Umgekehrte Lohnlücke In diesen Branchen lohnt sich Teilzeit für Frauen

Branchen in denen Frauen mehr verdienen Quelle: Getty Images

Nicht immer und überall verdienen Frauen weniger als Männer. Ausgerechnet im Teilzeitbereich, der für einen guten Teil des Gender Pay Gap verantwortlich ist, haben Frauen die Chance, mehr zu verdienen.

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Der Lohnunterschied zwischen Männern und Frauen gehört zu den großen Ärgernissen unserer Zeit: Die einen zweifeln ihn an, die anderen halten ihn für einen Skandal. Am Ende steht Jahr für Jahr eine Zahl, die sich zumindest in Deutschland partout nicht nennenswert ändert: Männer verdienen insgesamt rund 22 Prozent mehr als Frauen. Einer der Gründe ist, dass 47 Prozent der Frauen in Deutschland nur in Teilzeit gegen Lohn arbeiten und den anderen Teil mit unbezahlter Care-Arbeit ausfüllen. Entsprechend verdienen sie weniger.

Diese Verteilung von Arbeit und Lohn zementiert sich vor allem bei Paaren mit Kindern. Nach einer gewissen Zeit sind die Karrierechancen für die teilzeitarbeitende Frau geschrumpft, ihr Mann ist aufgestiegen, der Zustand zementiert sich. Die Rede ist von der sogenannten Teilzeitfalle.

Nun spuckt die vierteljährliche Arbeitnehmerverdienst-Studie des Bundesamts für Statistik endlich einige für Frauen erfreuliche Zahlen aus – das Jobportal Adzuna hat aus den Tabellen einen Vergleich der Bruttoteilzeitgehälter zwischen Männern und Frauen extrahiert. Ergebnis: Es gibt tatsächlich Berufe, in denen sich eine Teilzeittätigkeit für Frauen lohnt, weil sie dann mehr verdienen als Männer mit reduzierter Stundenzahl. Aus der vermeintlichen Falle wird ein Vorteil, der Gender Pay Gap dreht sich um.

Zugegeben, von einem umgekehrten Lohnunterschied zu sprechen, ist eigentlich vermessen. Lediglich in drei Branchen haben teilzeitarbeitende Frauen mehr in der Lohntüte als ihre teilzeitarbeitenden männlichen Kollegen: In Verkehr und Lagerei ergibt sich ein Vorteil von 4,4 Prozent. Frauen verdienen hier bei 26 Wochenstunden durchschnittlich 2000 Euro brutto, Männer dagegen 1913 Euro. Im Baugewerbe haben Frauen mit 1842 Euro gegenüber 1777 Euro ihrer Kollegen einen Vorteil von 3,5 Prozent. Und im Gastgewerbe besteht ein kleiner Vorsprung von 2,7 Prozentpunkten mit 1313 Euro brutto versus 1277 Euro.

Man muss hier ironisch anmerken: Die beiden erstgenannten gelten nicht typischerweise als frauendominierte Branchen. Und die geringen Vorsprünge beim Gehalt in den drei Sparten stehen in der Destatis-Tabelle 21 Branchen gegenüber, in denen auch bei Teilzeitgehalt die Männer mehr verdienen.

Erträglich ist der Unterschied noch im Bereich Erziehung und Unterricht, wo viele Frauen arbeiten, aber ein Prozent weniger verdienen als Männer – 2801 Euro beziehungsweise 2774 Euro. Bei wirtschaftlichen Dienstleistungen liegen Männer 2,6 Prozentpunkte vor Frauen (2039 versus 1988 Euro), ebenso im Bereich Kunst, Unterhaltung und Erholung (1876 versus 1828 Euro). Im Dienstleistungsbereich erreicht die Lohnlücke zwischen Teilzeitbeschäftigten drei Prozent – 2367 Euro erhalten Männer durchschnittlich, 2297 Euro die Frauen.

Im einstelligen Bereich liegen dann noch das produzierende Gewerbe und Dienstleistungsbereich, sonstige Dienstleistungen, Handel sowie produzierendes Gewerbe und wirtschaftliche Dienstleistungen. Vier Branchen liegen in der Liste beim Lohnunterschied immerhin noch beim Gesamt-Gender-Pay-Gap. Öffentliche und persönliche Dienstleistungen werden Frauen mit 11,8 Prozent niedrigerem Gehalt vergütet, sonstige wirtschaftliche Dienstleistungen mit 13,2 Prozent weniger. In Information und Kommunikation verdienen in Teilzeit arbeitende Frauen schon 17,9 Prozent weniger und im Gesundheits- und Sozialwesen 19,3 Prozent.

Branche

Männer-Bruttomonatsverdienst in Teilzeit

Frauen-Bruttomonatsverdienst in Teilzeit

Gender Pay Gap

1

Verkehr und Lagerei

1913 Euro

2000 Euro

-4.4%

2

Baugewerbe

1777 Euro

1842 Euro

-3.5%

3

Gastgewerbe

1277 Euro

1313 Euro

-2.7%

4

Erziehung und Unterricht

2801 Euro

2774 Euro

1.0%

5

Wirtschaftliche Dienstleistungen

2039 Euro

1988 Euro

2.6%

6

Kunst, Unterhaltung und Erholung

1876 Euro

1828 Euro

2.6%

7

Dienstleistungsbereich

2367 Euro

2297 Euro

3.0%

8

Produzierendes Gewerbe und Dienstleistungsbereich

2465 Euro

2310 Euro

6.7%

9

Erbringung von sonstigen Dienstleistungen

2365 Euro

2203 Euro

7.4%

10

Handel

1989 Euro

1842 Euro

8.0%

11

Produzierendes Gewerbe und wirtschaftliche
Dienstleistungen

2254 Euro

2073 Euro

8.7%

12

Öffentliche und persönliche Dienstleistungen

2831 Euro

2533 Euro

11.8%

13

Erbringung von sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen

1554 Euro

1373 Euro

13.2%

14

Information und Kommunikation

3478 Euro

2949 Euro

17.9%

15

Gesundheits- und Sozialwesen

2871 Euro

2407 Euro

19.3%

16

Öffentliche Verwaltung, Verteidigung; Sozialversicherung

3444 Euro

2835 Euro

21.5%

17

Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftl. und techn. Dienstleistungen

3199 Euro

2596 Euro

23.2%

18

Wasserversorgung

3410 Euro

2703 Euro

26.2%

19

Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden

3499 Euro

2674 Euro

30.9%

20

Investitionsgüterproduzenten

3831 Euro

2909 Euro

31.7%

21

Produzierendes Gewerbe

3215 Euro

2430 Euro

32.3%

22

Energieversorgung

4814 Euro

3605 Euro

33.5%

23

Erbringung von Finanz- und Versicherungsdienstleistungen

4753 Euro

3369 Euro

41.1%

24

Verarbeitendes Gewerbe

3525 Euro

2464 Euro

43.1%

Die größten Unterschiede zwischen den Gehältern zeigen sich in der Erbringung von Finanz- und Versicherungsdienstleistungen, hier liegen in Teilzeit arbeitende Männer satte 41,1 Prozentpunkte vor den Frauen, sowie im verarbeitenden Gewerbe, wo Frauen 43,1 Prozent weniger verdienen bei einer 26-Stunden-Woche.

Unterm Strich bleibt die Erkenntnis: Wie hoch der Gender-Pay-Gap ausfällt, hängt nicht nur von der Branche ab, sondern auch, in welcher Branche man sich für Teilzeit entscheidet. Im Vollzeitbereich ergeben sich zum Teil andere Unterschiede und in keiner Branche liegen die Frauen vorn. Dafür sind die Ausschläge geringer: Der höchste Pay-Gap liegt laut Destatis 2017 mit 32 Prozent im Bereich Kunst, Kultur und Unterhaltung. Im Gastgewerbe liegt der Unterschied bei Vollzeit bei sieben Prozent – hier ergab sich in Teilzeit ein leichter Vorteil für Frauen.

Allerdings ist die Gegenüberstellung insofern nur ein kleiner Trost für unterbezahlte Frauen, weil nach wie vor weniger Männer überhaupt Teilzeit arbeiten. Unter den Vätern mit Kindern unter sechs Jahren sind es gerade einmal sechs Prozent der Männer, die die Stundenzahl reduzieren. Unter den Müttern mit Kindern in diesem Alter sind es in Deutschland 72 Prozent. Insgesamt arbeiten neun Prozent der Männer Teilzeit und 47 Prozent der Frauen. Der reale Gender Pay Gap scheint damit vorerst kaum veränderbar zu sein.

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