Am Ende scheiterte diese Idee am Geldmangel, und ein wenig auch an der Abneigung einiger Unionspolitiker, Paaren eine spezifische Arbeitsteilung nahezulegen. Tot ist das Konzept aber noch nicht, heißt es bei den Familienpolitikern in Berlin. Experten arbeiten schon an Konzepten, wie sich das Modell ohne Steuergeld umsetzen ließe. Und konservative Skeptiker will man mit dem Verweis auf die Vätermonate überzeugen, die von Angela Merkels erster Großer Koalition eingeführt wurden.
Seit dieser Zeit wird Elterngeld 14 statt 12 Monate lang gezahlt, wenn Vater und Mutter beide im Job aussetzen. Damals empörten sich vor allem CSU-Politiker über das "Wickelvolontariat" (Verkehrsminister Peter Ramsauer). Mittlerweile nehmen in keinem anderen Bundesland so viele Männer die Vätermonate wie in Bayern.
In jedem Fall gilt Zeitpolitik als das wichtigste familienpolitische Thema der kommenden Regierung. Das liegt auch daran, dass in anderen Bereichen entweder gerade einiges gelungen ist oder Fortschritte besonders mühsam sind.
Familien brauchen Zeit, Geld und Infrastruktur, sagen Soziologen. In die Infrastruktur, vor allem in Kitas, ist gerade viel Geld geflossen. Bei der Verteilung von Geld kommen die Familienpolitiker über fantasielose Maßnahmen wie die Erhöhung des Kindergeldes nicht hinaus. Ihnen fehlen Kraft und Mut, die verwirrend vielen staatlichen Familienleistungen neu zu ordnen. Damit eine Regierung Zeitpolitik für Familien machen kann, müssen Arbeits- und Familienpolitik zusammenwirken. Das war in der vergangenen Legislaturperiode schon deswegen schwierig, weil die zuständigen CDU-Ministerinnen Ursula von der Leyen und Kristina Schröder nicht harmonierten.
In einer Großen Koalition wären die Voraussetzungen dafür besser, und das liegt vor allem an drei Frauen, die mit großer Wahrscheinlichkeit wichtige Ämter bekommen: von der Leyen, SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles und die stellvertretende SPD-Parteivorsitzende Manuela Schwesig. Alle drei gehören vermutlich dem künftigen Kabinett an, und alle drei sind davon überzeugt, dass sich vor allem die Arbeitswelt ändern muss, damit es Familien leichter haben. Außerdem kennen sie sich mit den dafür notwendigen Maßnahmen aus.
Schwesig war als Landesministerin in Schwerin sowohl für Arbeit als auch für Familie zuständig. Von der Leyen hat nacheinander beide Ressorts geprägt. Und Andrea Nahles, die gern Arbeitsministerin werden will, schrieb der SPD die Lohnkostenzuschüsse für Teilzeit-Eltern ins Wahlprogramm. Alle drei haben zudem selbst Kinder, kennen also den Alltagsstress berufstätiger Väter und Mütter, wie er gerade auch im Kino zu besichtigen ist. Der kürzlich angelaufene Film Eltern zeigt, wie sehr Chaos, Erschöpfung und Schlaflosigkeit, aber auch Glück, Spaß und Erfüllung das Lebensgefühl von Familien mit zwei berufstätigen Eltern prägen.
Sie könne sich nicht vorstellen, wie zwei Eltern, die jeweils an fünf Tagen pro Woche voll arbeiteten, auch noch Kinder erziehen könnten, sagt Jutta Allmendinger, Bildungssoziologin und Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin. Auch sie gehört zu den Wissenschaftlern, die sich von Zeitpolitik viel versprechen. Alle Umfragen zeigten, dass Mütter in Teilzeit meistens gern mehr Stunden arbeiten wollten – junge Väter oft weniger, sagt Allmendinger.