ChatGPT Wer schreibt eine bessere Bewerbung: Maschine oder Mensch?

Hebelt KI den Bewerbungsprozess aus? Quelle: Getty Images

Die KI formuliert eine hochtrabende Bewerbung, strukturiert den Lebenslauf, erstellt das perfekte Bewerbungsfoto. Wie Personaler KI-Bewerbungen erkennen und in welchen Fällen diese Bewerber sogar bessere Chancen haben.

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ChatGPT gibt sich bescheiden. „Ich würde nicht behaupten, dass ich zwangsläufig bessere Bewerbungen schreiben kann als ein Mensch“, antwortet der Chatbot des US-Unternehmens OpenAI auf die Frage, wer denn nun bessere Bewerbungen schreibt: Mensch oder Maschine? Schließlich fehle der künstlichen Intelligenz (KI) „emotionale Intelligenz, die persönliche Note und das tiefgehende Verständnis für individuelle Lebensgeschichten, die ein Mensch in seine Bewerbung einbringen kann“. Präzise Informationen verarbeiten, komplexe Zusammenhänge verstehen, klare Formulierungen vorschlagen – ja, das seien Stärken des Chatbots. Doch die Vorschläge, die ChatGPT macht, sollten nur ein „Ausgangspunkt“ für die Bewerbung sein.

Ganz schön tiefgestapelt, liebe KI. Tatsächlich nutzen zahlreiche Bewerber generative KI genau dafür. Wer ChatGPT mit alten Anschreiben, Infos zum gewünschten Job plus Arbeitgeber, ein paar persönlichen Informationen und einem akkuraten Befehl (Prompt) füttert, erhält ein verblüffend authentisches Anschreiben. Anwendungen wie die des US-Unternehmens Teal berechnen, wie gut der eigene Lebenslauf auf eine Stellenanzeige passt, und formuliert Lebenslauf und Anschreiben zielgerichtet. Auf der Videoplattform TikTok kursieren etliche Videos, die zeigen, wie KI-Tools aus belanglosen Schnappschüssen die perfekten Bewerbungsbilder zaubern.

Wie verbreitet KI inzwischen im Bewerbungsprozess ist, zeigt eine Umfrage der Personalberatung PageGroup unter 3344 Personen – 421 davon aus Deutschland. Die Ergebnisse der Befragung lagen der WirtschaftsWoche vor der Veröffentlichung vor. Demnach hat fast die Hälfte der Befragten in Deutschland KI schon mal bei der Jobsuche oder im Bewerbungsprozess genutzt. Vor allem um Zeit zu sparen. Aber auch, um die Bewerbung effizienter zu gestalten und den Lebenslauf zu verbessern (siehe Grafiken unten).



Zwar ist ein Anschreiben heute in etlichen Unternehmen nicht mehr nötig. Auch als Reaktion auf den Personalmangel genügt vielen HR-Abteilungen mittlerweile der Lebenslauf. Und doch geben Bewerber es noch häufig ab. Auch um ihre Chancen vermeintlich zu verbessern. Um Engagement zu signalisieren. Und einige der größten Unternehmen der Republik freuen sich noch immer über das klassische Anschreiben.

Und so stellt sich die Frage, ob KI nicht den gesamten Bewerbungsprozess aushebelt? Wie blicken Personaler auf Bewerbungsunterlagen, die Kandidaten mit KI angefertigt haben?

Der Moment der Wahrheit

„Das Potenzial von KI ist riesig - sicher auch, wenn es darum geht, ein Anschreiben zu generieren oder das perfekte Bewerbungsfoto zu erstellen“, sagt Goran Barić, Deutschlandchef der PageGroup. „Aber der Moment der Wahrheit kommt ja.“ Wenn die Realität sehr weit von dem entfernt sei, was die Personalberater in der Bewerbung sehen, „dann ist das schon ein schlechtes Zeichen für den Bewerber“.



Für Inga Dransfeld-Haase, Präsidentin beim Bundesverband der Personalmanager, ist die die Nutzung von KI „etwa zum Check der Rechtschreibung oder Satzkonstruktion“ grundsätzlich „nichts Schlechtes“, sagt sie. „Vor den technischen Hilfsmitteln hätten auch Freunde die Bewerbung verfassen können, ohne dass wir es herausgefunden hätten.“ Die Personalmanagerin hält „eine Sensibilisierung und Schulung von Mitarbeitenden“ für sinnvoll. Wer selbst häufiger mit ChatGPT gearbeitet habe, bekomme ein Gefühl dafür, „wie die KI schreibt und welche Formulierungen und Satzkonstruktionen häufig genutzt werden“. Andere Vorkehrungen stünden allerdings „in keinem angemessenen Verhältnis zum Nutzen. Weil das persönliche Gespräch „entscheidend“ sei. Nicht das Anschreiben.

Den Personalern beim Duft- und Aromaunternehmen Symrise sind KI-generierte Bewerbungsunterlagen vermehrt „insbesondere bei Anschreiben für Praktika und Einstiegspositionen aufgefallen“, wie es von dem Dax-Konzern aus Holzminden auf Anfrage der WirtschaftsWoche heißt. Solche Bewerbungen fallen den Personalern „insbesondere dann auf, wenn Textpassagen sehr generisch klingen“. Oder wenn etwa noch Platzhalter im Text stehen, „die Kandidatinnen oder Kandidaten versäumt haben, anzupassen“. Wie etwa: „[Hier Name des Personalers]“. Diese „mangelnde Sorgfalt“ steigert nicht gerade die Chancen des Bewerbers.

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Kein bleibender Eindruck

Auch in Göttingen, beim Laborausrüster Sartorius, erhalten sie „oft offensichtlich KI-generierte Unterlagen, die zeigen, dass sich Bewerber kaum mit uns als Unternehmen, der Stelle und oder sich selbst beschäftigt haben“, sagt Otto Vazquez Dominguez, der die Personalbeschaffung beim Dax-Konzern leitet. Solche Dokumente hinterlassen bei ihm „keinen bleibenden Eindruck“. Wichtig seien den Personalern bei Bewerbungen „die kritische Auseinandersetzung mit den eigenen Fähigkeiten und Wünschen sowie der ausgeschriebenen Stelle und ihren Anforderungen“.

Inga Dransfeld-Haase weiß, dass „generische Formulierungen und unspezifische Angaben ein Hinweis darauf sein“ können, dass eine KI die Bewerbung formuliert hat. „Wenn Bewerbende die KI-geschriebene Vorlage anpassen und individualisieren, wird es schwer zu erkennen, ob KI zu Hilfe genommen wurde“, sagt sie.

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von Anabel Schröter

Das Bewerbungssystem der Allianz hat „keinen KI-Detektor“, heißt es von dem Versicherungskonzern. „Insofern mag es durchaus sein, dass wir bereits mittels KI erstellte oder bearbeitete Bewerbungen erhalten haben. Das spielt für unseren Entscheidungsprozess allerdings keine Rolle.“ Entscheidend seien Persönlichkeit, Potenzial und Gesamtbild der Bewerber – und wie gut sie in die Unternehmenskultur passen. Der sogenannte „Cultural Fit“.

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