Neue Aktien an der Börse Fluch und Segen von Kapitalerhöhungen

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Börsenreaktion auf Kapitalerhöhungen

Die Begeisterung der Altaktionäre darüber hält sich allerdings in Grenzen. Viele reagieren auf Kapitalerhöhungs-Ankündigungen mit Verkäufen. Rheinmetall, Sky Deutschland, Air Berlin und auch Rhön Klinikum verloren in der ersten Handelswoche mehr als acht Prozent an der Börse, nachdem sie Investoren über ihre Pläne informiert hatten. „Der Gewinn des Unternehmens wird auf mehr Aktien aufgeteilt, das ist zunächst einmal schlecht“, sagt Karl Fickel, Partner der Fondsgesellschaft Lupus Alpha. Im Fachjargon spricht man von einer Verwässerung der Anteile. Wenn ein Altaktionär seinen Prozentanteil an dem Unternehmen halten will, muss er selbst neue Aktien nachkaufen. Das aber lohnt sich nur dann, wenn das Unternehmen durch das frische Geld gute Chancen hat, in absehbarer Zeit seinen Gewinn zu steigern.

Derzeit aber dient neues Kapital oft nicht dazu, Märkte zu erschließen, neue Produkte zu entwickeln oder Rivalen zu kaufen, was den Gewinn erhöhen könnte. Oft geht es um das nackte Überleben.

Grossinvestoren bevorzugt

Unternehmen mit Kapitalhunger

Aktionäre müssen daher gut abwägen, ob sie bei einer Kapitalerhöhung mitziehen, ob sie nur ihre alten Aktien behalten oder ob sie verkaufen. Altaktionäre haben gewöhnlich ein Bezugsrecht: Sie können so viele neue Aktien kaufen, dass sie ihren Anteil am Unternehmen konstant halten. Das kann sich lohnen: Neue HeidelbergCement-Aktien gab es für 37 Euro, an der Börse schloss die Aktie nach der Kapitalerhöhung mit 48,50 Euro. Der Immobilienverwalter Deutsche Wohnen bietet bis zum 7. Oktober neue Aktien für 4,50 Euro an, das ist ein Abschlag von mehr als 50 Prozent zum Börsenkurs vom vergangenen Dienstag, als das Unternehmen den Schritt ankündigte. Häufig werden Bezugsrechte separat an der Börse gehandelt. Wer nicht bei der Kapitalerhöhung mitziehen will, kann sein Bezugsrecht verkaufen und wird so für die Verwässerung des Gewinnanteils entschädigt.

Frisches Geld in Über-Nacht-Aktionen

Bei einigen der jüngsten Kapitalerhöhungen hatten Altaktionäre allerdings keine Möglichkeit, neue Aktien zu reservieren. Rheinmetall, Deutsche Euroshop, Air Berlin und Qiagen schlossen das Bezugsrecht aus und holten sich frisches Geld in Über-Nacht-Aktionen. Das ist möglich, wenn ein Unternehmen sein Kapital um weniger als zehn Prozent erhöht. „Wir wollten das sehr, sehr schnell machen — denken Sie an die Unsicherheit am Markt“, rechtfertigt Rheinmetall-Finanzchef Herbert Müller den Ausschluss des Bezugsrechts. Der Konzern habe seine neuen Aktien ohne hohen Rabatt schnell abgeben können. Rheinmetall gab die neuen Aktien zu 29 Euro aus, gut acht Prozent unter dem letzten Kurs vor Ankündigung der Kapitalerhöhung. Bei Bezugsrechtsemissionen mussten europäische Unternehmen seit März im Schnitt 50 Prozent Abschlag auf den Aktienkurs bieten, um ihre neue Aktien loszuwerden, meldet der Datenlieferant Mergermarket.

Bei Rheinmetall informierten die Investmentbanken allerdings vorab eine Handvoll große Investoren über den bevorstehenden Deal. Falls die abgewinkt hätten, hätte Rheinmetall die Notbremse ziehen müssen. Diese Sonderbehandlung von Großinvestoren verärgert Fondsmanager wie Hendrik Leber, Chef der bankunabhängigen Fondsgesellschaft Acatis. „Manche Aktionäre werden hier bevorzugt, das ist absolut nicht in Ordnung“, kritisiert Leber.

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