine solche Krise nicht mehr passieren könne. "Die Wiederholung der Situation will niemand, auch ich nicht." Es müsse aber auch gesehen werden, dass immer weniger Flüchtlinge nach Deutschland kämen.

Merkel reagierte mit ihren Äußerungen auf den Ausgang der Landtagswahl in Berlin vom Sonntag, bei der die CDU ihr bislang schlechtestes Ergebnis eingefahren hat. Als Bundesvorsitzende der Partei trage auch sie dafür eine Verantwortung, betonte Merkel. Die deutlichen Einbußen ihrer Partei bezeichnete sie als „sehr bitter“. Wie in Mecklenburg-Vorpommern habe es landespolitische Gründe gegeben, „aber nicht nur“, sagte Merkel. Eine Ursache für das schlechte Abschneiden sei, dass Richtung und Ziel der Flüchtlingspolitik nicht ausreichend erklärt worden seien.

Die Kanzlerin räumte auch ein, dass der Flüchtlingszuzug nach Deutschland im vergangenen Jahr vorübergehend außer Kontrolle geraten sei. Zwar stehe sie voll zu ihren damaligen Entscheidungen. „In der Abwägung war es absolut richtig, aber es hat letztendlich dazu geführt, dass wir eine Zeit lang nicht ausreichend Kontrolle hatten“, sagte Merkel in Berlin. Sie wolle nun darum kämpfen, dass sich diese Situation nicht wiederhole, „weil wir aus der Geschichte gelernt haben“, betonte sie.

Die von der CSU geforderte Obergrenze von 200.000 Flüchtlingen im Jahr lehnt sie weiter ab. Es gelte, die Zahl zu reduzieren, „aber nicht durch eine statische Zahl“, sagte Merkel. Deshalb müsse mit der CSU „an dieser Stelle weiter gearbeitet werden“. Merkel betonte mit Blick auf Sicherheitspakete, Integration und Abschiebungen, „dass uns sehr, sehr viele Dinge einen“.

Beide Unionsparteien wollten bei Fachkonferenzen in diesem Herbst Themen zusammenzuführen. „Gemeinsam sind wir mit Sicherheit stärker, als wenn wir die Differenzen immer in den Vordergrund stellen.“

CSU-Chef Horst Seehofer sieht die Union nach dem neuerlichen Wahldebakel der CDU in einer beispiellosen Krise und verlangt ein Ende der Streitigkeiten. „Es wird höchste Zeit, dass wir Gemeinsamkeiten finden, um in der Bundestagswahl zu bestehen“, sagte Seehofer am Montag der „Süddeutschen Zeitung“: „So schwierig war die Situation für die Union noch nie.“ Es bestehe „dringender Bedarf, in den kommenden Wochen die inhaltlichen Differenzen zu überwinden“. Als Zeitpunkt dafür nannte Seehofer spätestens Mitte Oktober.

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