Ein durchschnittlicher Tag im Leben einer Online-Redakteurin der WirtschaftsWoche sieht so aus: Um Viertel nach sieben aus dem Haus gehen, 15 Minuten zum Bahnhof laufen. 20 Minuten in einem überfüllten Regionalexpress stehen, wieder 15 Minuten vom Bahnhof ins Büro laufen. Einen Kaffee holen, dabei vermutlich einen Keks mitnehmen, weil immer irgendetwas Süßes neben der Kaffeemaschine steht. Hinsetzen, arbeiten. Und sitzen. Und sitzen. Und sitzen. Zwischendrin nochmal einen Kaffee – und einen Keks! – holen. Und wieder sitzen, sitzen, sitzen. Mittags geht es dann mit den Kollegen zum Italiener, zum Türken, zur Currywurstbude. Zurück im Büro heißt es: sitzen, sitzen, sitzen.
Damit sind Redakteure nicht allein: Das Zentrum für Gesundheit an der Deutschen Sporthochschule Köln (DSHS) hat ermittelt, dass sich ein durchschnittlicher gesunder Mann heute nur noch etwa 25 Minuten am Tag aktiv bewegt. Ansonsten sitzt er. In der Bahn, im Auto, am Schreibtisch, auf der Couch. Vor 100 Jahren hat sich der Durchschnittsmann noch acht bis zehn Stunden am Tag bewegt.
Sitzen tötet
So kann man sich auch umbringen, sagen Forscher des amerikanischen Pennington Biomedical Research Center. Sie haben durch eine Langzeitstudie mit 17.000 Probanden festgestellt, dass diejenigen, die täglich mehr als drei Stunden am Stück saßen, eine geringere Lebenserwartung hatten. Außerdem kann langes Sitzen unter anderem für Probleme mit den Bandscheiben, Schmerzen und Verspannungen sorgen und Übergewicht begünstigen.
Das Problem: Wer sich den ganzen Tag den Hintern eckig sitzt, gleicht das auch abends mit der Stunde Joggen oder Power Yoga nicht mehr aus. Wer pro Tag 40 Zigaretten raucht, macht das schließlich auch nicht mit einem Spaziergang an der frischen Luft wieder wett. „Erst seit einigen Jahren wissen wir, dass es zusätzlich und unabhängig von unserem täglichen Bewegungsausmaß wichtig ist, sich bei lange sitzender Tätigkeiten zwischendrin zu bewegen“, sagt Tobias Esch, der seit Februar 2016 die Professor für Integrative Gesundheitsversorgung und Gesundheitsförderung an der Universität Witten/Herdecke innehat. „Langes Sitzen ist ein eigenständiger Risikofaktor für die Gesundheit, der also auch eigenständig angegangen werden muss.“ Was die meisten Dauersitzer ja auch wissen. Aber oft nicht ändern.
"Mein Job bringt mich noch um"
Gleiches gilt für die Ernährung. Natürlich weiß jeder, dass es vernünftiger (und günstiger) ist, sich morgens ein paar Früchte in ein Vollkornmüsli zu schnibbeln, als sich am Bahnhof ein fettiges Schokocroissant zu kaufen. Auch dass ein Salat gesünder ist als die Currywurst und eine Handvoll Blaubeeren besser als Gummibärchen, ist für niemanden eine Überraschung. Doch wer in der Kantine isst, hat in der Regel keine große Auswahl. Und wer den Kollegen jeden Tag die kalte Schulter zeigt und lieber alleine am Schreibtisch den mitgebrachten Salat mümmelt, isoliert sich mit der Zeit.
Gesund zu leben und zu arbeiten ist – je nach Arbeitsumfeld – also gar nicht so einfach. Und zeigen nicht sogar offizielle Statistiken und Studien, dass Arbeit krank macht? Immer mehr Menschen leiden unter typischen Berufskrankheiten. Wer sich nicht den Rücken krumm schafft, der bekommt einen Burnout oder sonst eine psychische Erkrankung, so scheint es. Zumindest zeigt der aktuelle Fehlzeiten-Report der AOK-Versicherung, dass die Zahl der psychischen Erkrankungen, die für längere Ausfälle sorgen, in den vergangenen zehn Jahren mit 79,3 Prozent überproportional stark gestiegen ist.
Was der Arbeitgeber und jeder Einzelne tun kann
Dabei kann zwar jeder mit dem Finger auf andere zeigen – der Job verlangt eben, dass ich den ganzen Tag sitze; in der Kantine gibt es nichts Gesundes – die negativen Auswirkungen bekommt man aber selbst zu spüren. „Idealerweise geht das eine, was ich für mich tun kann, mit dem einher, was mein Arbeitgeber für mich tut. Dann kann Gesundheit am Arbeitsplatz gelingen“, sagt Esch. Wer keinen Sinn in seinem Job sieht, Berge an Arbeit vor sich, aber überhaupt keine Entscheidungsfreiheit hat und dann noch vom Chef ständig niedergebrüllt wird, den macht weder der Spaziergang in der Mittagspause noch der Magerjoghurt mit frischem Obst glücklich oder gesund.
Und tatsächlich spielt Glück für die Gesundheit eine große Rolle. Denn Glücksgefühle sind nichts anderes als eine Belohnung des Gehirns. „Ob ich dieses oder jenes tue, entscheidet sich im Belohnungszentrum in meinem Gehirn anhand der Frage, ob sich etwas lohnenswert anfühlt“, so der Mediziner. „Etwas, was sich lohnenswert anfühlt, werde ich tun, es mir merken und es wiederholen. Etwas, was sich unangenehm anfühlt, werde ich möglicherweise vermeiden.“
Gesundheitsprophylaxe muss Spaß machen
Neurowissenschaftliche Untersuchungen können darüber hinaus beweisen, dass es positive Effekte auf das Immunsystem, die Nerven und das Herz-Kreislaufsystem hat, wenn Menschen Glück fühlen. „Diese sind, und das ist für uns extrem spannend, auf der Ebene der Stressreduktion wirksam“, sagt Esch. Heißt: wer an der bei der Arbeit glücklich ist, hat weniger Stress und wird seltener krank.
Für Führungskräfte bedeutet das: Das beste betriebliche Gesundheitsmanagement nutzt nichts, wenn den Mitarbeitern die Angebote keinen Spaß machen. Und für die Mitarbeiter gilt: Wer Salat verabscheut, sollte ihn nicht angewidert herunterwürgen – auch wenn er zehnmal gesünder ist als Pizza.
Trotzdem lohnt es sich, das eigene Verhalten am Arbeitsplatz – was esse ich, wann bewege ich mich, wie reagiere ich bei Stress? – zu überprüfen und eventuell zu verändern, sagt Esch. Er gilt als einer der führenden Köpfe der integrativen Medizin und beschäftigt sich seit mehr als 20 Jahren mit dem Thema Stress und Selbstheilung. Darum gehet es auch in seinem aktuellen Ratgeber-Sachbuch „Der Selbstheilungscode – Die Neurobiologie von Gesundheit und Zufriedenheit“. Der Humanmediziner ist überzeugt, dass die menschliche Gesundheit auf vier Säulen ruht:
1. Verhalten
2. Ernährung
3. Entspannung
4. Bewegung
Säule I: Das Verhalten
Zum Verhalten gehört vor allem die eigene Einstellung, sagt Esch. „Es beginnt im Kopf bei dem, was ich denke und wie ich über etwas denke.“ Dort entstehe der meiste Stress. Schreibt ein Kollege in einer E-Mail, man solle sich doch bitte schnell um etwas kümmern, kann ein indirekter Vorwurf darin stecken – „du arbeitest immer so langsam“ – aber es muss nicht so sein. Wer ständig versuche, herauszufinden, wie etwas gemeint sein könnte, wie sich Dinge entwickeln könnten und was in der Vergangenheit bereits alles schief ging, der macht sich meist mehr Stress als nötig, so Esch. Und auch wenn Ärger und Druck nicht eingebildet und künstlich aufgebauscht, sondern real sind, gebe es Möglichkeiten, stressreduzierend mit einer Situation umzugehen. Denn auch „wie ich eine E-Mail beantworte, wie ich ein Telefonat führe, ob ich bewusst atme, während ich zum Beispiel eine Auseinandersetzung am Telefon habe“, wirke sich aus, so Esch. Erst auf den Geist, langfristig auch auf den Körper.
Um nicht in die Stressfalle zu tappen und Magenschmerzen, innere Unruhe oder andere stressassoziierte Symptome heraufzubeschwören, sei der erste Schritt, den Stress beziehungsweise Situationen, die zu Stress führen können, wahrzunehmen. „Das ist das Wichtigste“, sagt Esch. Im zweiten Schritt müsse man sich die Frage stellen, ob sich die stressige und unangenehme Situation anders interpretieren oder handhaben lasse.
Der Mediziner gibt ein Beispiel: „Wir alle kennen das: Wir machen das E-Mail-Postfach morgens auf und sehen schon die ganzen Mails mit den roten „wichtig“-Fähnchen und dann fängt schon dieses innere Murren, dieser Alarm an. Das wahrzunehmen und als Anlass zu nehmen, um zu sagen: „Stopp! Atme, reflektiere und wähle: Wie möchtest du jetzt reagieren? Möchtest du jetzt in diesen Autopilot- oder Tunnelblick-Modus verfallen, aus dem du nach drei Stunden wieder auftauchst, in denen du gestresst E-Mails bearbeitet hast?“
Was Experten raten, wie Sie das Wohlbefinden im Arbeitsalltag steigern und den Stress reduzieren
Oliver Haas, Gründer von corporate happiness hat bei der Beratung einer deutschen Hotelkette folgendes erlebt: „Ein Koch war mit seiner Arbeit immer unzufriedener. Er nahm sich Zeit für eine Selbstreflektion und kam zu dem Schluss, dass der Beruf eher Wunsch seines Vaters war und er sich viel lieber mit Zahlen und Tabellen befasst. Nun ist solche eine Erkenntnis Risiko und Chance zugleich. Er fasste sich ein Herz und sprach seinen Geschäftsführer an. Dieser verstand sofort, dass er den Koch, nicht aber den Mitarbeiter verlor. Beide wagten auch ohne Berufserfahrung den Versuch, eine Position im Controlling zu besetzen. Heute ist er Chef-Controller und er und sein Unternehmen haben profitiert."
Gina Schöler ist die Gründerin des Ministeriums für Glück und Wohlbefinden. Sie rät: „Alles auf einmal ist einfach keine gute Strategie. Was hilft? Atmen. Innehalten. Pausen-Taste drücken und sich überlegen, was Priorität hat. Und dann: Eins nach dem anderen. Dann wird das E-Mail-Fach abgeschaltet, bis der Artikel geschrieben ist. Das Telefon stumm gestellt, bis der Workshop fertig ist und das Interview so gelegt, dass der Hund (und man selbst!) an die frischen Luft kommt. So einfach und so effektiv! Und doch muss man sich regelmäßig immer wieder selbst daran erinnern“.
Kai Ludwigs, Direktor der Happiness Research Organisation, einem unabhängigen Forschungsinstitut zur Messung von subjektivem Wohlbefinden und Glück, rät: „Viele Menschen haben in beruflichen Stresssituationen den Eindruck, dass sie noch häufiger ihre E-Mails checken müssen, noch erreichbarer sein müssen. Dies führt zu zusätzlichem Stress und somit häufig zu schlechteren Entscheidungen. Derzeit machen wir ein Experiment mit Arbeitnehmern in dem eine Gruppe ihre E-Mails nur am Arbeitsplatz lesen darf und nicht zu Hause oder auf dem Weg zur Arbeit. Wir gehen davon aus, dass sich hierdurch das allgemeine Wohlbefinden 0,3 bis 0,5 Punkte auf einer 0-10er Glücksskala steigern lässt und das Stresslevel sinken wird.“
Dorette Segschneider ist Führungskräftecoach und berichtet aus ihrer Praxis: „Die täglichen - scheinbar endlosen - Fahrten haben Anna als Vorstand eines Unternehmerverbandes in den Burnout getrieben. Zu ihrem Business gehörten zwischen 200 bis 500 Kilometer Fahrtstrecke täglich. Vor allem die Sinnlosigkeit der Zeit, die sie im Auto verbrachte, nagte an ihrem Innenleben. Die Lösung war einfach und effektiv: Das Erlernen einer neuen Sprache während der Fahrten - in ihrem Fall Spanisch. Am Anfang hörte sie ausschließlich Grammatik-Einheiten und inzwischen auch leichte Hörbücher. Zur Entspannung dann spanische Lieder. Die Erfolgserlebnisse, die sie beim Sprachen lernen hatte, brachten ihr zusätzliche Motivation für den ganzen Tag.“
Pia Michel und Justine Lagiewka von Good Work Good Life berichten von einer Erfahrung als Führungskräfte-Coaches: „Matthias ist Einkaufsleiter eines großen Lebensmittelkonzerns und kam zu uns, da er mit seinem Job sehr unzufrieden war. Erschwert wurde seine Situation dadurch, dass seine Chefin ihn „auf dem Kieker“ hatte.
Er hatte schon oft überlegt, was er selbst ändern könnte, doch keine zündende Idee. Unser Impuls war, gemeinsam mit anderen Personen ein Brainstorming zu machen. Das erweiterte sofort seine Perspektive und er entwickelte daraufhin ein innovatives Konzept zur Zusammenarbeit mit Lieferanten, das sich zugleich noch werbewirksam für das Unternehmen einsetzen lässt. Und aus dem unmotivierten Problemmitarbeiter wurde ein glücklicher Vorzeigemitarbeiter mit Gehaltserhöhung.“
Es geht also nicht darum, eine vollständig stressfreie Umgebung zu schaffen – weil das im Umgang mit anderen Menschen schlicht unmöglich ist. Es gehe darum, sich zu trainieren, immer wieder auf den Boden zu kommen. „Dabei können körperliche Techniken, die mich erden, sehr hilfreich sein“, rät Esch.
Wem Meditation zu esoterisch ist, der kann einfach ein paar Mal ganz tief durchatmen. Auch direkt nach Feierabend könne der Einzelne viel für sich tun, damit er den Ärger aus dem Büro nicht mit nach Hause nimmt: der Waldspaziergang, ein heißes Bad, ein gutes Buch, Sport, die Lieblingsmusik: „Kleine Rituale verändern sicherlich nicht die Welt. Aber die Forschung weiß aus vielen Studien, dass diese kleinen Rituale dazu beitragen können, dass die Tonlage, sozusagen die Melodie, in der ich den Tag verbringe, eher freundlich und positiv ist“, sagt Esch.
Säulen II bis IV: Ernährung, Entspannung, Bewegung
Säule II: Die Ernährung
Eine abwechslungsreiche, ausgewogene Ernährung ist auch während der Arbeitszeit – schließlich sind das in der Regel acht bis zehn Stunden pro Tag – wichtig, um gesund zu bleiben. Wer sich tagsüber mit Müll vollstopft, dem hilft auch der Salat am Abend nicht mehr.
Kantinen und Mensen machen es vielen jedoch nicht leicht, sich gesund zu ernähren.
Das geht schon in der Schule los, wie erst kürzlich auch wieder das Bundeslandwirtschaftsministerium kritisierte: "Nach wie vor ist die Angebotshäufigkeit der Mittagsverpflegung von Gemüse, Vollkornprodukten und Fisch zu gering und das Angebot von vor allem fettreichen Fleisch- und Wurstwaren zu hoch", hieß es in einer Antwort des Ministeriums auf eine Anfrage der Grünen. Bei den Kleinen gibt es Fischstäbchen, Pommes, Pizza und Currywurst, Mama und Papa essen mittags Schnitzel, Currywurst oder Spaghetti Bolognese. „Menschen, die sich in Kantinen und Mensen versorgen, sind nur bedingt in der Lage, das Angebot zu beeinflussen“, räumt auch Esch ein.
„Hier ist die Frage, wie ich esse – ob ich beim Essen genieße, ob ich es schmecke und rieche, ob ich bewusst kaue, ob ich daraus einen Moment mache, in dem ich mir selber Aufmerksamkeit schenke. Das kann ich selbst entscheiden.“ Dann sei auch die Currywurst in Ordnung.
Tatsächlich essen jedoch nur 17 Prozent der deutschen Arbeitnehmer mittags in einer Kantine, wie eine Umfrage der auf Fach- und Führungskräfte spezialisierten Jobbörse Jobware zeigt. Weitere 17 Prozent gehen zum Imbiss oder zum Italiener um die Ecke, 55 Prozent der Angestellten essen am liebsten am Schreibtisch. Elf Prozent verzichten ganz auf die Pause. Dass das besonders gesundheitsfördernd, stressreduzierend oder erholsam ist, darf bezweifelt werden.
Die sieben Erfolgsfaktoren gesunder Ernährung
“Buy fresh, eat fresh”: Frisches kaufen, Frisches essen”
Zucker vermeiden
Weizenmehl vermeiden
“Frankenfoods” (Frankenstein Food), also Nahrungsmittel aus genetisch veränderten Pflanzen oder Tieren vermeiden
Gute Proteine wie (Hühner-)Fleisch, Nüsse und Körner essen
Gute Fette verwenden; sie machen nicht fett, denn die Übeltäter sind Zucker und Weißmehl
Phytonutrients, also Phytonährstoffe, sind Nährstoffe in pflanzlichen Lebensmitteln. Sie sind, anders als Vitamine, nicht lebensnotwendig. Aber sie halten gesund und fit und sollen die Lebenserwartung verlängern.
Säule III: Die Entspannung
Denn zur Gesundheitsförderung gehört nun mal auch die Entspannung. Niemand kann ununterbrochen 100 Prozent Leistung geben. Wer das trotzdem über einen längeren Zeitraum versucht, betreibt Raubbau an Produktivität, Geist und Körper.
Deshalb sind auch die Arbeitgeber gefragt. Die nehmen die Regeneration der Mitarbeiter in der Praxis aber offenbar auf die leichte Schulter: Der Jobware-Umfrage zufolge erlauben nämlich 92 Prozent der Arbeitgeber ihren Angestellten die Pause am Schreibtisch beziehungsweise beschäftigen sich nicht weiter mit dem Thema. Hier sollte eine Führungskraft im eigenen, wirtschaftlichen Interesse darauf achten, dass die Mitarbeiter ihre Akkus regelmäßig wieder aufladen, um produktiv zu bleiben. Sei es durch den Wechsel des Raumes, ein Essen in Gesellschaft von Kollegen oder mit einem Spaziergang. Womit wir bei der vierten Säule wären:
Säule IV: Die Bewegung
Die vierte Säule ist die Bewegung. Das sollte auch während der Arbeitszeit nicht zu kurz kommen. Was nicht heißt, dass jeder in der Mittagspause joggen oder ins Fitnessstudio gehen soll. Aber wer dauerhaft gesund bleiben wolle, müsse auch tagsüber den Hintern hochkriegen, mahnt Esch: „Sich allein nach Feierabend zu bewegen reicht offenbar nicht aus, langes Sitzen auszugleichen, auch wenn wir das lange Zeit geglaubt haben. Sie müssen also während der Arbeitszeit darauf achten, die Perioden des langen Sitzens zu unterbrechen.“
Der Mensch sei dazu konzipiert, sich wann immer möglich und so oft wie möglich körperlich zu bewegen. Esch rät deshalb Menschen, die in Büros arbeiten, sich alle 25 bis 30 Minuten für fünf Minuten zu bewegen. „Das kann bedeuten, dass man im Stehen arbeitet oder dass man kurze, körperliche Übungen macht.“ Zusätzlich sollte jeder, der im Sitzen arbeitet, darauf achten, sich einmal am Tag eine halbe Stunde am Stück zu bewegen, so Esch. Das entspricht dem Gegenwert von 250 Kilokalorien oder einem Dinkelbrötchen ohne Belag.
So bringen Sie mehr Bewegung in Ihren Büroalltag
Nicht der kürzeste Weg im Gebäude ist der beste, sondern der längste. Das verschafft Ihnen Bewegung und nebenbei stärkt es sozialen Zusammenhalt und Wissensaustausch, wenn auf dem Weg auch in anderen Abteilungen vorbeigeschaut wird.
Nehmen Sie die Treppe und nicht den Aufzug. Treppensteigen bringt Muskulatur und Kreislauf in Schwung.
Ordnen Sie Ihre Arbeitsmittel so an, dass Sie ab und zu aufstehen müssen: das Telefon nicht auf dem Tisch, sondern auf dem Sideboard; der Papierkorb nicht unter dem Tisch, sondern entfernt in der Raumecke.
Verwandeln Sie Sitzungen in Steh-Meetings. Das führt nebenbei auch zu deutlich intensiverer Beteiligung, kürzeren Meetingzeiten und höherer Effizienz.
Um Ihnen die Bewegung leichter zu machen, stellen wir Ihnen in den kommenden Wochen im Video kurze Übungen vor, die sich auch im Büro bewerkstelligen lassen – und zwar sowohl in Kostüm und Pumps als auch im Anzug. Vorgestellt werden die Übungen von Awai Cheung. Der in Berlin ansässige Chinese lehrt seit mehr als zehn Jahren eine Qigong-Variante fürs Büro, die auch am Schreibtisch funktioniert.
„Business-Qigong geht im Stehen oder Sitzen, anders als beim Yoga braucht man keine Matten und muss sich nicht hinlegen“, erklärt er. Ein paar Minuten genügen schon – und ins Schwitzen kommt man auch nicht. Mit Esoterik habe das nichts zu tun, sagt Cheung. „Solche Übungen sind auch etwas für Berufstätige ohne Räucherstäbchen-Mentalität.“