Es ist sechs Uhr, vielleicht auch fünf oder halb acht, der Wecker klingelt. Und läutet damit das Unvermeidbare ein: Den Montag. Der Kopf warnt, dass kein Kaffee mehr im Haus ist, die Züge oder Autobahnen überfüllt und die Kollegen an der Arbeit mindestens so schlecht gelaunt sein werden, wie man selbst. Oder noch schlimmer – die widerlich gute Laune haben. An einem Montag!
Und schon ist die Laune im Keller, obwohl man noch nicht einmal den kleinen Zeh aus dem Bett bewegt hat. „Der Montagmorgen geht sogar schon am Sonntagabend los, wenn wir uns Sorgen machen, was uns auf der Arbeit alles erwartet“, sagt die Psychologin Ilona Bürgel. Und tatsächlich: 85 Prozent der Deutschen stehen montags mit mächtig schlechter Laune auf, wie die Studie "Arbeitsmotivation 2016" der ManpowerGroup Deutschland zeigt. Hinzu kommt die Montagsmüdigkeit: Wer sonntags bis um elf Uhr vormittags schläft, geht abends nicht um zehn ins Bett. Klingelt dann um sechs oder sieben der Wecker, kommt so mancher nur schwer aus den Federn.
Die gängigste Strategie gegen Montagsfrust lautet Verdrängung. Um ihre Minidepression am Wochenanfang zu bekämpfen, verfahren 41 Prozent der Deutschen nach dem Motto: "Augen zu und durch". Fast jeder dritte (32 Prozent) Arbeitnehmer versucht es mit Ablenkung und macht am Wochenende einen großen Bogen um berufliche E-Mail-Accounts. Rund jeder Vierte (24 Prozent) setzt auf viel Schlaf und frühes Aufstehen am Montag, um sich langsam in die Woche vorzutasten.
So schlafen Sie besser ein und stehen morgens entspannter auf
Auch wenn es schwer fallen mag: Wer sich vor dem Schlafen gehen an der frischen Luft bewegt, bekommt den Kopf frei und schläft besser ein und durch. Dafür reicht schon ein Spaziergang an der frischen Luft - es muss ja nicht gleich das Power-Workout-Programm sein.
Guter Schlaf hat viel mit Abschalten zu tun. Also schalten Sie Diensthandy und E-Mails aus, sobald Sie nach Hause kommen und kümmern Sei sich um Ihre Lieben und sich - und nicht um den cholerischen Chef.
Apropos Ihre Lieben: Nachdem Sie die letzten acht bis zehn Stunden mit Kollegen und Chefs verbracht haben, die Sie sich nur indirekt aussuchen können, verbringen Sie abends Zeit mit Familie, Kindern, Freunden oder Ihrem Goldfisch. Hauptsache, es ist etwas Lebendiges, das Sie mögen. Das entspannt enorm und sorgt für einen anderen Blick auf den Tag. Zumindest, wenn Sie sich mit Menschen beschäftigen.
Manchen Menschen hilft es, vor dem Schlafen gehen zehn Minuten zu meditieren. Sollte Ihnen der Spiritismus abgehen, lassen Sie einfach den Tag noch einmal an Ihrem inneren Auge vorbei ziehen - und zwar nur die guten Dinge. Konzentrieren Sie sich auf das, was gut gelaufen ist.
Bevor Sie sich ins Bett legen, tragen Sie kurz - schriftlich oder in Gedanken - zusammen, was Sie am nächsten Tag erwartet: Der Hund muss zum Tierarzt, Sie wollten Milch kaufen, den Müll runter tragen, die Präsentation fertig stellen und abends mit den Kollegen Fußball spielen. So klären sie Ihre Gedanken und schlafen besser ein.
Statt zum Einschlafen Fern zu schauen oder sich auf dem Smartphone Youtube-Videos anzusehen, lesen Sie lieber ein Buch. Das ist gut für die grauen Zellen und müde macht es auch.
Trotzdem: Montags ist es besonders schlimm. Morgens kommt dann gerne noch der Ärger auf der Autobahn hinzu. Wer im Internet nach dem Schlagwort „road rage“ sucht, findet groteske Videos aus aller Welt, die Prügeleien auf offener Straße oder heftige Verbalattacken zeigen. Die Auslöser sind oft nur Kleinigkeiten: Abbiegen ohne Blinken, abruptes Bremsen und Gedrängel. Zwar greift nicht jeder gleich zur Waffe, aber Ärger im Straßenverkehr kennen die meisten. Der entsteht auch, weil vier von fünf Menschen glauben, dass sie die besseren Autofahrer sind – oder zumindest so gut fahren, wie der Durchschnitt. Das zeigt eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov.
Entsprechend regen sich 47 Prozent am meisten über die anderen Autofahrer auf – man selbst ist schließlich perfekt. „Das Ziel ist immer, möglichst schnell von A nach B zu kommen. Alles, was mich dabei aufhält, ist ein Ärgernis“, erklärt Verkehrspsychologe Wolfgang Fastenmeier dieses Phänomen gegenüber der dpa.
Dabei sei der ganze Stress ja eigentlich selbstgemacht, so Bürgel. Das gilt besonders, wenn es um die Arbeitsbelastung geht.
Mit wem wir uns im Beruf am häufigsten streiten
Je mehr ein Mensch mit einem anderen zu tun hat, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass sie aneinander geraten. Entsprechend gaben 37 Prozent der Teilnehmer an der Umfrage "Streit - erfolgreich oder folgenreich" der IHK Frankfurt an, sich häufig mit Kollegen beziehungsweise Mitarbeitern zu streiten.
Mehr als ein Drittel gab an, sich häufig mit Führungskräften zu streiten.
Ein Viertel sagte, dass sie häufig mit der Geschäftsleitung aneinander geraten.
23 Prozent streiten sich häufig mit Kunden.
Bei 14 Prozent sind Zulieferer ein häufiger Streitgrund und -partner.
Elf Prozent streiten sich häufig mit Behörden, mit denen sie beruflich zu tun haben.
Jeweils sieben Prozent gaben an, sich mit Gesellschaftern beziehungsweise Kooperationspartnern in die Haare zu kriegen.
Nur drei Prozent geraten häufig mit Kapitalgebern und Banken aneinander.
Denn wenn wir ehrlich sind, hat es nie bessere Arbeitsbedingungen gegeben als heute. Selbst in der produzierenden Industrie oder bei der Müllabfuhr gebe es hohe Sicherheits- und Hygienestandards, wie Bürgel sagt. „Die Crux ist, dass Arbeit etwas ist, das wir müssen, während Freizeit etwas ist, was wir wollen.“ Montags heißt es also in unserem Gehirn: Tschüss, fröhliche Selbstbestimmung, hallo Sklaverei. Wer mit solchen Gedanken in den Tag startet, den erwischt der Montagsblues mit voller Wucht - selbst an einem Mittwoch.
Wie man dem Montagsblues entkommt
Um dem Ganzen zu entfliehen, braucht es eine Änderung der Einstellung, wie die Psychologin erklärt. „Unser Gehirn hat die Tendenz, sich auf Probleme zu konzentrieren.“ Wir nehmen Negatives stärker wahr als Positives, weil uns das in sehr früher Vorzeit das Leben gerettet hat.
Heute laufen wir zwar keine Gefahr, vom kaputten Drucker gefressen zu werden, weil wir uns von der Freude über die neue Kaffeemaschine ablenken lassen. Da unser Gehirn aber immer noch so funktioniert wie zu Säbelzahntigerzeiten, versaut uns der Drucker nachhaltig den Tag. Deshalb müssen wir uns laut Bürgel aktiv auf Positives konzentrieren. Ergebnisse aus der Hirnforschung belegen außerdem, dass positive Gedanken eine Stresssituation entschärfen können.
Denken Sie positiv!
Das Konzept stammt von Günter Lueger und ist ein leichter Einstieg in positives Denken. Wir tendieren dazu, Menschen und Dinge als stabil wahrzunehmen. Bei einer Kollegin, die wir als schwatzhaft abgespeichert haben, fällt es uns jedes Mal auf, wenn sie schwatzt. Achten Sie mal darauf, wann die Kollegin still ist.
Der amerikanische Begründer der Positiven Psychologie, Martin Seligmann, hat 80 Millionen Tweets und Nachrichten bei Facebook bezüglich der verwendeten Worte ausgewertet. Es zeigte sich, dass die besonders häufige Verwendung von Worten wie „fucked“ „hate“ „bored“ das Auftreten einer Herzkreislauferkrankung besser vorhersagt, als die Auswertung der medizinischen Risikofaktoren. Es gab auch Worte, die mit einem geringen Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen verbunden waren wie „thanks“, „great“, „interesting“, „love“.
Die Psychologin Barbara L. Fredrickson und Ihr Team wiesen nach, dass Menschen, die viele positive Erinnerungen haben, freundlicher und glücklicher sind. Glückliche Erinnerungen kann man sich schaffen. Zählen sie am Abend die angenehmen Dinge des Tages statt der negativen Erlebnisse.
Ute Eberle verfolgte Experimente zum Training von Optimismus und konnte zeigen, dass 5 Minuten Tagträumen zu mehr Optimismus führen.
Christian Heinrich konnte zeigen, dass unsere guten Gefühle, egal ob echt oder unecht, wirken und uns z. B. stressresistenter und gesünder machen. Es lohnt sich also auch, sich einzureden, gut gelaunt zu sein.
Wem im Stau sowohl Hut als auch Blutdruck hoch gehen, kann sich mit den schönen Urlaubserinnerungen selbst wieder abkühlen. Auf die gleiche Weise lässt sich der Montagsblues in den Griff bekommen. Nämlich, indem man sich nicht schon sonntags ausmalt, wie schrecklich alles wird, sondern an die Dinge denkt, die gut werden beziehungsweise Freude machen.
Der Lieblingskollege kommt aus dem Abenteuerurlaub zurück? Das ist doch mehr wert, als der vermutlich immer noch kaputte Aufzug zur Büroetage. Freuen Sie sich lieber auf das kleine Fitnessprogramm beim Treppe steigen. Außerdem solle man sich selbst fragen, was einem am eigenen Job gefällt. „Auch wenn mehr als zwei Drittel der Deutschen sagen, sie haben keinen Lieblingsjob, gibt es an jedem Job etwas Attraktives“, ist Bürgel überzeugt. „Finden Sie so viele angenehme Seiten an dem, was Sie tun, dass Sie sagen können „Ich will heute arbeiten gehen“.“
Sie rät außerdem dazu, ein Montagmorgenritual einzuführen, auf dass man sich schon sonntags freuen kann. „Oft springen wir montags auf den letzten Drücker aus dem Bett und dann müssen wir hetzen.“ Stattdessen solle man sich eine ausgiebige Dusche oder ein genussvolles Frühstück gönnen. Eben etwas, was die Laune hebt. Sich im Treppenhaus fertig anzuziehen und sich im Bus den Kaffee to go über das halb gebügelte Hemd zu schütten, bewirkt eher das Gegenteil.
"Jeder Mensch braucht ab und an kleine Motivationsschübe, um nach einem entspannten Wochenende wieder in den Arbeitsrhythmus reinzukommen - jedoch fällt das den Menschen einfacher, die die Sinnhaftigkeit ihrer Arbeit sehen und sich mit dem Unternehmen und der Tätigkeit identifizieren können.", sagt auch Herwarth Brune, Vorsitzender der Geschäftsführung der ManpowerGroup Deutschland.
Dabei müssen wir uns allerdings immer neue Anreize suchen, wie Bürgel erklärt. „Das Dopamin flacht ab, wenn wir immer das Gleiche sehen. Unser Gehirn braucht ständig neue Impulse.“ Deshalb wird auch der Top-Job bei Google im traumhaften Team mit super Bezahlung nach einiger Zeit öde. Wer jeden Montag das gleiche opulente Frühstück auf den Tisch stellt, der wird sich schon nach wenigen Wochen genauso wenig darauf freuen, wie auf den Arbeitstag an sich.