Nürburgring-Desaster Eine Blamage für alle Beteiligten

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Ein dubioser Millionenbieter im Datenraum

Im November 2013 etwa berichtete die WirtschaftsWoche über einen dubiosen Bieter namens La Tene Capital aus Hongkong, der sich mit geklauten Selbstbeweihräucherungstexten auf seiner Webseite, aber ohne belastbare Finanzierung einen Zugang zum so genannten Datenraum der Nürburgring GmbH erschleichen konnte.

Im Datenraum durften ausgewählte Bieter vertrauliche Geschäftsunterlagen der Nürburgring GmbH einsehen. Voraussetzung dafür war nach den mitgeteilten Kriterien ein Finanzierungsnachweis, den La Tene Capital allerdings nie hatte.

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Flughafen ZweibrückenNach dem insolventen Nürburgring steht ein weiteres Projekt mit Steuergeld in Rheinland-Pfalz vor dem finanziellen Crash: Der Flughafen Zweibrücken in der Pfalz wird nach Ansicht von Verkehrsminister Roger Lewentz (SPD) Insolvenz anmelden müssen. Er rechne damit, dass die EU-Kommission die Rückzahlung von bis zu 56 Millionen Euro staatlicher Beihilfen fordern werde, sagte Lewentz. Der Flughafen Zweibrücken - wie der verschuldete Airport Frankfurt-Hahn ein früheres Militärgelände - hatte 2012 ein Minus von 4,6 Millionen Euro eingefahren, das er im vergangenen Jahr nach Ministeriumsangaben auf knapp 3 Millionen Euro drückte. Der Flughafen befindet sich zur Hälfte in Hand des Landes und zur Hälfte in kommunaler Hand. Er liegt nur rund 30 Kilometer vom Flughafen Saarbrücken entfernt. Die neuen Flugleitlinien der EU-Kommission verbieten Subventionen für zwei Airports, die weniger als 100 Kilometer auseinanderliegen. Quelle: dpa/dpaweb
Eine Maschine der Lufthansa überquert die Landebahn des Flughafens Leipzig/Halle Quelle: Uwe Schoßig
Freizeitpark am Nürburgring Quelle: dpa
Ein Transrapid TR 09 steht auf der Teststrecke im Emsland Quelle: dpa
Menschen verspeisen Kaffee und Kuchen im Reaktorhauptgebaeude des Kernkraftwerkes Kalkar Quelle: AP
Aussenansicht der Halle des Tropical Islands Resorts Quelle: dpa/dpaweb
Passanten vor dem Dortmunder U-Turm Quelle: PR

Vier Tage nach dem Bericht der WirtschaftsWoche, so zeigt es die Beschlussvorlage der EU-Kommission, warfen Lieser, Schmidt und KPMG den Bieter La Tene Capital aus dem Verfahren. Von der ursprünglich geforderten Bankgarantie auf erstes Anfordern, die zunächst von den Bietern für den finalen Zuschlag verlangt worden war, rückten die Insolvenzverwalter und ihre Helfer von KPMG im Laufe des Verkaufsverfahrens ebenfalls ab. Statt der Garantie auf erstes Anfordern begnügten sie sich mit einer einfachen Finanzierungsbestätigung.

Abstruse Begründungen

Dass diese längst nicht mehr besteht und der Wunschkäufer Capricorn seit Monaten ohne gesicherte Finanzierung unterwegs war, legten die die Insolvenzverwalter gegenüber der EU-Kommission bis zum Beschluss am 1. Oktober nicht offen. Auf Nachfrage hierzu teilen die Pleite-Profis nun mit: „Wir haben keine Offenlegungspflicht. Allein entscheidend war, dass die Finanzierung zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses banküblich nachgewiesen wurde. Wann die Käuferin einen Kreditvertrag unterschreibt, ist schlicht Sache der Käuferin.“ Sie unterschrieb allerdings nie und kann es mittlerweile auch nicht mehr, weil die Bestätigung ausgelaufen ist.

Noch abstruser wirkt die Begründung der Insolvenzverwalter, warum sie seit Mai keine Sitzung des Gläubigerausschusses mehr einberufen haben – obwohl es durch den Zahlungsausfall bei der Ende Juli fälligen zweiten Rate gute Gründe für eine Dringlichkeitssitzung gegeben hätte.

„Eine Einberufung der Gläubigerausschuss-Sitzung ist dann erforderlich, wenn wesentliche Entscheidungen zu treffen sind. Da bisher der Kaufvertrag erfüllt wurde, stünde eine solche Entscheidung frühestens Anfang November 2014 an“, lassen sie ihren Sprecher mitteilen.

Exklusive Einschätzungen

Die Einschätzung, dass der Kaufvertrag bisher erfüllt wurde, haben sie ziemlich exklusiv. Genauso wie den Titel ihres Vortrags Anfang Juli in Frankfurt, als sie vor den Kollegen vom Verband der Restrukturierungsexperten über „Die Rettung des Nürburgrings“ schwadronierte. Jetzt müssen sie selbst ihre Haut retten. Denn die Vorfälle sind kaum mehr vermittelbar, der Unmut im Gläubigerausschuss wächst. Und der 31. Oktober, an dem die zweite Kaufpreisrate nach dem Aufschub erneut fällig wird, rückt immer näher.

Wild teilt der WirtschaftsWoche mit, dass er derzeit versuche, das Geld noch aufzutreiben. Zudem wolle er seinen Mitgesellschafter Heinemann loswerden, von dem er sich hintergangen fühle. Die Insolvenzverwalter wie auch Heinemann sehen dagegen in Wild den Schuldigen.

Daran, dass Wild das Geld noch aufbringen kann, glauben beide nicht mehr. Per Presseerklärung teilten Lieser und Schmidt mit, dass Wilds Capricorn-Holding nun nicht mehr Gesellschafterin der Käufergesellschaft ist. Es obliege nun dem Mitgesellschafter Getspeed und dem Treuhänder, „für eine ordnungsgemäße Erfüllung des am 11. März 2014 geschlossenen Kaufvertrages zu sorgen.“

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