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TauchsiederDer Mensch ist untragbar

Der Datenanalytiker Stephen Emmott hat einen Apokalypse-Reader geschrieben. Seine Nachricht: Wir haben die letzte Chance vergeben. Der "blaue Planet" ist ausgebeutet, überlastet - tot.Dieter Schnaas 08.02.2015 - 08:35 Uhr

Ein aktiver Vulkan auf einer Insel – Astronaut Parmitano sieht am 1. Juni bei einem Rundflug um die Erde gleich zwei davon. Er verrät nicht, wo die Aufnahme entstanden ist.

Lesen Sie >>hier, wie die Bilder entstanden sind.

Foto: NASA/ESA

Rauch strömt aus der Spitze des Ätna. Der „sizilianische Gigant“, wie Parmitano den Vulkan in Süditalien nennt, ist immer wieder aktiv.

Foto: NASA/ESA

Sonne und Mond gehen gleichzeitig auf – auch für die Astronauten ein besonderer Anblick.

Foto: NASA

Flüsse des brasilianischen Regenwaldes fließen in den Atlantik, in dem sich die untergehende Sonne spiegelt.

Foto: NASA/ESA

Der große Wagen steht am Firmament – was sich bewegt, ist die Erde.

Foto: NASA

Der Nil und sein Delta. Das von Unruhen geplagte Ägypten – von Bord der ISS sieht es nachts ganz friedlich aus.

Foto: NASA/ESA

Detroit, Cleveland und Toronto leuchten hell bis ins All. Rechts deutet sich der Sonnenaufgang an – in Europa ist es schon hell.

Foto: NASA

„Die sieben Schwestern“, nennt Parmitanos Kollegin Nyberg die Pleiaden. Hier hat sie sie über dem Inselstaat Mauritius fotografiert. Im Indischen Ozean spiegelt sich das Mondlicht.

Foto: NASA

Esa-Astronaut Luca Parmitano schwebt Anfang Juni mit seinem Fotoapparat in der Cupola. Damals ist er seit fünf Tagen an Bord der ISS. „Warte auf ein Foto-Motiv“, schreibt er zu dem Foto von ihm auf Twitter.

Foto: NASA/ESA

Felder in Kansas, USA: „Wie ein Gemälde von Mondrian“, staunt Parmitano.

Foto: NASA/ESA

„Wir fliegen direkt über der Tag-Nacht-Grenze“, schreibt Parmitano. 16 Sonnenauf- und Untergänge sehen die Astronauten jeden Tag.

Foto: NASA/ESA

„Falls Ihr Euch fragt, wie ein Gewittersturm aus dem All aussieht“, schreibt Parmitano – und twittert das passende Bild dazu.

Foto: NASA/ESA

Ende Juli zieht ein Gewittersturm über Asien hinweg. „Die Blitze waren fantastisch“, schwärmt ISS-Astronautin Karen Nyberg auf Twitter.

Foto: NASA

Am 9. August fotografiert Nyberg das japanische Versorgungsmodel HTV4, das gerade an die Raumstation andockt. Rechts der Roboterarm der ISS.

Foto: NASA

Kurz vorher schwebt das Modul (links, mit grünem und rotem Licht) über der nächtlich erleuchteten Stadt Houston in Texas.

Foto: NASA

Kolossaler Schnappschuss: Das Mittelmeer, der Sternhaufen der Pleiaden (über dem Stiefelabsatz Italiens) und ein Gewitter über dem Balkan.

Foto: NASA/ESA

„Wenn Du diese Landmarke siehst, weiß Du, dass Du in Mauretanien bist“, schreibt Parmitano. Es handelt sich nicht etwa um einen Meteroitenkrater, sondern um einen erodierten Vulkan.

Foto: NASA/ESA

Astronautin Nyberg nimmt die gleiche Stelle rund einen Monat später aus einer anderen Perspektive auf. „Das Auge der Sahara“, nennt sie die Landmarke mit einem Anflug von Poesie.

Foto: NASA

Parmitano sieht den Mond aufgehen – hinter dem blauen Schleier der Erdatmosphäre.

Foto: NASA/ESA

Parmitano in der Aussichtskuppel Cupola: Bei einem Weltraumspaziergang vor wenigen Wochen floss dem Italiener Wasser in den Helm, er bekam fast keine Luft mehr.

Foto: NASA/ESA

So sieht es kurz nach Sonnenaufgang in Peru, Chile und Bolivien aus. Die Nacht flieht über den Pazifik davon.

Foto: NASA

Ein Sandsturm über dem Roten Meer. „Wie eine dahinrauschende Wolke“, findet Astronaut Parmitano.

Foto: NASA/ESA

„Eines der coolsten Spiele im Weltraum“, schreibt Nyberg, "ist mit Wasser und dem optischen Phänomen der Refraktion zu spielen“. Es sorgt dafür, dass die Astronautin im Wassertropfen auf dem Kopf steht. Oben und unten gibt es in der Schwerelosigkeit ohnehin nicht.

Foto: NASA

Selbstportrait im All: Luca Parmitano bei seinem ersten Weltraumspaziergang Mitte Juli.

Foto: NASA/ESA

Die Sonne spiegelt sich im Meer vor Australien.

Foto: NASA/ESA

Das Sonnenlicht spiegelt sich im Schwarzen Meer bei der ukrainischen Hafenstadt Odessa.

Foto: NASA/ESA

„Space Invaders in der Wüste?“, mutmaßt Parmitano beim Anblick dieser merkwürdigen Anlage im Wüstensand.

Foto: NASA/ESA

Sydney bei Nacht. Für solche Aufnahmen benutzen die Astronauten gerne ein Stativ mit einem Motor, der die Kamera während der Belichtung nachführt.

Foto: NASA/ESA

Fast wie ein riesiges Lebewesen: Taiwan bei Nacht.

Foto: NASA

Teheran bei Nacht. Die Städte an der Küste am kaspischen Meer leuchten durch die dünne Wolkendecke hervor.

Foto: NASA

Blick durch die Cupola: „Unsere Fenster zur Welt“, schreibt Nyberg.

Foto: NASA

Ein verschneiter Berggipfel in La Paz, Bolivien. Dort herrscht im Juni gerade Winter.

Foto: NASA/ESA

Die Waldbrände in Kalifornien sind für die Astronauten als riesige Rauchschwaden sichtbar.

Foto: NASA/ESA

Ein Kreuzfahrtschiff zieht eine riesige Welle hinter sich.

Foto: NASA/ESA

Eine Wolkenwand vor der Küste Argentiniens – hunderte Kilometer lang.

Foto: NASA

Faszinierende Muster: Diese Wüste in Algerien hat es Parmitano angetan.

Foto: NASA/ESA

Es gibt zwei Blicke, die man aus der Perspektive eines Raumfahrers auf unsere Erde werfen kann: den Blick der Versicherung und den Blick der Warnung. Der Philosoph Hans Blumenberg hat uns darauf schon vor gut vier Jahrzehnten aufmerksam gemacht. Seine Sammlung "astronoetischer Glossen" in "Die Vollzähligkeit der Sterne" gehören bis heute zum Bezauberndsten, was der Deutsche Buchmarkt zu bieten hat.

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Blumenberg war sofort klar, dass das ikonographische Foto des blauen Planeten inmitten nachtschwarzer Unendlichkeit das Selbst-Bewusstsein der Menschen (und ihr Empfinden, ein Teil der "Menschheit" zu sein) verändern würde. Allein die Frage war: In welche Richtung?

Für Blumenberg stand außer Frage, dass die "televisionäre Sensation" der Mondfahrt und der distanzierte Blick auf unsere Erde uns alle zu "Weltanschauern" emanzipiere, zu Erdenbürgern im engen Sinne des Wortes, sprich: zu Lebewesen, die unbedingt wissen, dass ihr Schicksal unauflöslich an ihr Dasein auf der Erde gebunden ist. Die Offensichtlichkeit der Mondwüste und die Erfahrung der "Totalgegenwart" der Erde inmitten einer staubigen, eisigen, toten Allunendlichkeit hätten ein Gefühl für die Kostbarkeit des "blauen Planeten" geweckt: "Als wüssten wir erst jetzt, was wir haben, seit wir wissen, wie es auf dem Mond aussieht."

Ausgestattet mit diesem Bewusstsein, so Blumenberg, werde der Mensch sich nicht nur seiner universalen Nichtigkeit bewusst, sondern rücke mit "seiner" Erde paradoxerweise zugleich wieder in eine Mittelpunktstellung ein, nicht kosmologisch, versteht sich, wohl aber lebenspraktisch - weil er weiß, dass es für ihn keine kosmische, sondern nur eine globale Perspektive gibt: Um diese Erde dreht sich alles. Ihren trivialsten Ausdruck fand die ptolemäische Konterrevolution damals in der "Gleichzeitigkeit von Mondbezwingung und Umweltschutz":

Als Neil Armstrong im Sommer 1969 seinen Fuß aus der "Eagle" setzte, um als erster Mensch den Mond zu betreten, richtete man im deutschen Ministerium des Innern gerade eine neue Abteilung "Umweltschutz" ein. Trefflicher lässt sich nicht kurzschließen, dass wir bei all unseren kosmischen Expeditionen nur einen einzigen Ort entdecken, der "unserer Gattung Aufenthalt von einiger Dauer verspricht", so hat es Hermann Lübbe einmal im Anschluss an Blumenberg formuliert, "nämlich unsere Erde"*.

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Davon allerdings, dass der neue Blick auf die Erde dazu geführt habe, sie dem Menschen als endliche Heimat erscheinen zu lassen, kann wiederum keine Rede sein; auch davor hat Blumenberg schon damals gewarnt, im Gegenteil: "Die Erde sah aus, als gäbe es den Menschen, seine Werke und seinen Unrat, seine Desertifikationen nicht! Keine Spur vom Menschen. Eine Reinheit des Kostbaren, als sei es lupenrein. Und damit auch ein noch unberührbarer und ungenutzter Boden für das fatal dazugedachte Wachstum. Es war eine Versicherung, was man sah, keine Warnung."

Erst 1972, mit dem Bericht des Club of Rome über "Die Grenzen des Wachstums" bekam die melancholisch-existenzielle Ur-Bedeutung des Bildes vom "blauen Planeten" eine ökologisch-kurative Note. Daran hat sich bis heute nichts geändert - wenn man einmal davon absieht, dass die ökologisch-kurative Semiotik des Bildes sich ihrerseits verwandelt und mehr und mehr alarmistisch-nihilistische Züge angenommen hat. Aus der Selbstversicherung des Blickes auf die Erde ist eine Warnung und aus der Warnung eine schlechte Nachricht geworden, genauer: die Nachricht von einem "beispiellosen Notfall planetarischen Ausmaßes". Davon jedenfalls ist Stephen Emmott überzeugt, dessen Bestseller "Zehn Milliarden" soeben als Taschenbuch erschienen ist.

Zehn Milliarden
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Dieser Schnappschuss von Erde und Mond (Pfeil) ist der Raumsonde Cassini geglückt. Die eigentlich zur Erkundung des Planeten Saturn ausgeschickte Sonde befand sich zum Zeitpunkt der Aufnahme rund 1,4 Milliarden Kilometer von unserem Heimatplaneten entfernt.

Möglich wurde der Schnappschuss, weil die Sonne zum Zeitpunkt der Aufnahme hinter dem Planeten stand, dessen Rand man oben links erkennt, zusammen mit einem Teil seines bekannten Ringsystems. Bei einer anderen Sonnenposition wären Erde und Mond durch das Licht unseres Zentralgestirns überstrahlt worden.

Foto: dpa

Dieses 1972 von Astronauten der Nasa-Mondmission Apollo 17 gemachte Bild ist ein echter Klassiker. Als "Blue Marble" - so der Titel des Fotos - präsentierte sich die Erde den Raumfahrern aus einer Distanz von 45.000 Kilometern.

Foto: NASA

Neil Armstrong und Buzz Aldrin waren nicht nur die beiden ersten Menschen auf dem Mond, sie konnten auch als erste Betrachter diesen Anblick genießen: Die Erde geht über dem Mondhorizont auf. Klar, dass sie von diesem Ereignis ein Foto zur Erde funkten.

Foto: NASA

Erde und Mond auf einem Bild vereint - was uns heute alltäglich erscheint, war in den frühen Tagen der Raumsonde Voyager 1 eine Sensation. Am 18. September 1977 funkte die Sonde diesen Schnappschuss aus gut 11 Millionen Kilometern zur Erde, um sich dann auf ihre weite Reise durch das Sonnensystem zu machen.

Foto: NASA

Ein gutes Stück näher war die Sonde Galileo, als sie auf ihrem Weg zum Jupiter einen Blick zurück auf Erde und Mond warf. Doch nicht nur die geringere Distanz zwischen Kamera und Motiv - "nur" rund 6 Millionen Kilometer - sorgte für eine höhere Bildqualität im Vergleich zum Voyager-Bild, auch die Technik war ein gehöriges Stück weiter - das Galileo-Bild entstand 1992.

Foto: NASA

Zugegeben, besonders eindrucksvoll wirkt die Erde auf diesem Bild nicht gerade. Und doch hat diese Aufnahme aus dem Jahr 2004 großen historischen Wert: Erstmals wurde unser Heimatplanet von der Oberfläche eines anderen Planeten aus fotografiert. Den kleinen Lichtpunkt am Himmel über dem Planeten Mars fing die Kamera des Nasa-Rovers Spirit ein. Zum Zeitpunkt der Aufnahme betrug die Entfernung zwischen beiden Planeten rund 65 Millionen Kilometer.

Foto: NASA

Auch dieses Bild der Erde wurde von einer Marssonde gemacht, dem Mars Global Surveyor. Die nachträglich eingefügten Details in der rechten Darstellung verdeutlichen, welchen Teil unseres Heimatplaneten die Sonde aus knapp 140 Millionen Kilometern ins Bild setzte.

Foto: NASA

Merkur, den sonnennächsten Planeten unseres Sonnensystems, erkundete die Raumsonde Messenger. Als sie im Mai 2010 einen Blick zurück warf, gelang ihr dieser Schnappschuss von Erde und Mond aus einer Distanz von 183 Millionen Kilometern.

Foto: NASA

Ein winziger blauer Punkt, mehr blieb von der Erde nicht übrig, als die Sonde Voyager 1 sie im Februar 1990 aus rund sechseinhalb Milliarden Kilometer Entfernung ins Bild setzte. Die auffälligen Streifen im Bild sind Lichtreflexe, die entstanden, weil sich unser Heimatplanet zum Zeitpunkt der Aufnahme aus Voyagers Perspektive nahe an der Sonne befand.

Foto: NASA

Um es vorwegzunehmen: Es ist ein Bestseller, der mit den Worten schließt: "Ich glaube, wir sind nicht mehr zu retten." (Was im englischen Original, wenn ich mich recht erinnere, nichts anderes heißt als: "I think we're fucked."). Um seine These zu erhärten, geht Emmott, der seinen Text auch als eine Art Apokalypse-Theater auf die Bühne gebracht hat, nicht den Weg der Argumentation, sondern den der (ikono)grafischen Animation sowie der Fakten- und Projektions-Suggestion. Man sieht die von oben fotografierte Erde in beeindruckenden Bildern als schwer verwundeten Ort (Diamantenmine, Highway-Kreuz, Sojaplantage).

Hagupit

Taifun „Hagupit“ tobt mit heftigen Winden und starken Regenfällen auf den Philippinen. Nur quälend langsam zieht der Sturm Richtung Westen und hinterlässt im Durchzugsgebiet erhebliche Zerstörung. Millionen Menschen waren ohne Strom. Nach einer ersten Bilanz der Katastrophenbehörden machten sich die Massenevakuierungen aber bezahlt. Allerdings sei eine Frau in Catarman auf der Insel Samar ertrunken, teilten sie mit. Zwei weitere Todesopfer wurden gemeldet, diese hatten aber nicht unmittelbar mit dem Taifun zu tun. Unter ihnen war ein Mädchen, das nach hohem Fieber in einem Notaufnahmelager starb. Zwei Menschen seien verletzt worden, als ein Baum auf ihr Moped stürzte. „Hagupit“ war in der Nacht zu Sonntag (Ortszeit) bei Dolores in Samar an Land gekommen.

Foto: dpa

Haiyan

Rund 110 Kilometer südlich bei Guiuan war Taifun „Haiyan“ am 8. November 2013 angekommen und hatte bei der Überquerung des Inselstaates in einer mehr als 100 Kilometer breiten Schneise schwere Verwüstungen angerichtet. 6300 Tote und fast 1000 Vermisste ließ der Sturm zurück. Nach „Haiyan“ hatten Zehntausende Überlebende tagelang vergeblich auf Hilfe gewartet.

Foto: AP

Zyklon Evan

Der Zyklon Evan hat im Dezember 2012 im pazifischen Inselstaat Samoa Zerstörungen angerichtet. Sturmböen und starker Regen peitschten nach Angaben von Augenzeugen den ganzen Freitag über die Hauptstadt Apia. Dort hatte Evan innerhalb von 24 Stunden Hunderte Bäume entwurzelt und Strommasten umgerissen. Drei Menschen kamen Medienberichten zufolge ums Leben. Zwei von ihnen sind Kinder, die ein reißender Strom fortriss.

Foto: dapd

Hurrican Sandy

Der Wirbelsturm Sandy tobt im Oktober 2012 über den Osten der USA. Etliche Gebäude wurden zerstört, zwischenzeitlich viel in großen Teilen für mehrere Tage der Strom aus. Etwa 120 Menschen kamen ums Leben.

Foto: dapd

März 2011: Das schwerste Erdbeben in der Geschichte Japans und ein Tsunami haben Zerstörungen unabsehbaren Ausmaßes angerichtet. Experten sprechen bei dem Erdbeben, das mit einer Stärke von 8,9 das Land erschütterte, von einem der stärksten seit Menschengedenken. Das japanische Erdbeben ist jüngste Naturkatastrophe der vergangenen zehn Jahre. In Chile, Haiti, China, Indien und Pakistan kosteten Beben und Flutwellen immer wieder unzählige Menschenleben

Foto: dpa

August 2011: Während des heißen Sommers brennen in Russland große Flächen auf dem Land. Zwischenzeitlich brachen über 250 neue Feuer an nur einem Tag aus, 174.000 Hektar brannten nieder.

Foto: dpa

Erst kürzlich am 22. Februar 2011 erschütterte ein Erdbeben in der zweitgrößten neuseeländischen Stadt Christchurch die Erde. Etwa 10.000 Häuser sind nach dem Beben abbruchreif, 100.000 weitere beschädigt. Bislang wurden 166 Tote geborgen.

Foto: dpa

Januar 2010: In Australien stehen große Landesteile nach einer Jahrhundertflut unter Wasser. Die heftigen Niederschläge im Bundesland Queensland kosteten mindestens 30 Menschen das Leben. Mehrere hunderttausend Menschen mussten aufgrund der weitläufigen Überschwemmungen evakuiert werden.

Foto: dpa

Das schlimmste Erdbeben der Neuzeit ereignete sich am 12. Januar 2010 in Haiti. Das Beben um die Region der haitianischen Hauptstadt Port-au-Prince kostete 222.570 Menschen das Leben. Ein Drittel der etwa zehn Millionen zählenden Bevölkerung Haitis war vom Beben unmittelbar beeinträchtigt, etwa zwei Millionen Menschen wurden infolge des größten Bebens in der Geschichte Südamerikas obdachlos.

Foto: dpa

Mai 2008: Das Erdbeben in der chinesischen Provinz Sichuan war mit einer Stärke von 7,9 das stärkste Beben in China in den vergangenen 30 Jahren und kostete 84.000 Menschen das Leben.

Foto: AP

Mai 2008: Der Zyklon Nargis riss in Myanmar offiziell 80.000 Menschen in den Tod. Schätzungen gehen sogar von bis zu 128.000 Verstorbenen aus.

Foto: AP

Im Oktober 2005 wurden Pakistan und Indien von einem schweren Erdbeben heimgesucht. Eines der schwersten Erdbeben in der Geschichte der beiden Länder sorgt für mehr als 80.000 Tote.

Foto: REUTERS

Im August 2005 brechen in New Orleans infolge des Hurrikans Katrina die Dämme. In kurzer Zeit werden 80 Prozent der Stadt von den Wellen überflutet. Infolge der Katastrophe verließen die meisten Bewohner New Orleans, die Stadt glich daraufhin einer Geisterstadt.

Foto: dapd

Weihnachten 2004: Im indischen Ozean vor der Küste Sumatras sorgt ein Erdbeben der Stärke 9 für eine Folge von Tsunamis. Die Wellen haben Auswirkungen in Indonesien, Sri Lanka, Indien, Thailand, Myanmar, die Malediven, Malaysia und Bangladesch und selbst noch in Nordostafrika. Die Tsunamis sorgten für eine der größten Katastrophen in der Geschichte und rissen mehr als 230.000 Menschen in den Tod.

Foto: AP

Man nimmt exponentiell verlaufende Steilkurven im Dutzend zur Kenntnis (Überfischung, Artensterben, Flächenbrände, Überschwemmungen, Verlust an tropischen Regenwäldern, Anstieg der Meerestemperatur, CO2-Konzentration in der Atmosphäre etc.) und wird mit Extremdaten traktiert, die sich wie Pfeile ins Gedächtnis bohren:

    "Die Anzahl der Autos, die seit seiner Erfindung produziert wurden, liegt bei 2,6 Milliarden. In den nächsten 40 Jahren werden vier Milliarden von den Bändern rollen.""Der Bedarf an Nahrungsmitteln wird sich bis 2050 verdoppeln.""Bis 2050 wird eine weitere Milliarde Hektar Wald abgeholzt werden - das entspricht einer Fläche größer als die der Vereinigten Staaten.""1960 flogen wir 100 Milliarden Passagierkilometer. Dieses Jahr werden es knapp sechs Billionen sein.""Die Eisschilde Grönlands und der Antarktis verlieren jährlich um die 475 Milliarden Tonnen Masse ans Meer."

Das Ergebnis ist eine Art Wissenschafts-Reader, oder besser: eine Science-Performance, die schon rein äußerlich nach Aufmerksamkeit schreit - das Cover leuchtet in fluoreszierendem Rot. Offenbar ist es Stephen Emmott, dem wissenschaftlichen Leiter eines Microsoft-Labors für Computational Science (Datenanalyse, Computersimulation) ernst. Er sieht den Planeten nicht nur in fast allen Hinsichten (Überbevölkerung, Nahrungsmittelversorgung, Wasserknappheit, Anstieg der Meeresspiegels, Phosphorkrise) vom Menschen ausgebeutet, überlastet und bedroht, sondern in in "diesem hochgradig interdependenten System" auch keinen Ausweg mehr. Statt dessen nur noch Lösungen, die Anzahl und Ausmaß der Probleme vergrößern.

Welche Daten auch immer Emmott in seine Computer einspeist - der Rechner spuckt verlässlich Variationen einer vom Menschen ausgelösten terrestrischen Katastrophe aus. Mag sein, so Emmott, dass wir eine neue "Grüne Revolution" hinbekommen und nicht nur sieben, sondern auch zehn Milliarden Menschen ernähren können - der Preis dafür werden "Land Grabbing", Artensterben, eine Phosphorkrise, die Abholzung weiterer Regenwälder sowie eine Beschleunigung des Klimawandels sein. Mag sein, dass wir unseren Energiebedarf aus fossilen Quellen noch viel länger als erwartet decken können, weil der Klimawandel uns Zugang zu Öl- und Gasquellen im Nordpolarmeer eröffnet - aber das wird die CO2-Speicher leeren, den Aufstieg von Methanwolken beschleunigen, den Meeresspiegel ansteigen lassen und Millionen Menschen zu Flüchtlingen machen, die an die Türen der Wohlstandszonen klopfen werden.

Kurzum, wo immer Stephen Emmott auch hinsieht, er sieht die Menschen und die Erde nicht nur auf lauter Kipppunkte ("tipping points") zusteuern, sondern er zerstört dabei auch die Hoffnung, wir könnten uns aus den multiplen, sich wechselseitig hoch schaukelnden Krisen "heraustechnologisieren" - nicht zuletzt mit dem lapidaren Hinweis, dass wir uns in dieselben Krisen ja zunächst einmal "hineintechnologisiert" haben. Geoengineering, CO2-Abscheidung, die Düngung der Ozeane, die Anreicherung der Atmosphäre mit Schwebstoffen - alle Hintertüren werden von Emmott mit einem lauten Knall zugeworfen.

Konsumverzicht als Lösung?

Und - was jetzt? Emmott rät zu radikalem Konsumverzicht in den saturierten Volkswirtschaften des Westens und fordert "eine vollkommen neue Unternehmenskultur". In der soll es nicht darum gehen, Regierungen zu beeinflussen und Steuern zu sparen, um einem exklusiven Kreis von Stakeholdern möglichst satte Gewinne zu bescheren, sondern um die Pflege eines Innovationsklimas, das auf einen schonenderen Umgang mit Ressourcen und auf die Befriedigung von Ansprüchen aller gesellschaftlicher Gruppen abzielt. Glimmt da etwa ein Fünkchen Hoffnung? Ach was. Ob er selbst an die Realisierung seiner Vorschläge glaubt, fragt sich Stephen Emmott am Ende seines Büchleins. Aber nein, sagt Stephen Emmott, das glaube er gewiss nicht.

Was die Frage aufwirft, ob das ikonographische Bild von der Erde aus Raumfahrerperspektive tatsächlich unser Weltverhältnis entscheidend verändert hat, wie Blumenberg und Lübbe meinten. Zweifel sind angebracht. Das Bild scheint uns weder eine Warnung, noch eine Versicherung zu sein; eher schätzen wir es wohl deshalb, weil es uns augenblicklich, also folgenlos fasziniert - weil es uns einen flüchtigen Moment beschert, in dem wir glücklich unserer kosmischen Bedeutungslosigkeit innewerden.

Unendlich viele Satellitenbilder, die Ozonlöcher und schmelzende Polkappen zeigen, sich ausbreitende Wüsten und versandende Binnengewässer, haben die ikonografische Reinheit des ikonografischen "blauen Planeten" in den vergangenen Jahrzehnten zerstört. Seither ist der Blick von oben keine Versicherung mehr für "dazugedachtes Wachstum". Aber er taugt offenbar auch weniger denn je als Warnung, die uns erreichen, unser Denken und Handeln beeinflussen könnte. Wenn aber ein sagenhaft schönes Bild es nicht kann - wie bloß kommt Stephan Emmott darauf zu glauben, sein Text könne es? Der Hoffnungslosigkeit Ausdruck geben, um auf Hoffnung zu hoffen? Was soll's. Ein Versuch ist es wert.

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