Familien Mehr muss es nicht sein

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Mütter in Teilzeitjobs wollen oft mehr arbeiten, Väter oft weniger

Wie viel Geld Kinder kosten - und wie viel sie bringen
Bis ein Kind volljährig ist, zahlen Eltern laut Daten des Statistischen Bundesamtes rund 117.000 Euro für ihr Kind: Für Kleidung, Essen, Miete, Bildung, Taschengeld etc. Monatlich geben Paare mit Kindern demnach 550 Euro mehr im Monat aus, als Kinderlose. Das zweite Kind ist allerdings nicht mehr ganz so teuer wie das erste, das dritte ist rechnerisch günstiger als das zweite und so weiter. Schließlich muss nicht pro Kind eine neue Wickelkommode oder ein neuer Kinderwagen angeschafft werden. Quelle: dpa
Allein für Kleidung und Windeln geben Eltern bis zum 18. Geburtstag eines Sprösslings durchschnittlich 9101, 80 Euro aus. Laut Statistik summieren sich die Kosten für Windeln auf gut 1000 Euro pro Kind. Quelle: REUTERS
Um die Lebenshaltungskosten für die Familie decken zu können, gehen in zahlreichen Familien beide Elternteile arbeiten. Die Kosten für die deshalb notwendige Kinderbetreuung belaufen sich im Schnitt auf 3368,59 Euro. Bei vielen Familien frisst der Krippenplatz oder der Kindergarten wahlweise das Kindergeld oder das Gehalt eines Elternteils wieder auf. Quelle: dpa
Obwohl es in Deutschland Lehrmittelfreiheit gibt, die Schulen also Bücher kostenlos stellen, zahlen Eltern bis zum 18. Geburtstag ihres Kindes durchschnittlich 3525 Euro für Bildung. Dazu gehören Zusatzlektüre für den Deutschunterricht, Hefte, Stifte, Malblöcke und Farben, Schulausflüge und Kopiergeld. Hinzu kommen nochmal geschätzte 1,4 Milliarden Euro, die Eltern in Deutschland jährlich in Nachhilfestunden investieren. Quelle: dpa
Immer mehr Eltern zahlen ihren Kindern laut einer Forsa-Studie regelmäßig Taschengeld. Bis zum 18. Geburtstag kommen so 2496 Euro zusammen - wenn sich die Eltern die Empfehlungen des Jugendamtes halten. Demnach sollten Kinder zwischen vier und fünf Jahren 50 Cent pro Woche bekommen, Sechs- bis Siebenjährige 1,50 bis zwei Euro pro Woche und Acht- bis Neunjährige zwei bis 2,50 Euro wöchentlich. Kinder im Alter von zehn bis elf Jahren sollten monatlich 13 bis 15 Euro bekommen, Zwölf- und 13-Jährige 18 bis 20 Euro und 14- bis 15-Jährige 23 bis 26 Euro im Monat. Jugendliche von 16 und 17 Jahren sollten 32 bis 42 Euro im Monat bekommen, empfiehlt das Jugendamt. Quelle: dpa
Dafür bekommen Eltern allerdings auch Geld für ihre Kinder. So bekommen Mütter sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt das sogenannte Mutterschaftsgeld (MSchG). Derzeit bekommen gesetzlich versicherte Frauen von ihrer Krankenkasse bis zu 13 Euro pro Tag. Den Rest legt der Arbeitgeber drauf, bis der durchschnittliche Nettoverdienst der vergangenen drei Monate erreicht ist. Das Geld müssen die Frauen bei ihrer Krankenkasse beantragen. Privat Krankenversicherte und Geringverdienerinnen beantragen das Mutterschaftsgeld dagegen beim Bundesversicherungsamt in Bonn. Schwangere, die privatversichert sind, bekommen allerdings keinen Tagessatz sondern einen einmaligen Zuschuss. Quelle: dpa
Seit 2007 greift der Staat jungen Eltern auch noch mit dem sogenannten Elterngeld unter die Arme. Die Höhe der Unterstützung bemisst sich nach dem Nettoeinkommen der letzten zwölf Monate. Maximal gibt es 1800 Euro pro Empfänger und Monat, ausgezahlt wird maximal 14 Monate lang. Anspruch auf Elterngeld haben Arbeiter, Angestellte, Beamte und Selbstständige, die ihren Beruf (teilweise) ruhen lassen um sich um ihren Nachwuchs zu kümmern. Quelle: dpa

Am Ende scheiterte diese Idee am Geldmangel, und ein wenig auch an der Abneigung einiger Unionspolitiker, Paaren eine spezifische Arbeitsteilung nahezulegen. Tot ist das Konzept aber noch nicht, heißt es bei den Familienpolitikern in Berlin. Experten arbeiten schon an Konzepten, wie sich das Modell ohne Steuergeld umsetzen ließe. Und konservative Skeptiker will man mit dem Verweis auf die Vätermonate überzeugen, die von Angela Merkels erster Großer Koalition eingeführt wurden.

Seit dieser Zeit wird Elterngeld 14 statt 12 Monate lang gezahlt, wenn Vater und Mutter beide im Job aussetzen. Damals empörten sich vor allem CSU-Politiker über das "Wickelvolontariat" (Verkehrsminister Peter Ramsauer). Mittlerweile nehmen in keinem anderen Bundesland so viele Männer die Vätermonate wie in Bayern.

In jedem Fall gilt Zeitpolitik als das wichtigste familienpolitische Thema der kommenden Regierung. Das liegt auch daran, dass in anderen Bereichen entweder gerade einiges gelungen ist oder Fortschritte besonders mühsam sind.

Familien brauchen Zeit, Geld und Infrastruktur, sagen Soziologen. In die Infrastruktur, vor allem in Kitas, ist gerade viel Geld geflossen. Bei der Verteilung von Geld kommen die Familienpolitiker über fantasielose Maßnahmen wie die Erhöhung des Kindergeldes nicht hinaus. Ihnen fehlen Kraft und Mut, die verwirrend vielen staatlichen Familienleistungen neu zu ordnen. Damit eine Regierung Zeitpolitik für Familien machen kann, müssen Arbeits- und Familienpolitik zusammenwirken. Das war in der vergangenen Legislaturperiode schon deswegen schwierig, weil die zuständigen CDU-Ministerinnen Ursula von der Leyen und Kristina Schröder nicht harmonierten.

In einer Großen Koalition wären die Voraussetzungen dafür besser, und das liegt vor allem an drei Frauen, die mit großer Wahrscheinlichkeit wichtige Ämter bekommen: von der Leyen, SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles und die stellvertretende SPD-Parteivorsitzende Manuela Schwesig. Alle drei gehören vermutlich dem künftigen Kabinett an, und alle drei sind davon überzeugt, dass sich vor allem die Arbeitswelt ändern muss, damit es Familien leichter haben. Außerdem kennen sie sich mit den dafür notwendigen Maßnahmen aus.

Schwesig war als Landesministerin in Schwerin sowohl für Arbeit als auch für Familie zuständig. Von der Leyen hat nacheinander beide Ressorts geprägt. Und Andrea Nahles, die gern Arbeitsministerin werden will, schrieb der SPD die Lohnkostenzuschüsse für Teilzeit-Eltern ins Wahlprogramm. Alle drei haben zudem selbst Kinder, kennen also den Alltagsstress berufstätiger Väter und Mütter, wie er gerade auch im Kino zu besichtigen ist. Der kürzlich angelaufene Film Eltern zeigt, wie sehr Chaos, Erschöpfung und Schlaflosigkeit, aber auch Glück, Spaß und Erfüllung das Lebensgefühl von Familien mit zwei berufstätigen Eltern prägen.

Sie könne sich nicht vorstellen, wie zwei Eltern, die jeweils an fünf Tagen pro Woche voll arbeiteten, auch noch Kinder erziehen könnten, sagt Jutta Allmendinger, Bildungssoziologin und Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin. Auch sie gehört zu den Wissenschaftlern, die sich von Zeitpolitik viel versprechen. Alle Umfragen zeigten, dass Mütter in Teilzeit meistens gern mehr Stunden arbeiten wollten – junge Väter oft weniger, sagt Allmendinger.

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